Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Dienstpflicht — Dienstunfähigkeit. 
ständigen Arbeitsverhältnis stehen, außerhalb 
des Arbeitsorts des Familienhauptes, oder 
wenn die Unterstützung nicht am Arbeitsort, 
sondern an einem andern Ort nachgesucht worden 
und auch für den Armenverband Bein Anlaß 
gegeben war, sie am Dienstort von Amts wegen 
zu gewähren. Unterläßt aber der Armenver= 
band des Arbeitsorts pflichtwidrig die Gewäh- 
rung der erforderlichen Krankenpflege, so kann 
von ihm jeder Armenverband, der infolgedessen 
zu ihrer Gewährung genötigt ist (auch der des 
Unterstützungswohnsitzes), auf Grund der „Ab- 
schiebung“ (s. Erstattungsansprüche der 
Armenverbände) Ersatz der RKosten und 
Ubernahme des Hilfsbedürftigen verlangen. 
Bei Personen, deren Arbeitgeber ein Ge- 
werbe im Umherziehen betreibt, kann der 
Ort eines längeren Aufenthalts, bei Per- 
sonen, deren Arbeitgeber ihnen eine den Ort 
wechselnde Arbeitsstelle anweist, der Wohnort 
des Arbeitgebers oder der SigS seines Gewerbe- 
betriebes, bei Seeleuten der Ort, von welchem 
aus die Schiffahrt mit ihrem Schiff betrieben 
wird, als Dienst= oder Arbeitsort angesehen 
werden. Schwangerschaft, A##ederkunft und 
Wochenbett sind bei normalem Verlauf kheine 
Krankheit im Sinne dieser Gesetzesvorschrift. 
— Nach einem dem BT. vorliegenden Gesetz- 
entwurf einer Novelle zum UW. soll die er- 
wähnte Verpflichtung des Dienst= und Ar- 
beitsorts auf alle Fälle der Unterstützung 
und bis zur Dauer von 26 Wochen ausge- 
dehnt werden. Ferner soll die Erstattungs- 
pflicht dieses Ortes auch dann begründet sein, 
wenn die Hilfsbedürftigkeit an einem anderen 
Orte eingetreten ist, sofern nur der Unterstützte 
am Dienst= oder Arbeitsorte mindestens eine 
Loche in ein und demselben Arbeitsverhält- 
nis 9#tanden hat und dieses nicht schon seit 
einer Woche gelöst ist. 
Dienstpflicht s. Militärdienstpflicht. 
ienstrang s. Titel. 
Dienstreisen s. Reisekosten und Tage- 
gelder. 
Dienstunfähigkeit. I. D. bei Staats- 
beamten. Bei Staatsministern, welche aus 
dem Staatsdienst ausscheiden, sowie bei Be- 
amten, welche das 65. Lebensjahr vollendet 
haben, ist D. nicht Vorbedingung des An- 
spruchs auf Pension. In allen übrigen Fällen 
Hildet D. die Grundlage der Pensionierung. 
in Staatsbeamter, welcher durch Blind- 
heit, Taubheit oder ein sonstiges Rörper- 
liches Gebrechen oder wegen Schwäche seiner 
hörperlichen oder geistigen Kräfte zu der 
fa füllung seiner Amtspflichten dauernd un- 
hig ist, soll in den Ruhestand mit der ge- 
utzlichen Pension versetzt werden (Disziplinar= 
gesetz vom 21. Juli 1852 8 88) Suckt der Be- 
inte in einem solchen Falle seine Versetzung 
m en Ruhestand nicht nach, so tritt gegen 
schterliche Beamte das in den 8§ 58—63 
ves G. vom 7. Mai 1851 (6S. 218) angeord- 
e Verfahren ein. Dem nicht richterlichen 
" ". amten oder seinem nötigenfalls hierzu be- 
vor ers zu bestellenden Kurator wird von der 
zu gesetzten Dienstbehörde unter Angabe des 
ritbewährenden Pensionsbetrages und der 
nde der Pensionierung eröffnet, daß der 
  
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Fall seiner Bersetzung in den Ruhestand vor- 
liege. Innerhalb sechs Wochen nach einer 
solchen Eröffnung kann der Beamte seine Ein- 
wendungen bei der vorgesetzten Dienstbehörde 
anbringen, wonächst der vorgesetzte Minister, 
sofern der Beamte nicht vom Könige ernannt 
ist, über die Pensionierung entscheidet. Gegen 
diese Entscheidung steht dem Beamten der 
Rekurs an das St Al. zu; der Beamte kann 
indes des Rekursrechts ungeachtet sofort der 
weiteren Amtsverwaltung vorläufig enthoben 
werden. Ist der Beamte von dem Rönige er- 
nannt, so erfolgt die Entscheidung von dem 
Könige auf Antrag des St Ml. Wenn der Be- 
amte gegen die ihm gemachte Eröffnung inner- 
halb sechs Wochen Reine Einwendungen er- 
hoben hat, so wird in derselben Weise verfügt, 
als wenn er seine Pensionierung selbst nach- 
gesucht hätte (Disziplinargesetz vom 21. Juli 
1852 — GS. 152 — 88 88—92). Ist ein Be- 
amter vor dem Zeitpunkte, mit welchem die 
Berechtigung zum Bezuge von Pension für 
ihn eingetreten sein würde, dienstunfähig ge- 
worden, so kann er gegen seinen Willen nur 
unter Beobachtung dersenigen Formen, welche 
für die Disziplinaruntersuchung vorgeschrieben 
sind, in den Ruhestand versetzt werden. Wird 
es jedoch für angemessen befunden, dem Be- 
amten eine Pension zu dem Betrage zu be- 
willigen, welcher ihm bei Erreichung des vor- 
gedachten Zeitpunktes zustehen würde, so kann 
seine Pensionierung nach den Vorschriften der 
§§ 88—92 erfolgen (§ 93 a. a. O.). Auf Uni- 
versitätslehrer, auf Beamte, die ihre Ver- 
setzung in den Ruhestand selbst beantragt oder 
das 65. Lebensjahr vollendet haben, sowie 
auf Beamte, die ohne Pensionsberechtigung 
unter Vorbehalt des Widerrufs oder der Kün- 
digung angestellt sind, finden die vorstehenden 
Bestimmungen des Disziplinargesetzes Reine 
Anwendung (vgl. auch Erl. vom 15. Mai 1861 
— AlBl. 158 — wegen der bei vorgerücktem 
Alter nicht absolut dienstunfähigen Beamten). 
Wenn ein nicht richterlicher Beamter, welcher 
das 65. Lebensjahr vollendet hat, seine Ver- 
setzung in den Ruhestand nicht nachsucht, so 
kann diese nach Anhörung des Beamten unter 
Beobachtung der Vorschriften der 88§ 20 ff. des 
Pens G. vom 27. März 1872 in derselben Weise 
verfügt werden, wie wenn der Beamte seine 
Pensionierung selbst nachgesucht hätte (G. vom 
31. März 1882, betr. Abänderung des Pens. 
vom 27. März 1872 — GöS. 133 — Art. 1 
§ 30). Bei den Mitgliedern des O#. tritt 
die Versetzung in den Ruhestand gegen Ge- 
währung eines Ruhegehalts ein, wenn sie 
durch ein Börperliches Gebrechen oder durch 
Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte 
zur Erfüllung ihrer Amtspflichten dauernd 
unfähig werden (Verwaltungsgerichtsgesetz in 
der Fassung der Bek. vom 2. Aug. 1880 — GS. 
327 — 88 23, 24). Für die Reichsbeamten 
haben die §§ 61 ff. RBG. vom 31. März 1873 
(Re#l. 61) mit den Bestimmungen des G. vom 
21. Juli 1852 in allen wesentlichen Punkten 
übereinstimmende Vorschriften erlassen. Wird 
dieselbe nicht beantragt, obwohl die Voraus- 
setzungen hierzu vorlagen, so beschließt hierüber 
nach fruchtloser Aufforderung das Plenum des
	        
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