Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Deichkataster — Deichpflicht. 
zugleichen, sind noch nicht abgeschlofsen, haben 
aber bisher keinen durchgreifenden Erfolg er— 
zielt, hauptsächlich weil die Sinkstoffe sich 
nicht wie bei der natürlichen Uberflutung 
gleichmäßig auf der wasserbedeckten Fläche 
ablagern, sondern bald hinter der Einlaßstelle 
entsprechend der Abnahme der Wassergeschwin- 
digkeit sich zu Boden senken. Der Abschluß 
des Deichgebietes gegen den Strom macht es 
ferner erforderlich, besondere Anstalten zur 
Abführung des Binnenwassers und des von 
höher gelegnen Nachbarfluren dem Deichgebiet 
zuströmenden Wassers zu treffen. Bei tiefer 
Lage der eingedeichten Polder muß vielfach 
das Binnenwasser durch Auspumpen abgeführt 
werden. Besonders nachteilig ist das Druchk- 
(Dräng-, Küver-)wasser, d. i. das bei durch- 
läsigem Boden auftretende, vom Wasserdruck 
des Stromes durch den Untergrund des Deiches 
hindurchgepreßte nahrungslose Wasser. Der 
enge Zusammenhang der Binnenentwässerung 
mit der Deichanlage läßt die Binnenentwässe- 
rung, das Sielwesen, als Zubehör des 
Deiches erscheinen (Wassergenossenschaftsgesetz 
vom 1. April 1879 § 2). Noch wichtiger sind 
die Rüchwirkungen von Deichanlagen 
auf das nicht eingedeichte Stromgebiet. 
Die bis dahin der Niederung zugeführten 
Sinkstoffe verbleiben im Strom und müssen, 
wenn die Strömung nicht stark genug ist, sie 
unschädlich abzuführen, durch Baggerung ent- 
fernt werden, um nachteilige Aufhöhungen des 
Strombetts zu vermeiden. Durch die Ein- 
deichung wird ferner ein mehr oder weniger 
großes Sammelgebiet, das bis dahin einen 
Teil des Hochwassers aufnahm und dadurch 
das unterhalb liegende Flußgebiet entlastete, 
abgeschnitten. Andererseits können die ober- 
halb liegenden Grundstücke geschädigt wer- 
den, wenn die Deichanlage das Abflußprofil 
des Stromes unzulässig einschränkt und da-- 8 
durch einen Aufstau nach oben herbeiführt. 
Endlich kann eine unzwechmäßige Lage der 
Deiche die Richtung des Stromes stark beein- 
flussen und dadurch bei Hochwasser die gegen- 
überliegenden Grundstückhe oder Deiche ge- 
fährden. Vorstehende Erwägungen begründen 
keinen Angriff gegen das überkommene System 
der Deichanlagen, ohne welches weite Ge- 
biete in den Flußniederungen und an den 
Nordseehüsten der menschlichen Kultur über- 
haupt verschlossen geblieben wären. Wohl aber 
mahnen sie zur Vorsicht bei der Aeuanlage 
von Deichen. Diese ist mit Rüchsicht auf ihre 
weitgehenden Wirkungen überall an behörd- 
che Genehmigung geknüpft. Ahnliche 
achteile wie die Deiche Rönnen aber auch 
andere Anlagen im bochwasserabfluhgebiete 
bervorrufen, namentlich Wegedämme, AMlauern, 
t# ebäude und Pflanzungen. Die in dieser Hin- 
ucht geltenden Vorschriften sind deshalb in 
anderem Zusammenhange dargestellt (s. Frei= 
altung der Uberschwemmungsgebiete)z. 
de Uberblick der Gesetzgebung. Für 
en damaligen Bereich der Monarchie 
" er das G. über das D. vom 28. Jan. 1848 
Sc. 54). Das Gesetz ist auf die Pror. 
Eswig-Holstein und Hannover aus- 
gedehnt durch G. vom 11. April 1872 (GS. 
  
  
333 
377) mit einigen Modifikationen, die sich 
wesentlich auf die Behandlung der Deich- 
verbände (s. d.) beziehen. Im vormaligen 
Kurhessen gilt die Kurhess V., den Wasserbau 
betr., vom 31. Dez. 1824 (GS. 99), für die 
vormaligen bayerischen Landesteile die 
Art. 10, 36, 40 des BayS #. über die Be- 
michung des Wassers vom 28. Mai 1852 (GS. 
490). Daneben sind überall bei Anlage und 
Veränderung von Deichen in der Nähe von 
Festungen die Vorschriften des Reichsrayon- 
gesetzes vom 21. Dez. 1871 (RöBl. 459) in 
Anwendung zu bringen. — Die Deichgesetz- 
gebung ist vom BE. unberührt geblieben 
(EG. Art. 66). Gemeinsam ist das Erforder- 
nis staatlicher Genehmigung für die An— 
lage, Erhöhung und Verlegung von Deichen 
(s. Freihaltung der Uberschwemmungs- 
gebiete), die bei Deichverbänden durch die 
Genehmigung des Deichstatuts ersetzt wird (s. 
Deichverbände). 
III. Deiche, die zu keinem Deichver- 
bande gehören. egen ihrer Anlegung, 
Erhöhung und Beseitigung s. Freihaltung 
der Uberschwemmungsgebiete. Ist ein 
solcher zum Schutze mehrerer Grundstücke 
dienender Deich ganz oder teilweise zerfallen 
oder durch Naturgewalt zerstört, so kann 
im GEeltungsbereich des Deichgesetzes von 
1848 der Bezirksausschuß dessen Wiederher- 
stellung vorschreiben und diese Anordnung, 
wenn die Unterhaltungspflicht unbestimmt ist, 
demjenigen gegenüber durchführen, der den 
Deich bisher unterhalten hat, ist dieser unbe- 
kannt oder nicht leistungsfähig, gegen die 
Eigentümer der geschützten Grundstücke oder 
auch der Grundstücke in den Nachbargemein-= 
den; die Baulast ist durch Beschluß festzusetzen, 
gegen den binnen zwei Wochen die Beschwerde 
an den Mi##. stattfindet (Deichgesetz von 1848 
§ 4—8; Ausdehnungsgesetz vom 11. April 
1872; 36. § 96). Wegen der hieraus sich er- 
gebenden Verpflichtungen der Grundbesitzer f. 
eichpflicht. In den Fällen, wo eine interi- 
mistische Regelung der Baulast hat erfolgen 
müssen, ist die Bildung eines Deichverbandes 
in die Wege zu leiten, und, wenn diese nicht 
zum Ziele führt, ist die interimistische Anord- 
nung außer Kraft zu setzen (Deichgesetz von 
1848 § 10). Dem Schutze der Einzeldeiche 
elten dieselben Bestimmungen, wie sie im 
Krttteel Deichverbände unter III aufgeführt 
sind; jedoch ist hier im Falle des § 24 des 
Deichgesetzes von 1848 der Bezirksausschuß 
zuständig (86. § 96 Abs. 1 Ziff. 4). Bgl. 
auch Deichpolizei und Rayongesetz. 
Deichkataster s. Deichpflicht. 
Deichpflicht (Deichlasten). Die D., und 
zwar sowohl die aus der Zugehörigkeit zu 
einem Deichverbande entspringende, wie die 
sonstige, ist eine öffentliche Last, die der Ein- 
tragung im Grundbuche nicht bedarf und bei 
der Zwangsversteigerung und Zwangsverwal- 
tung vor anderen öffentlichen Lasten den 
Vorrang hat Säichgeset vom 28. Jan. 1848 
§§ 9, 18; AusfG. z. GBO. vom 26. Sept. 1899 
— GS. 307 — § 11; AusfG. z. ZVG. vom 
23. Sept. 1899 — GS. 291 — Art. 1). Die 
Beitreibung der Leistungen erfolgt im Ver-
	        
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