Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Voraussetzungen in seiner Person vorliegen. 
Diese Voraussetzungen sind folgende: 
1. Besitz der preuß. Staats-bzw. der deutschen 
Reichsangehörigkeit. In den sieben östlichen 
Provinzen, Rheinland, Westfalen und Frank- 
furt a. M. wird der Besitz der preuß. Staats- 
angehörigkeit gefordert, während die St . für 
Schleswig-Holstein und Hessen-Aassau sowie die 
Hohenzoll GSem O. sich mit dem Erfordernisse der 
deutschen Reichsangehorigkeit begnügen. 
2. Mlännliches Geschlecht. Frauen und ju- 
ristische Personen sind von der Erlangung des 
B. ausgeschlossen, doch sind letztere aktiv wahl- 
fähig, wenn sie in einer Stadt seit Jahresfrist 
mehr an direkten Staats= und Gemeinde- 
abgaben entrichten, als einer der drei höchst- 
besteuerten Einwohner. Dies trifft für Aktien- 
gesellschaften, nicht aber für Gesellschaften mit 
beschränkter Haftung und eingetragenen Ge- 
nossenschaften zu (OVG. 17, 94; Pr BBl. 18, 349). 
Der Fiskus entrichtet keine direkten Steuern 
und hat deshalb kein Wahlrecht (OV. 14, 43). 
3. Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte. 
Ausdrücklich als Erfordernis bezeichnet wird 
derselbe nur in den StO. für Schleswigbol- 
stein 67 Abs. 1) und Hessen-Aassau (§ 5 Abs. 2 
Ziff. 2), die Bestimmungen über den Verlust 
des B. lassen aber RBeinen Zweifel darüber, 
daß diese Verauasetzung für alle Provinzen gilt. 
4. Selbständigkeit. Als selbständig bezeichnen 
die StO. der sieben östlichen Prounzen (6 5 
Abs. 6), für die Rheinprovinz (§ 5 Abs. 5), für 
Hessen-NAassau (8§5 Abs. 6) und des Gem V. für 
Frankfurt a. M. (§ 14) denjenigen, welcher das 
24. Lebensjahr vollendet hat und einen eigenen 
Hausstand besitzt, sofern ihm nicht das Ver- 
fügungsrecht über sein Vermögen oder dessen 
Verwaltung durch richterlichen Beschluß (früher: 
Erkenntnis; vgl. Z PO. 88 645 ff., 680 ff.; Be#B. 
§ 6, 104 ff., 1909 ff.) entzogen ist. Nach 87 
Abs. 1 Ziff. 2 St O. für Schleswig-Holstein vom 
14. April 1869 werden als nicht selbständig 
angesehen die Personen, welche minderjährig 
sind oder unter einer die Dispositionsbefugnis 
beschränkenden Kuratel oder im Hause und 
Brote anderer stehen, oder eine nach ihrem 
18. Lebensjahre empfangene öffentliche Armen- 
unterstützung nicht zurückerstattet haben (hin- 
sichtlich des Begriffes „Hausstand“ s. d.). 
5. Einwohnerschaft im Stadtbezirke und 
Zugehörigkeit zur Stadtgemeinde. Einwohner 
des Stadtbezirks sind alle diejenigen, welche 
in ihm nach gesetzlicher Vorschrift ihren Wohn- 
sitz haben (s. Einwohner und Wohnsitz). 
Zur Stadtgemeinde gehören alle Einwohner 
mit Ausnahme der servisberechtigten Militär- 
personen des aktiven Dienststandes (s. Mili- 
tärpersonen). In den sieben östlichen Pro- 
vinzen, in der Nheinprovinz und Westfalen 
muß die Einwohnerschaft und Gemeinde- 
zuhörigkeeit ein Jahr gedauert haben, in 
essen-Aassau wird ein Wohnsitz von zwei 
Jahren im Stadtbezirke verlangt, in Schles- 
wig-Holstein und Frankfurt a. M. Rkann von 
dem Erfordernis des einjährigen Wohnsitzes 
dispensiert werden. Der doppelte Wohnsitz 
gestattet auch ein B. in einer Mehrheit von 
Gemeinden. Aicht im Stadtbezirk wohnhafte 
und nicht zur Stadtgemeinde gehörige, aber 
  
Bürgerrecht. 
mit Grundbesitz in ersterem angesessene Per- 
sonen (Forensen) können nicht Bürger sein, 
sondern haben nur unter gewissen Voraus- 
setzungen ein Wahlrecht (s. Forensen, Ge- 
meindewahlen). Wenn ein Bürger, der Be- 
sitzer eines einen selbständigen Gutsbezirk 
bildenden Gutes oder ein stimmberechtigter 
Einwohner einer Landgemeinde seinen Wohn- 
sitz nach einer anderen Stadt verlegt hat, so 
kann ihm das B. in dem neuen Wohnorte bei 
dem Vorhandensein der sonstigen Erfordernisse 
von dem Magistrat im Einvernehmen mit der 
Stadtverordnetenversammlung vor Ablauf 
eines Jahres, bzw. in Hessen-Aassau von zwei 
Jahren, verliehen werden. Die Mitglieder 
des kgl. Hauses sollen nach einem Erl. vom 
30. Mai 1850 (abgedruckt bei Hübner, Städte- 
ordnung S. 48) nicht als Mitglieder der Ge- 
meinde ihres Wohnortes betrachtet werden. 
Dasselbe gilt hinsichtlich der im Jahre 1866 
ihrer Throne verlustig gegangenen Fürsten und 
der Standesherren in den altpreuß. Provinzen 
(C(Fürsten, Standesherren). 
6. Nichtempfang einer Armenunterstützung 
aus öffentlichen Mitteln seit Jahresfrist. Als 
Armenunterstützung gilt nicht, was auf Grund 
der Kranken-, Unfalls= und der Alters= und 
Invaliditätsgesetzgebung einmalig oder dauernd 
ewährt wird. In Schleswig-Holstein ist die 
Hurückzahlung jeder nach dem vollendeten 
18. Lebensjahre empfangenen Armenunter- 
stützung Bedingung für den Erwerb des B. 
(SchlHolst StO. § 7 Abs. 1 Ziff. 2). 8 5 StO. 
für Hessen-Aassau und § 11 Abs. 2 Ziff. 4 Gem O. 
von Hohenzollern verlangen nur, daß jemand 
keine Armenunterstützung aus öffentlichen 
Mitteln empfängt, ohne auf die Vergangenheit 
Bücksicht zu nehmen. 
7. Zahlung der Gemeindeabgaben seit Jahres- 
frist. Personen, die auf Grund der Bestim- 
mungen des KW. (58 21, 24, 39—42) von 
Gemeindeabgaben befreit sind, können bei dem 
Vorhandensein der sonstigen Voraussetzungen 
das B. erwerben. 
8. Das alternative Vorhandensein einer 
der folgenden Bedingungen: entweder a. Be- 
sitz eines Wohnhauses im Stadtbezirke. Nach 
§§ 8, 16 St O. f. d. ö. Pr. wird hierunter Eigen- 
tum, A##brauch und erbliches Besitzrecht ver- 
standen. Miteigentum genügt nicht (O. 
18, 36; 38, 26 — Pr Vl. 24, 603). Im Falle 
der Vererbung ist Anrechnung der Besitzzeit 
des Erblassers zugelassen oder 6. das Vor- 
handensein einer bestimmten Steuerkraft. Nach 
Beseitigung der Klassen= und klassifizierten 
Einkommensteuer durch das Eink t. vom 
24. Juni 1891 (GS. 175) und der Mahl= und 
Schlachtsteuer durch das G. vom 25. Mai 1873 
(G. 222) gilt für alle Städte der Monarchie 
§ 77 Abs. 1 Eink tG., nach dem überall, wo# 
das B. an die Bedingung eines jährlichen 
Klassensteuerbetrags von 6 Ml geknünpft ist, 
bis zur anderweiten gesetzlichen Regelung des 
Gemeindewahlrechts an die Stelle dieses Satzes 
der Steuersatz von 4 M. bzw. ein Einkommen 
von mehr als 660—900 Ml. tritt. Alle § 77 
Abs. 1 entgegenstehenden ortsstatutarischen Be- 
stimmungen und Gemeindebeschlüsse sind da- 
mit außer Kraft gesetzt. § 77 a. a. O. be- 
 
	        
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