Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

316 
vergehen gelten dieselben Vorschriften wie in 
den östlichen Provinzen. Die Polizeiverwaltung 
steht nicht dem B., sondern dem Magistrat zu 
(6 71), der Regierungspräsident kann aber 
bestimmen, welches agistratsmitglied die 
Polizei besorgen soll. Auch kann mit seiner 
Genehmigung eine besondere städtische Polizei- 
direktion eingerichtet werden (§ 78). 
VI. In den Städten der Prov. Hessen- 
Aassau mit Ausnahme von Frankfurt a. M. 
ist nach der St O. vom 4. Aug. 1897 (GS. 254) 
die Stellung des B. im wesentlichen ebenfalls 
dieselbe wie in den östlichen Provinzen. Er 
ist Mitglied des Alagistrats und führt in den 
Städten Kassel, Hanau, Marburg und Fulda 
den Titel Oberbürgermeister. Ihm stehen ein 
oder mehrere Beigeordnete als Stellvertreter 
zur Seite (§ 32). Hinsichtlich seiner Wahl und 
Bestätigung, der Kkommissarischen Verwaltung 
der Stelle, seiner Vereidigung (88§ 34—37), des 
Vorsitzes im Magistrat (§ 62), der Leitung des 
Geschäftsganges und der Disziplinarbefugnisse 
(6 63), sowie der staatlichen Geschäfte des B. 
(§ 67), seiner Besoldung und Pension (88 69 
bis 72) gelten gleiche Vorschriften wie in den 
östlichen Provinzen. Jedoch erhalten eine 
Besoldung ausnahmslos nur die B. in den 
Städten von mehr als 1200 Einw. In 
den kleineren Städten dürfen ihnen Besol- 
dungen oder feste Entschädigungsbeträge mit 
Genehmigung des Bezirksausschusses bewilligt 
werden (8 69). 
In den Landgemeinden der Prov. Hessen- 
Aassau führt nach der LöO. vom 4. Aug. 
1897 (GS. 301) der Gemeindevorsteher eben- 
falls die Amtsbezeichnung B., wenn auch seine 
Befugnisse und Pflichten, abgesehen von der 
Polizeiverwaltung, denen der ländlichen Ge- 
meindevorsteher in den östlichen Provinzen 
entsprechen (§ 45). Er wird ebenso wie die 
ihm zur Seite stehenden Schöffen von der 
Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) 
gewählt. In Gemeinden mit kollegialischem 
Gemeindevorstande erfolgt jedoch die Wahl 
der B. und der Beigeordneten durch den Ge- 
meinderat und die Gemeindevertretung in 
gemeinschaftlicher Sitzung. Wahlfähig sind 
nur Gemeindeglieder. In Landgemeinden von 
mehr als] 1200 Einw. Rkann die Gemeinde- 
vertretung die Wahl eines besoldeten B. be- 
schließen. Diese Wahl erfolgt alsdann auf die 
Dauer von zwölf Jahren und ist nicht auf 
Gemeindeglieder beschränkt. Im übrigen wird 
der B. auf acht Jahre gewählt, der Beige- 
ordnete und die Schöffen auf sechs Jahre. 
Ihre Amter sind mit einem besoldeten Ge- 
meindebeamten unvereinbar. Gast= oder 
Schanbwirte können nicht B. sein, sofern die 
Aufsichtsbehörde nicht Ausnahmen zuläßt 
(6 460). Die gewählten B. und Beigeordneten, 
sowie die Schöffen in denjenigen Landgemein- 
den, in denen ein kollegialischer Gemeinde- 
vorstand nicht besteht, bedürfen der Bestätigung 
des Landrats. Uber ihre Versagung und das 
weitere Verfahren gilt dasselbe wie in den 
Landgemeinden der östlichen Provinzen (s. Ge- 
meindevorsteher), ebenso über die Geschäfts- 
verwaltung des B. (68 55—61). Dieser hat 
aber außer der Verwaltung der Kommunal= 
  
Bürgermeistereibezirke. 
angelegenheiten auch dieselben staatlichen An- 
gelegenheiten zu besorgen, wie die städtischen 
B. in dieser Provinz ⅛ 63), also auch in den 
Ortschaften, in denen Rheine kgl. Polizeiver= 
waltung besteht, die Ortspolizei, die Berrich- 
tungen eines Hilfsbeamten der Staatsanwalt= 
schaft und eines Amtsanwalts, sofern nicht 
andere Personen mit Genehmigung der Auf- 
sichtsbehörden hiermit betraut sind. 
In Frankfurt a. M. wird der Erste B. 
nach dem Gemeindeverfassungsgesetz für die 
Stadt Frankfurt vom 25. März 1867 (GS. 401) 
vom ZKönige auf zwölf Jahre ernannt. Die 
Stadtverordnetenversammlung hat hierzu drei 
Kandidaten zu präsentieren. Wird heiner von 
ihnen geeignet befunden, so erfolgt die Er- 
nennung, ohne daß eine Wiederholung der 
Präsentation statthaft ist (6 400. Der Zweite 
B. wird auf zwölf Jahre von der Stadtver- 
ordnetenversammlung gewählt. Er bedarf der 
Bestätigung des Königs. Wird diese versagt, 
so schreitet die Stadtverordnetenversammlung 
zu einer neuen Wahl. Wird auch diese nicht 
bestätigt, so finden dieselben Vorschriften An- 
wendung wie in den östlichen Provinzen 
(§§ 41, 42). Auch die amtlichen Aufgaben, 
Befugnisse und Pfflichten des B. sind die 
gleichen, wie dort (88 65, 69). 
VII. In den hohenzollernschen Landen 
steht nach der für alle dortigen Stadt= und 
Landgemeinden geltenden GemO. vom 2. Juli 
1900 (GS. 189) der B. an der Spitze der 
Verwaltung der Gemeinde. Ihm zur Seite 
stehen Schöffen, die ihn in den Amtsgeschäften 
zu unterstützen und in Behinderungsfällen zu 
vertreten haben. Wird ein bkollegialischer 
Gemeindevorstand eingeführt, so tritt noch ein 
Beigeordneter hinzu (§ 54). Der B., der Bei- 
geordnete und die Schöffen werden in Ge- 
meinden von nicht mehr als 1000 Einw. 
von den sämtlichen Stimmberechtigten, in den 
übrigen von der Gemeindevertretung gewählt. 
Die Wahl beschränkt sich auf Gemeindeglieder, 
indessen kann in Landgemeinden mit nicht 
mehr als 500 Einw. die Gemeindeversamm- 
lung (Gemeindevertretung) auch dem B. einer 
benachbarten Gemeinde unter Zustimmung 
der Gemeindeversammlung (Gemeindevertre- 
tung) der letzteren die Mitverwaltung des 
Bürgermeisteramtes übertragen. In Gemeinden 
mit mehr als 1000 Einw. kann die Gemeinde- 
vertretung die Wahl eines besoldeten, pensions- 
berechtigten B. auf zwölf Jahre beschließen, die 
nicht auf Gemeindeglieder beschränkt ist. Im 
übrigen bestehen hinsichtlich der Wahlfähigkeit 
und Amtsdauer dieselben Vorschriften wie in 
Hessen= Aassau (§ 55). Dasselbe gilt von der 
Bestätigung (5 64) und Vereidigung (8 65). 
Die Geschäfte und Befugnisse des B. sind im 
wesentlichen die gleichen wie die des Land- 
bürgermeisters in Hessen-Aassau (88 68—71). 
Bürgermeistereibezirke (in Hessen). Die 
auauf Grund des § 8 Abs. 1 GemO. für die 
Städte und Landgemeinden des vormaligen 
Kurfürstentums Hessen vom 23. Okt. 1834 ge- 
bildeten B. bleiben gemäß § 64 Abs. 4 LGO. 
für die Prov. Hessen-Aassau vom 4. Aug. 1897 
(GS301) als gemeinschaftliche Ortspolizei- 
bezirke bestehen. Sie hönnen jedoch auf dem-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.