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vergehen gelten dieselben Vorschriften wie in
den östlichen Provinzen. Die Polizeiverwaltung
steht nicht dem B., sondern dem Magistrat zu
(6 71), der Regierungspräsident kann aber
bestimmen, welches agistratsmitglied die
Polizei besorgen soll. Auch kann mit seiner
Genehmigung eine besondere städtische Polizei-
direktion eingerichtet werden (§ 78).
VI. In den Städten der Prov. Hessen-
Aassau mit Ausnahme von Frankfurt a. M.
ist nach der St O. vom 4. Aug. 1897 (GS. 254)
die Stellung des B. im wesentlichen ebenfalls
dieselbe wie in den östlichen Provinzen. Er
ist Mitglied des Alagistrats und führt in den
Städten Kassel, Hanau, Marburg und Fulda
den Titel Oberbürgermeister. Ihm stehen ein
oder mehrere Beigeordnete als Stellvertreter
zur Seite (§ 32). Hinsichtlich seiner Wahl und
Bestätigung, der Kkommissarischen Verwaltung
der Stelle, seiner Vereidigung (88§ 34—37), des
Vorsitzes im Magistrat (§ 62), der Leitung des
Geschäftsganges und der Disziplinarbefugnisse
(6 63), sowie der staatlichen Geschäfte des B.
(§ 67), seiner Besoldung und Pension (88 69
bis 72) gelten gleiche Vorschriften wie in den
östlichen Provinzen. Jedoch erhalten eine
Besoldung ausnahmslos nur die B. in den
Städten von mehr als 1200 Einw. In
den kleineren Städten dürfen ihnen Besol-
dungen oder feste Entschädigungsbeträge mit
Genehmigung des Bezirksausschusses bewilligt
werden (8 69).
In den Landgemeinden der Prov. Hessen-
Aassau führt nach der LöO. vom 4. Aug.
1897 (GS. 301) der Gemeindevorsteher eben-
falls die Amtsbezeichnung B., wenn auch seine
Befugnisse und Pflichten, abgesehen von der
Polizeiverwaltung, denen der ländlichen Ge-
meindevorsteher in den östlichen Provinzen
entsprechen (§ 45). Er wird ebenso wie die
ihm zur Seite stehenden Schöffen von der
Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung)
gewählt. In Gemeinden mit kollegialischem
Gemeindevorstande erfolgt jedoch die Wahl
der B. und der Beigeordneten durch den Ge-
meinderat und die Gemeindevertretung in
gemeinschaftlicher Sitzung. Wahlfähig sind
nur Gemeindeglieder. In Landgemeinden von
mehr als] 1200 Einw. Rkann die Gemeinde-
vertretung die Wahl eines besoldeten B. be-
schließen. Diese Wahl erfolgt alsdann auf die
Dauer von zwölf Jahren und ist nicht auf
Gemeindeglieder beschränkt. Im übrigen wird
der B. auf acht Jahre gewählt, der Beige-
ordnete und die Schöffen auf sechs Jahre.
Ihre Amter sind mit einem besoldeten Ge-
meindebeamten unvereinbar. Gast= oder
Schanbwirte können nicht B. sein, sofern die
Aufsichtsbehörde nicht Ausnahmen zuläßt
(6 460). Die gewählten B. und Beigeordneten,
sowie die Schöffen in denjenigen Landgemein-
den, in denen ein kollegialischer Gemeinde-
vorstand nicht besteht, bedürfen der Bestätigung
des Landrats. Uber ihre Versagung und das
weitere Verfahren gilt dasselbe wie in den
Landgemeinden der östlichen Provinzen (s. Ge-
meindevorsteher), ebenso über die Geschäfts-
verwaltung des B. (68 55—61). Dieser hat
aber außer der Verwaltung der Kommunal=
Bürgermeistereibezirke.
angelegenheiten auch dieselben staatlichen An-
gelegenheiten zu besorgen, wie die städtischen
B. in dieser Provinz ⅛ 63), also auch in den
Ortschaften, in denen Rheine kgl. Polizeiver=
waltung besteht, die Ortspolizei, die Berrich-
tungen eines Hilfsbeamten der Staatsanwalt=
schaft und eines Amtsanwalts, sofern nicht
andere Personen mit Genehmigung der Auf-
sichtsbehörden hiermit betraut sind.
In Frankfurt a. M. wird der Erste B.
nach dem Gemeindeverfassungsgesetz für die
Stadt Frankfurt vom 25. März 1867 (GS. 401)
vom ZKönige auf zwölf Jahre ernannt. Die
Stadtverordnetenversammlung hat hierzu drei
Kandidaten zu präsentieren. Wird heiner von
ihnen geeignet befunden, so erfolgt die Er-
nennung, ohne daß eine Wiederholung der
Präsentation statthaft ist (6 400. Der Zweite
B. wird auf zwölf Jahre von der Stadtver-
ordnetenversammlung gewählt. Er bedarf der
Bestätigung des Königs. Wird diese versagt,
so schreitet die Stadtverordnetenversammlung
zu einer neuen Wahl. Wird auch diese nicht
bestätigt, so finden dieselben Vorschriften An-
wendung wie in den östlichen Provinzen
(§§ 41, 42). Auch die amtlichen Aufgaben,
Befugnisse und Pfflichten des B. sind die
gleichen, wie dort (88 65, 69).
VII. In den hohenzollernschen Landen
steht nach der für alle dortigen Stadt= und
Landgemeinden geltenden GemO. vom 2. Juli
1900 (GS. 189) der B. an der Spitze der
Verwaltung der Gemeinde. Ihm zur Seite
stehen Schöffen, die ihn in den Amtsgeschäften
zu unterstützen und in Behinderungsfällen zu
vertreten haben. Wird ein bkollegialischer
Gemeindevorstand eingeführt, so tritt noch ein
Beigeordneter hinzu (§ 54). Der B., der Bei-
geordnete und die Schöffen werden in Ge-
meinden von nicht mehr als 1000 Einw.
von den sämtlichen Stimmberechtigten, in den
übrigen von der Gemeindevertretung gewählt.
Die Wahl beschränkt sich auf Gemeindeglieder,
indessen kann in Landgemeinden mit nicht
mehr als 500 Einw. die Gemeindeversamm-
lung (Gemeindevertretung) auch dem B. einer
benachbarten Gemeinde unter Zustimmung
der Gemeindeversammlung (Gemeindevertre-
tung) der letzteren die Mitverwaltung des
Bürgermeisteramtes übertragen. In Gemeinden
mit mehr als 1000 Einw. kann die Gemeinde-
vertretung die Wahl eines besoldeten, pensions-
berechtigten B. auf zwölf Jahre beschließen, die
nicht auf Gemeindeglieder beschränkt ist. Im
übrigen bestehen hinsichtlich der Wahlfähigkeit
und Amtsdauer dieselben Vorschriften wie in
Hessen= Aassau (§ 55). Dasselbe gilt von der
Bestätigung (5 64) und Vereidigung (8 65).
Die Geschäfte und Befugnisse des B. sind im
wesentlichen die gleichen wie die des Land-
bürgermeisters in Hessen-Aassau (88 68—71).
Bürgermeistereibezirke (in Hessen). Die
auauf Grund des § 8 Abs. 1 GemO. für die
Städte und Landgemeinden des vormaligen
Kurfürstentums Hessen vom 23. Okt. 1834 ge-
bildeten B. bleiben gemäß § 64 Abs. 4 LGO.
für die Prov. Hessen-Aassau vom 4. Aug. 1897
(GS301) als gemeinschaftliche Ortspolizei-
bezirke bestehen. Sie hönnen jedoch auf dem-