Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Züchtigungsrechts der D., wegen ihrer Haf— 
tung für den durch Dienstboten angerichteten 
Schaden und wegen ihrer Befugnis, die Polizei 
anzurufen, s. Artikel Gesindeordnungen. 
Der Dienstberechtigte kann seine Entschädi— 
gungsansprüche wegen Verletzung der dem 
Gesinde aus dem Dienstverhältnis obliegenden 
Verpslichtungen gegen dessen Lohnforderung 
aufrechnen (AG. z. BGB. vom 20. Sept. 1899 
— GS. 177 — Art. 14 § 1 Abs. 3). Im übrigen 
sind die Rechte und Pflichten der D. in den 
einzelnen Gesindeordnungen verschieden ge- 
regelt; dies gilt namentlich von der Verpflich- 
tung zur Fürsorge für krankes Gesinde. Ein 
Recht, etwa wegen Verdachts eines Diebstahls, 
ohne weiteres die Sachen des Gesindes zu 
durchsuchen, hat die D. nicht. 
Strafrechtlich ist das Verhältnis als D. 
mehrfach von Bedeutung. So haftet bei 
Feld= und Forstpolizeikontraventionen, wenn 
nicht festgestellt wird, daß die Tat nicht 
mit dem Wissen der Herrschaft verübt ist 
oder von ihr nicht verhindert werden konnte, 
die D. für ihr Gesinde, jedoch ohne daß im 
Falle des Unvermögens eine Freiheitsstrafe 
gegen sie eintritt (Feld= und Forstpolizeigesetz 
vom 1. April 1880 — GS. 230 — 8§5), ebenso 
bei Forstdiebstählen (Forstdiebstahlsgesetz vom 
15. April 1878 — GS. 222 — § 11); ähnlich 
bei Jagdpolizeiübertretungen. Gagdpolizeigeset 
vom 7. März 1850 — GS. 165 — § 19), Uber-- 
tretungen des Fischereigesetzes vom 30. WMai 
1874 — GS. 197 — (§ 52) und bei Zoll= und 
Steuerdefraudationen (Zollgesetz vom 23. Jan. 
1838 § 19; VG. vom 1. Juli 1869 § 152; 
Brausteuergesetz vom 31. Mai 1872 § 38; G. 
vom 3. Juli 1878 § 18: Spielkartenstempel; 
G. vom 27. Mai 1896 § 58: Zuchersteuer; 
G. vom 17. Juni 1895 § 32: Branntwein- 
steuer; G. vom 16. Juli 1879 § 43: Tabak-= 
steuer). Ferner wird nach § 361 Ziff. 9 StGB. 
die Herrschaft, die ihr Gesinde von der Be- 
gehung von Diebstählen sowie von der Be- 
ehung strafbarer Verletzungen der Zoll= und 
teuergesetze oder der Gesetze zum Schutze der 
Forsten, der Feldfrucht, der Jagd oder der 
Fischerei abzuhalten unterläßt, mit Haft oder 
mit Geldstrafe bis zu 150 M. bestraft. Ge- 
sinde, welches dem Dienstherrn Sachen von 
unbedeutendem Werte stiehlt oder unterschlägt, 
ist nur auf Antrag zu verfolgen; die Zurück- 
nahme des Antrags ist zulässig (StG# B. 8 247). 
Einzelne Gesindeordnungen, so die vom 8. Nov. 
1810 (§§ 174—176), enthalten noch Bestim- 
mungen über die Haftung der D. für wider 
besseres Wissen empfohlenes Gesinde (EE- 
BE. Art. 95). Polizeiverordnungen, welche 
dem Dienstherrn die Haftung für Geldstrafen 
des Elesindes auferlegen, sind ungültig (KGJ. 
Streitigkeiten zwischen D. und Gesinde, in- 
sofern sie während der Dauer des Dienstver- 
hältnisses entstehen, darunter auch solche, welche 
durch eine vorzeitige einseitige Lösung des 
Dienstverhältnisses veranlaßt werden, gehören 
ohne Rüchksicht auf den Wert des Streitgegen- 
standes zur Zuständigkeit der Amtsgerichte 
(GVG. 8 23). Streitigkeiten zwischen und 
Gesinde hinsichtlich des Dienstverhältnisses sind 
  
Dienstleistungen — Dienstort. 
Feriensachen (GVG. 8 202 Abs. 2). Urteile, 
welche Streitigkeiten zwischen D. und Gesinde 
betreffen, sind, insofern die Streitigkeiten wäh— 
rend der Dauer des Dienstverhältnisses ent- 
stehen, auf Antrag für vorläufig vollstrechbar 
zu erklären (ZPO. 8 709). 
Dienstleistungen s. vorübergehende Be- 
schäftigung. 
Dienstlohn s. Lohn. 
Dienstmänner. Der Gewerbebetrieb der D. 
gehört zu den Straßengewerben (s. d.). Aach 
Erl. vom 15. Jan. 1862 (Mhl. 27) soll den 
Unternehmern von Dienstmannsinstituten 
die Einholung der polizeilichen Legitimation 
für die von ihnen anzustellenden Personen vor- 
eschrieben werden. Wegen Pfändung des 
autionsrüchzahlungsanspruchs Rkann einem 
D. der Gewerbebetrieb nicht untersagt werden. 
(OV6.31, 297). D. als Angestellte eines Dienst- 
mannsinstituts sind Rrankenversicherungspflich- 
tig (OV. 30, 360) und invalidenversicherungs- 
pflichtig (Anl. d. RA., betr. den Kreis der 
nach dem Inv VE. versicherten Personen, vom 
6. Dez. 1905 (A. 21, 613). 
Dienstort. I. D. der Beamten s. Domizil 
(notwendiges der Beamten). 
II. D. bei der Armenpflege. Der dem vor- 
läufig unterstützenden Ortsarmenverband für 
aufgewendete Kur= und Pflegekosten zustehende 
Erstattungsanspruch (s. Armengesetzbung, 
Armenstreitsachen, Armenunterstützung, 
Armenverbände) und ebenso der Anspruch 
auf Ubernahme des Erkrankten ist für einen 
bestimmten Fall gesetzlich ausgeschlossen. Dies 
trifft dann zu (UVG. 8§ 29 in der Fassung der 
Aovelle vom 12. Alärz 1894), wenn Personen, 
die gegen Lohn oder Gehalt in einem 
Dienst= oder Arbeitsverhältnis stehen, 
oder deren ihren Unterstützungswohnsitz (s. d.) 
teilenden Angehörigen, oder wenn Lehrlinge 
am Dienst= oder Arbeitsort infolge RKrank- 
heit hilfsbedürftig werden. Der Ortsarmen- 
verband dieses Orts hat die Verpflichtung, 
den Erkrankten die erforderliche Kur und 
Verpflegung zu gewähren, einen Anspruch auf 
Erstattung der Kosten oder Ubernahme des 
gilföbedürftigen aber nur insoweit, als die 
rankenpflege länger als 13 Wochen fort- 
gesetzt wird, für den über diese Frist hinaus- 
gehenden Zeitraum. Er muß jedoch dem end- 
gültig verpflichteten Armenverband spätestens 
sieben Tage vor Ablauf der 13wöchentlichen 
Frist Aachricht von der Erkrankung geben, 
widrigenfalls die Erstattung der Kosten erst 
von dem sieben Tage nach dem Eingange der 
Wachricht beginnenden Zeitraum an gefordert 
werden kann. Die Beschränkung des Er- 
stattungsanspruchs findet keine Anwendung 
hinsichtlich solcher Personen, deren Dienst= oder 
Arbeitsverhältnis an dem Aufenthaltsorte nach 
seiner Aatur oder im voraus durch Vertrag 
auf einen Zeitraum von einer Woche oder 
weniger beschränkt ist. Die besondere, den Er- 
stattungsanspruch ausschließende Verpflichtung 
des Armenverbandes des Arbeitsorts greift dann 
nicht Platz, wenn die Hilfsbedürftigkeit außer- 
halb des Arbeitsorts (bei vorübergehender 
Abwesenheit) eingetreten ist, und zwar bei 
Familienangehörigen, die nicht in einem selb-
	        
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