Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

332 
den Ersatz der D. an Stelle der im 8 1a. a. O. 
hiermit betrauten Aufsichtsbehörde Beschluß- 
kollegien der Selbstverwaltung übertragen ist. 
Hierdurch sind die den vorgesetzten Provinzial- 
und Zentralbehörden in den 8§ 6, 7 a. a. 
eingeräumten Rechte — Prüfung und Ge- 
nehmigung bzw. Abfassung und Berichtigung 
der Beschlüsse — beseitigt worden. Die un- 
mittelbar vorgesetzten Behörden und Beamten 
haben dagegen nach wie vor bei Gefahr im 
Verzuge die erforderlichen Sicherheitsmaß- 
regeln nach § 13 a. a. O. zu ergreifen, sie sind 
auch berechtigt und verpflichtet, von Amts 
wegen, sowie auf Anordnung der zuständigen 
Beschlußbehörde die notwendigen Erhebungen 
vorzunehmen und die Beschlußfassung vorzu- 
bereiten. Unberührt ist die Befugnis der Auf- 
sichtsbehörden geblieben, Unregelmäßigkeiten 
in der Kostenverwaltung zu ermitteln und auf 
die ungesäumte Einleitung des Defektenver- 
fahrens hin zuwirken (ogl. auch die AusfAnw. 
z. LGO. für die sieben ö. Pr. vom 29. Dez. 
1891 — AlBl. 1892, 9). 
a) Für die Kreise gründet sich die Zu- 
ständigkeit des Bezirksausschusses in den Proo. 
Ost= und Westpreußen, Brandenburg, Pom- 
mern, Schlesien und Sachsen auf § 128 a 
Kr O. vom 19. Alärz 1881 (GS. 180) und 
LVS. 8 153, in Hannover auf § 85 Kr O. vom 
6. Mai 1884 (GS. 181), in Hessen-Aassau auf 
§ 86 Kr O. vom 7. Juni 1885 (GS. 193), in 
Westfalen auf § 73 KrO. vom 21. Juli 1886 
(GS. 217), in der Bbeinprovinz auf § 73 
Kr O. vom 30. Mai 1887 (G. 209), in Schles- 
wig-Holstein auf § 116 Kr O. vom 26. Mai 1888 
(GS. 139), in Posen auf Art. IV B 6 des G. 
vom 19. Mai 1889 (GS. 108), für die Amts- 
verbände der hohenzollernschen Lande auf §338a 
der hohenzollernschen Amts= und Landesord- 
nung vom 2. Juli 1900 (GS. 324). 
b) Für die Behandlung der bei Kassen und 
anderen Verwaltungen der Amtsverbände 
vorkommenden D. ist die Beschlußfassung im 
Bereiche der KrO. vom 19. März 1881 (5 55b 
Ziff. 2) den Kreisausschüssen übertragen. Das 
leiche git für Schleswig-Holstein nach § 96 
iff. 2 KrO. vom 26. Mai 1888. 
c) Die Zuständigkeit des Bezirksausschusses 
zur Beschlußfassung über die D. der städti- 
schen Gemeindebeamten beruht auf § 17 
iff. 5 3G. Für die Stadtgemeinden in 
essen-êAassau ist diese Bestimmung durch § 82 
Ziff. 2 St O. für Hessen-Aassau vom 4. Aug. 
1897 (GS. 254) ersetzt. Für den Stadtkreis 
Berlin ist der Bezirksausschuß für die Be- 
schlußfassung aus § 17 Ziff. 5 36. nach § 161 
Abs. 1 a. a. O. zuständig; in den hohen- 
zollernschen Landen nach den 88 96, 103 Abs. 1 
Hohen oll GemO. vom 2. Juli 1900 (GS. 189). 
4) Hinsichtlich der Landgemeinden be- 
stimmt sich die Zuständigkeitsfrage für die 
sieben östlichen Provinzen nach § 121 Ziff. 1 
LGO. vom 3. Juli 1871 (GS. 233), für deren 
Bereich mit ihrem Inkrafttreten der Tit. V 3. 
seine Geltung verloren hat. Die Beschluß- 
fassung ist hiernach Sache des Kreisausschusses. 
Für Hessen = Aassau bestimmt das gleiche § 93 
GO. vom 4. Aug. 1897 (GS. 301), für Schles- 
wig-Holstein 8 121 Ziff. 1 LGO. vom 4. Juli 
  
Defraudationen — Deiche und Deichwesen. 
1892 (GS. 155), für Westfalen, Rheinland und 
Hannover die hier in Kraft gebliebene Vor- 
schrift des § 32 Ziff. 5 ZG. In den hohen- 
zollernschen Landen ist, soweit die Beschluß- 
O. fassung ech auf Landgemeinden bezieht, nach 
§ 96 GemO. vom 2. Juli 1900 der Amtsaus- 
schuß die beschließende Behörde. § 80 AbfK. 2 
GemO. für die Rheinprovinz vom 23. Juli 
1845 (G. 523) schreibt vor, daß, was bei D. 
den zu einer Kasse vereinigten Gemeinden an 
Kaution und anderen Dechungsmitteln zufaällt, 
nach Verhältnis der Verlufte, welche die ein- 
zelnen Gemeinden erlitten haben, unter die- 
selben verteilt werden soll. 
Defraudationen s. Steuervergehen II 
und Zoll unter X. 
Degradation s. Militärstrafrecht III. 
Dégrasfabriken. Dégras oder Gerberfett 
ist eine zum Einfetten des lohgaren Leders 
dienende Mischung von nichttrochnenden Fetten 
und Olen mit seifenartigen Produkten, die zum 
Teil aus dem bei der Sämischgerberei ver- 
wendeten Uberschuß von Tran, durch Aus- 
pressen und durch Ausziehen der Leder mittels 
Pottasche gewonnen, zum Teil aus anderen 
Fetten hünstlich hergestellt wird. D. sind ge- 
nehmigungspflichtige Anlagen (GewO. 8 16; 
RBek. vom 23. Dez. 1882 — BREl. 141). 
Zuständig für die Erteilung der Genehmigung 
ist der Kr A. (St A.), in den zu einem Land- 
kreise gehörigen Städten über 10000 Einw. 
der Magistrat. S. AusfAnw. z. Gew O. Ziff. 16, 
Techn. Anl. (s. d.) Ziff. 34. 
Deichbauten s. Deiche und Deichwesenll. 
Deiche und Deichwesen (lallgemein). I. Be- 
griff der Deiche und ihr Einfluß auf 
die natürlichen Verhältnisse. Deiche sind 
Schutzdämme gegen die Uberschwemmungen 
des Meeres, der Ströme und Flüsse. Ihre 
Anlage und die Ausbildung eines besonderen 
Deichrechts geht in Deutschland bis auf das 
12. Jahrh. zurück (Sachsenspiegel 2, 56). Man 
pflegt höhere Deiche als „Winterdeiche“, 
niedrigere, die nur gegen die gewöhnlich 
niedrigeren Sommerfluten zu schützen bestimmt 
sind, als „Sommerdeiche“ zu bezeichnen, doch 
trifft die zugrunde liegende Erscheinung nicht 
überall zu, z. B. fallen bei der Oder die 
höchsten Wasserstände gewöhnlich in den Som- 
mer. Das ungeschützte Land vor den Deichen 
heißt „Vorland"“, für das eingedeichte Land 
finden sich die Bezeichnungen „Koog" und 
„Polder". „Deichfuß“ ist der untere Rand 
des Deiches, „Deichkrone“ seine Höhenfläche. 
Die Eindeichung ist ein gewaltiger Eingriff 
in die natürlichen Abflußverhältnisse, dessen 
Wirkhungen sowohl für das eingedeichte Land 
wie für das übrige Stromgebiet sich geltend 
machen. In ersterer Hinsicht tritt der 
günstigen Wirkung des durch den Deich ge- 
währten Schutzes zunächst das Moment gegen- 
über, daß die befruchtende Wirkung der Uber- 
schwemmungen und der durch sie herbeige- 
führten Ablagerung der Sinkstoffe abgeschnitten 
wird. Der dadurch früher oder später ent- 
stehenden Werarmung des Bodens muß also 
durch Düngung vorgebeugt werden. Die Ver- 
suche, durch Einlassen von Winterhochwasser 
in eingedeichte Miederungen jenen NAachteil aus-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.