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die Stelle jener Bestimmungen getreten. Die
Gemeindevertretung, welche hiernach über Ein—
sprüche und Beschwerden der gedachten Art zu
beschließen hat, ist in der Prov. Hannover das
Bürgervorsteherkollegium, in Neuvorpommern
und Rügen das bürgerschaftliche Kollegium,
in Hohenzollern die Gemeindevertretung, in
den Städten der übrigen Landesteile der
Aonarchie die Stadtverordnetenversammlung.
Die gegen den Beschluß gegebene Klage ist
nicht gegen den Stadtvorstand (Wagistrat),
sondern gegen die städtische Vertretung zu
richten (OV. 15, 31); die Klage hat zeine
aufschiebende Wirkung.
Von dem Besitze des B. soll die Zu-
lassung zum Gewerbebetrieb in teiner
Gemeinde und bei keinem Gewerbe abhängig
sein. Aach begonnenem Gewerbebetrieb ist,
soweit dies in der Gemeindeverfassung be-
gründet ist, der Gewerbetreibende auf Ver-
langen des Gemeindevorstandes nach Ablauf
von drei Jahren verpflichtet, das B. zu erwer-
ben. In diesem Falle darf von ihm das sonst
vorgeschriebene oder übliche Bürgerrechtsgeld
nicht gefordert und ebenso nicht verlangt wer-
den, daß er sein anderweit erworbenes B. auf-
gebe (Gew O. 8§ 13); vgl. O#. 13, S. 83, 87;
21, 26; 25, 19; Erl. vom 27. Aug. 1872 (MSl.
224). S. Bürgerrechtsgelder.
Bürgerrechtsgelder. Das B. ist eine bei
Aufnahme in den Börgerverband zu entrich-
tende Gebühr. Die St O. von 1808 fand seine
Erhebung vor, erwähnte sie aber nicht, die-
jenige von 1831 regelte seine Fortführung und
Reueinführung, die St O. aus den Jahren 1853
bis 1856 untersagten die Anforderung von B.,
an deren Stelle sie die Erhebung eines Ein-
tritts-- oder Hausstandgeldes zuließen. Die
gegenwärtige Grundlage für die Erhebung
von B. bildet das G., betr. das städtische
Einzugs-, Bürgerrechts= und Einkaufs-
geld, vom 14. Mai 1860 (GS. 237); Erl.
vom 16. Juni 1860 (M l. 133) verbreitet sich
über die Höhe und die Abstufungen. Die
Einführung der Erhebung von B. erfolgt durch
Gemeindebeschluß, welcher nur der Genehmi-
gung durch den Bezirksausschuß bedarf. Die
Entrichtung bedingt nicht den Erwerb, son-
dern nur die Ausübung des Bürgerrechtes
(Ll. d.). Innerhalb derselben Gemeinde darf
die Gebühr nur einmal erhoben werden. Bei
wiederholtem Erwerbe des Bürgerrechts Rom-
men früher geleistete Zahlungen in Anrech-
nung, Ermäßigung der Sätze wirkt zugunsten
des Erwerbers. Wo Besitz der preuß. Staate-
angehörigkeit Vorbedingung für die Erlan-
gurg des Bürgerrechtes ist, Kann das B. von
ichtpreußen nicht erhoben werden. Bei
Eingemeindung eines anderen Kommunal=
bezirus in eine Stadtgemeinde ist es von den
Angehörigen des ersteren nicht zu entrichten,
wenn sie zur Zeit der Einverleibung die nach
der maßgebenden Städteordnung erforderlichen
persönlichen Eigenschaften eines Bürgers be-
sitzen. Befreit von der Zahlung sind die in
§ 5 des G. vom 14. Mai 1860 aufgeführten
Personen. Von den Gewerbetreibenden kann
B. nach § 13 GewO. nur gefordert werden,
wenn sie nicht wegen ihres Gewerbebetriebes,
Bürgerrechtsgelder — Bürgersteige.
sondern aus anderem Grunde, bzw. als Grund-
besitzer, das Bürgerrecht erwerben, oder vor
Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren nach
begonnenem Gewerbebetriebe in die Bürger-
schaft aufgenommen werden wollen (vgl. Erl.
vom 27. Aug. 1872 — Mhl. 224). Forensen
und juristische Personen sind nicht zahlungs-
pflichtig. Hinsichtlich der Reklamationen und
der Verjährung greift nach § 9 des G. vom
14. Mai 1860 das G. vom 18. Juni 1840
(6S. 140) Platz. Das K2W0. vom 14. Juli
1893 (GS. 152) läßt in § 96 die vorerwähnten
Vorschriften unberührt. Die Einspruchsfrist
beträgt ein Jahr, die Anfechtung richtet sich
nach 8 18 Abs. 3 ZG. In der Prov. Hannover
wird das Bürgerrecht der Regel nach nur
durch Verleihung gewonnen (s. Bürgerrecht),
das hierfür zu entrichtende Bürgergewinngeld
ist daher eine des steuerlichen Charakters
entbehrende Gegenleistung für die Aufnahme
in den Bürgerverband. Die hann. Städte sind
zu seiner Erhebung berechtigt, aber auch ver-
pflichtet. Die Höhe des Betrages, sowie die
Freilassung oder ermäßigte Heranziehung ge-
wisser Kategorien von Bürgern ist ortsstatu-
tarischer Regelung vorbehalten. Auf Beschwer-
den und Einsprüche, welche die Zahlung von
Bürgergewinngeldern betreffen, beschließt nach
10 Ziff. 1 ZG. und den 88 96 ff. der
ann St O. vom 24. Juni 1858 (Hann GS. 1, 141)
das Bürgervorsteherkollegium. In den Städten,
Vorstädten und Flecken, welche unter § 2 der
Hann LGO. vom 28. April 1859 (Hann GS. 393)
fallen, liegt die Beschlußfassung dem Gemeinde-
vorstande ob. In der Prov. Schleswig-Holstein
darf B. überhaupt nicht erhoben werden, in
Hessen-êAassau bedarf es zu seiner Einführung
eines Ortsstatuts. Die GemO. für Hohen-
zollern vom 2. Juli 1900 (GS. 189) kennt eine
Erhebung dieser Art nicht, das in ihr erwähnte
Antritts= und Aufnahmegeld wird nur für die
Teilnahme an den Autzungen des Gemeinde-
vermögens entrichtet.
Bürgerrolle heißt in den Prov. Hannover
und Schleswig-Holstein das Verzeichnis der
im Gegensatz zu den Einwohnern zur Teil-
nahme an den Wahlen, Gur Ubernahme un-
besoldeter Amter in der Gemeindeverwaltung
und zur Gemeindevertretung befähigten Bürger
der Städte und Flecken (Hann StO. vom 24. Juni
1858 — HannGS. 1 141 — § 12 und Städte-
und Flechensordnung für Schleswig-Holstein
vom 14. April 1869 — GS. 589 — § 10).
Bürgerschulen s. Mittelschulen.
Bürgersteige sind die zur Seite ganz oder
teilweise bebauter Straßen hergestellten, außer
dem allgemeinen Straßenverkehr insbesondere
dem Verkehr von Haus zu Haus dienenden
Fußwege (G. vom 2. Juli 1875 — GS. 561 —
§1 Abs. 2; OVG. 28, 216 sowie Germershausen,
Wegerecht, 2. Aufl., Bd. 1 S. 251). Außer
diesem Verkehre sind sie auch für den Fahr-
verkehr von der Fahrstraße zu den anliegen-
den Grundstüchen bestimmt (Oe. 25, 203;
28, 197; 33, 122; 39, 225). Die B. bilden
einen Teil der öffentlichen städtischen Straßen
(OW. 8, 189; 25, 244). Fußwege, welche nicht
an Baugrundstüchen angrenzen, sondern als
Mittelpromenade ausgebildet sind oder durch