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bandes). Zugleich mit dem am 1. März 1906
in Kraft getretenen neuen Handelsvertrage
und Viehseuchenübereinkommen (s. d.) zwischen
Deutschland und Osterreich-Ungarn ist auch eine
Vereinbarung über die D. der Eisenbahnvieh-
wagen vom 25. Jan. 1906 getroffen (vgl. ZBl.
502 ff.). Die nach dieser Vereinbarung in den
beiden Vertragsstaaten vorzunehmende D. be-
ruht im wesentlichen auf den in Deutschland maß-
gebenden Grundsätzen. Sie ist gegenseitig oder
auch für den anderen Teil geltend anzuerkennen.
Desinfektionskosten. I. Bei Aenschen-
krankheiten. Die Kosten der auf Grund
des § 19 des G. vom 30. Juni 1900 (Rl.
306) polizeilich angeordneten und überwachten
Desinfektion bei Aussatz (Lepra), Cholera,
Flecktyphus, Pest, Pocken sind auf Antrag aus
öffentlichen Mitteln zu bestreiten (s. § 37 Abf. 3
des Aet Gesetzes). Dasselbe gilt für die Kosten
der Desinfektion bei den unter das Pr G. vom
28. Aug 1905 (GS. 373) fallenden übertrag-
baren Krankheiten unter der Voraussetzung,
daß der Zahlungspflichtige nach Feststellung der
Ortspolizeibehörde ohne Beeinträchtigung des
für ihn und seine Familie notwendigen Unter-
alts die Kosten nicht zu tragen vermag ((.§ 26
frG. vom 28. Aug. 1905). Soweit danach die
. auf Grund des zitierten Reichs= bzw. Landes-
gesetzes aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten
sind, fallen sie als Kosten der örtlichen Poli-
zeiverwaltung der betreffenden Gemeinde zur
ast (G. über die Polizeiverwaltung vom
11. März 1850 — GS. 265— §3, auch § 6 lit. f
das. und für die neueren Provinzen V. vom
20. Sept. 1867 — GE. 1529 — § 3). S. auch
Polizeikosten.
II. Bei Viehseuchen fallen D. der Polizei-
behörde gegenüber, unbeschadet etwaiger pri-
vatrechtlicher Regreßansprüche, dem Eigentümer
der erkrankten oder verdächtigen Tiere, außer-
dem auch demjenigen, in dessen Gewahrsam
oder Obhut sich die Tiere befinden, dem Be-
gleiter der Tiere und dem Inhaber der des-
infizierten Ställe, Standorte oder beweglichen
Gegenstände zur Last. Sie können im Ver-
waltungszwangsverfahren beigetrieben wer-
den (§ 27 des A. zum Viehseuchengesetze vom
12. März 1881 — GS. 128). Für die Desin-
fektion der zur Viehbeförderung benutzten Eisen-
bahnwagen sind die dazu verpflichteten Eisen-
bahnverwaltungen berechtigt, eine Gebühr zu
erheben (G. vom 25. Febr. 1876 — REBl. 163
— §2 Abs. 2). Die Gebühr ist lediglich dazu
bestimmt, Ersatz für die durch die Desinfektion
bedingten außerordentlichen Aufwendungen zu
gewähren. Für die Desinfektion der Ram-
pen, Ladeplätze und der Biehhöfe usw. darf
eine Gebühr nicht erhoben werden, desgleichen
nicht für die der eigentlichen Desinfektion vor-
angehende oder ohne sie vorzunehmende BRei-
degung. Die Gebühr ist, vorbehaltlich beson-
derer Ausnahmen, unabhängig von der Ent-
fernung in einem Satze für den Wagen fest-
zusetzen (Bek. vom 16. Juli 1904 — MBl.
311 — §& 11 Bek. vom 17. Juli 1904 —
Rl. 317 — §. 3 Nr. 2 und Erl. des Mdc.
vom 30. Sept. 1904 — EBl. 311 — § 9).
Destillation ist eine namentlich in Nord-
deutschland übliche Bezeichnung für die Ver-
Desinfektionskosten — Diahkonissenwesen.
kaufsstelle der Kleinhändler mit Branntwein.
S. Kleinhandel.
Detachierte Kammern für Handelssachen
s. Kammern für Handelssachen II.
Detachierte Strafhammern s. Landge-
richte VI.
Detention s. Korrektionelle Aachhaft.
Deutsche Sprache s. Geschäftssprache.
Deutscher Reichsanzeiger s. Reichsan-
zeiger.
Deutsches Reich s. Reichsverfassung und
Bundesgebiet.
Deutschkatholiken sind deutsch= oder christ-
katholische Gemeinden, die bei der Bewegung
im Jahre 1845 aus der römisch-kathol. Kirche
auf Grund des Leipziger oder apostolischen
Bekenntnisses ausgeschieden sind (Schnork,
Die Religionsfreiheit in Preußen 1848 S. 53,
77, 107). Die KabO. vom 4. März 1845 und
das Patent vom 30. März 1847 gePwährten. auch
ihnen Religionsfreiheit, die das G. vom 14. Mai
1873 über den Austritt aus der Kirche § 3
Abs. 1 (s. Austritt aus der Kirche) befestigt
hat. Sie gehören nicht zu den anerkannten
konzessionierten oder privilegierten Religions=
gesellschaften, sondern zu den einfach dissiden-
tischen (Dove, 3. f. &R. 1, 392 ff., 413). S.
Anerkannte Religionsgesellschaften,
Dissidenten.
Dezem (Zehnten) s. Kirchenabgaben.
Diätarien sind gegen bloße Diäten beschäf-
tigte, noch nicht etatsmäßige Subalternbeamte.
S. Militäranwärter und Zivilsuper-
numerare.
Diäten s. Reisekosten und Tagegelder.
Diakonissenwesen. Vereinzelte Bestrebun-
gen, die Jungfrauen nach der Weise der alt-
christlichen Kirche in den Dienst der Liebes-
tätigkeit (Diakonie) aufzunehmen, finden sich
schon im 18. Jahrhundert unter den Mennoni-
ten in den -iederlanden und in der Brüder-
gemeinde des Grafen Zinzendorf. Aber erst
Fliedner (geb. 1800, gest. 1864), der Begründer
der Anstalten in Kaiserswerth (1836), hat die
neue Organisation geschaffen, welche fruchtbar
geworden ist für die deutsche und ausländische
evangelisch-Kirchliche Entwicklung auf diesem
Gebiete. Es sollten nach seiner Idee Anstalten
eingerichtet werden, in denen ledige Frauen
für die Pflege der Armen, Kranken und Ge-
fangenen ausgebildet und zu einer festen Ge-
meinschaft zusammengeschlossen würden. Die
Anstalt ist das Mutterhaus, welches über die
Verwendung der Schwestern auf den auswär-
tigen Stationen und in den einzelnen Arbeits-
gebieten Bestimmung trifft. Das Mutterhaus
hat am Ort und auswärts Tochteranstalten.
Die Arbeitsgebiete sind alle Arten der Kran-
kenpflege und der weiblichen Diakonie. Kai-
serswerth besitzt zehn mit dem Mutterhause
örtlich verbundene Tochteranstalten, darunter
ein Krankenhaus, eine Heilanstalt für evan-
gelische weibliche Gemütskranke, ein Stift für
alleinstehende schwache und sieche Junglrauer-
ein Mädchenwaisenhaus, ein Asyl und Magda-
lenenstift, eine Kleinkinderschule, eine Diabo-
nissenschule, ein Seminar für Lehrerinnen,
Alädchenschulen usw. Ferner gehören dazu
vierzehn Tochteranstalten an anderen Orten