Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Darlehnsvermittlung — Defekte. 
deutschen Bundes durch Anordnung des Bundes- 
kanzlers als vorübergehende Veranstaltungen 
an Orten, wo sich ein Bedürfnis hierzu heraus- 
stellte, errichtet, um „zur Abhilfe des RKredit- 
bedürfnisses, vorzüglich zur Beförderung des 
Handels und Gewerbebetriebes gegen Sicher- 
heit Darlehne zu geben“ und auf diese Weise 
der aus Anlaß des deutsch-französischen Krieges 
zu besorgenden Kreditnot und dem Preissturz 
der Wertpapiere vorzubeugen. Die Darlehne 
wurden nur gegen Verpfändung von im In- 
land lagernden Waren, Boden= und Berg- 
werkserzeugnissen sowie Fabrikaten bis zur 
Hälfte, ausnahmsweise bis zu zwei Drittel ihres 
Werts, oder gegen Verpfändung inländischer 
Wertpapiere mit einem Abschlage vom Kurse oder 
marktgängigen Preise gewährt. Ihr Mindest- 
betrag war 50 Taler, ihre Fälligkeitsdauer in 
der Regel höchstens drei, ausnahmsweise sechs 
MçonFate, ihr Zinsfuß in der Begel nicht 
niedriger als die Lombardsätze der Preuß. 
Bank. Die Mittel zur Gewährung der Dar- 
lehne waren durch Ausgabe von Darlehns- 
kassenscheinen in Höhe der bewilligten 
Darlehne, insgesamt bis zu 30 Mill. Tlrn. zu 
beschaffen. Diese Scheine, welche über 5, 10 
und 25 Tlr. lauteten, wurden bei allen öffent- 
lichen Kassen zum Aennwert in Zahlung ge- 
nommen; im Privatverkehr bestand Rein An- 
nahmezwang. Die Verwaltung der D. über- 
nahm die Preuß. Bank, jedoch unter strenger 
Absonderung von ihren anderen Geschäften 
durch eine besondere Bankabteilung „Haupt- 
verwaltung der D." Tach Fortfall des Be- 
dürfnisses für eine D. war sie vom Bundes- 
kanzler aufzulösen; die Darlehnskassenscheine 
waren nach Erfüllung des Zweckes der D., 
pätestens binnen drei Jahren, wieder einzu- 
ziegen. 
arlehnsvermittlung. Personen, die ge- 
werbsmäßig Darlehne vermitteln, kann der 
Gewerbebetrieb untersagt werden (s. Unter- 
sagung von Gewerbebetrieben). Per- 
sonen, welche dies Gewerbe eines Darlehns- 
vermittlers beginnen, haben neben der Anzeige 
an den Gemeindevorstand auch der Ortspolizei- 
behörde Anzeige zu erstatten (GSewO. #5 35 
Abs. 6; s. auch Stehender Gewerbe— 
betrieb Ih. Aach der auf Grund der GewOD. 
38 Abs. 4 erlassenen Polizeiverordnung des 
M. vom 18. Alärz 1885 Ziff. 14 sind die 
Vermittler von Darlehne verpflichtet, den 
Polizeibehörden und ihren Organen auf Er- 
kordern ihre Geschäftsbücher und die auf den 
eschäftsbetrieb bezüglichen Schriftstüche zur 
insicht vorzulegen und den betreffenden Be- 
amten jede auf den Gewerbebetrieb bezügliche 
zuskunft wahrheitsgemäß zu erteilen. Die 
Sboilrechtlichen Verhältnisse der Darlehnsver- 
d #Eler zu ihren Auftraggebern sind durch 
B. 88 652—656 geregelt. 
tu armsaitenfabriken und Darmzuberei- 
Ant#sanstalten sind genehmigungspflichtige 
18. agen (Gew . § 16; Rä. Bek. vom 20. Juli 
teil RG#l. 299). Zuständig für die Er- 
in ung der Genehmigung ist der Kr A. (St#.), 
mit en zu einem Landkreise gehörenden Städten 
(6 mehr als 10000 Einw. der Magistrat 
* 109). S. AusfAnw. z. GewO. vom 
— 
  
331 
1. Mai 1904 (POMBl. 124) Ziff. 16 und Techn. 
Anl. (s. d.) Ziff. 16. 
Dechanten s. Erzpriester. 
Decharge s. Entlastung. 
Dechungsprinzip s. Zwangsversteige- 
rung I u. II. 
Dechungsverfahren s. Rapitaldechungs- 
verfahren, Prämiendeckungsverfahren. 
Defekte. I. D. sind Fehlbeträge, welche bei 
öffentlichen Kassen und anderen öffentlichen Ver- 
waltungen durch Vorsatz oder grobes Versehen 
des mit der Verwaltung der Kasse oder des 
Materialienbestandes betrauten Beamten ent- 
stehen. Nach V. vom 24. Jan. 1844 (GS. 
52, eingeführt durch § 1 Ziff. 8 V. vom 
23. Sept. 1867 — GS. 1619 — in den neuen 
Provinzen; für Lauenburg G. vom 25. Febr. 
1878 — GS. 97 — 8§ 1 Ziff. 7; für Helgo- 
land V. vom 22. März 1891 — GS. 39 — 
I. 1) ist die Feststellung der D. zunächst von 
derjenigen Behörde zu bewirken, zu deren 
Geschäftskreis die unmittelbare Aufsicht über 
die Kasse oder andere Verwaltung gehört. Von 
derselben ist zugleich festzustellen, wer für den 
D. zu haften hat (§8 1, 2). Uber den Be- 
trag des D., die Person des zum Ersatz Ver- 
pflichteten und den Grund seiner Verpflichtung 
ist ein motivierter Beschluß zu fassen, welcher, 
wenn derselbe von einer Zentral= oder Pro- 
vinzialbehörde ausgeht, sofort vollstrechbar ist, 
andernfalls aber der Bestätigung der vorge- 
setzten Provinzialbehörde bedarf (§§ 4—6). Die 
Zentralbehörde Rann in allen Fällen den Be- 
schluß selbst abfassen oder berichtigen (§ 7). 
In dem abzufassenden Beschluß ist zugleich ## 
bestimmen, ob der Beamte zum Ersatz des D. 
oder nur zur Sicherstellung angehalten und 
im ersteren Fall, ob die Exekution unbedingt 
oder mit Mlodifikationen vollstrecht werden 
soll (§ 9). Der Beschluß kann unter Um- 
ständen auch gegen Dritte gerichtet werden 
(§§ 10, 11). Wird ein Beamter zum Ersatz eines 
D. für verpflichtet erklärt, so steht demselben 
außer dem Rekurs an die vorgesetzte Behörde, 
binnen einem Jahre die Berufung auf recht- 
liches Gehör zu, ohne daß jedoch hierdurch 
Exekutivmaßregeln unterbrochen würden (§ 16). 
In den Beschlüssen ist auch über die Kosten des 
Verfahrens zu befinden (St MBeschl. vom 
31. Aug. 1863 — Mhl. 194). Auch gegen aus- 
geschiedene Beamte ist das Defektenverfahren 
eintretendenfalls zu eröffnen (Erl. vom 20. Aug. 
1845 — AUMlBl. 282). In diesen letzteren Fällen 
ist der Beschluß nur im Wege des ordentlichen. 
Rechtsweges angreifbar. Für die Defekte 
von Reichsbeamten treffen die 8§ 134—148 
RBE. vom 31. März 1873 (Rönl. 61) mit 
den preußischen im wesentlichen gleichlautende 
Bestimmungen. — Eine Niederschlagung von 
D. darf nur auf Grund kgl. Ermächtigung 
erfolgen (Staatshaushaltsgesetz vom 11. Mai 
1898 § 38 — GS. 77). Wegen Mitteilung der 
entdechkten Kassen= und sonstigen D., sowie der 
Defektenbeschlüsse an die Oberrechnungskammer 
s. Erl. vom 22. Juli 1847 (MIl. 184). 
II. Für die Kreise, Amtsverbände, 
Städte und Landgemeinden gilt die V. 
vom 24. Jan. 1844 mit der Maßgabe, daß 
die Beschlußfassung über die Feststellung und
	        
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