Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Disziplinarhof — Disziplinarsenat beim Oberverwaltungsgericht. 
vom 12. Mai 1873 (GS. 198), welches durch 
das G. vom 21. Mai 1886 (GS. 147) wesent- 
lich geändert und in seinen die Verurteilung 
zur Unfähigkeit zur Bekleidung eines geist- 
lichen Amtes betreffenden Vorschriften (88§ 24 
bis 31) wegen der Aufhebung des Gerichts- 
hofes für die hirchlichen Angelegenheiten sus- 
pendiert ist, bestimmt hierüber: Kirchliche Dis- 
ziplinarstrafen, welche gegen die Freiheit oder 
das Vermögen gerichtet sind, dürfen nur nach 
Anhörung des Beschuldigten verhängt werden. 
Der Entfernung aus dem Amte (Entlassung, 
Versetzung, Suspension, unfreiwillige Emeri- 
tierung usw). muß, wenn mit der Entfernung 
der Verlust oder eine Minderung des Amts- 
einkommens verbunden ist, ein geordnetes 
prozessuales Verfahren vorhergehen. In 
allen diesen Fällen ist die Entscheidung schrift- 
lich unter Angabe der Gründe zu erlassen 
2 bzw. Art. 7 des G. vom 21. Mai 1880). 
Die körperliche Züchtigung ist als kirch- 
liche Disziplinarstrafe oder Zuchtmittel un- 
zulässig (§6 3). Geldstrafen dürfen den Be- 
trag von 30 Tlr., oder wenn das einmonat= 
liche Amtseinkommen höher ist, den Betrag 
des letzteren nicht übersteigen (§ 4). Die 
Strafe der Freiheitsentziehung darf nur in 
der Verweisung in eine Demeritenanstalt be- 
stehen. Die Verweisung darf die Dauer von 
drei Monaten nicht übersteigen und die Voll- 
streckung derselben wider den Willen des Be- 
troffenen weder begonnen noch fortgesetzt 
werden. Die Verweisung in eine außerdeutsche 
Demeritenanstalt ist unzulässig (6 5). er 
Oberpräsident ist befugt, die Befolgung dieser 
Vorschriften (8 5) durch Geldstrafen bis zum 
etrage von 1000 Tlr. zu erzwingen 8) 
— . Demeritenanstalten (8 6). — Eine 
Vollstrechung kirchlicher Disziplinarentschei- 
dungen im Wege der Staatsverwaltung findet 
nur dann statt, wenn dieselben von dem Ober- 
präsidenten nach Prüfung der Sache für voll- 
strechbar erklärt worden sind G 9). Das Er- 
fordernis staatlicher Bestätigung kirchlicher 
Disziplinarentscheidungen und der Rekurs 
wegen Mißbrauchs der Rirchlichen Disziplinar= 
strafgewalt an den Staat treten, soweit solche 
im bisherigen Rechte begründet sind, außer 
Kraft (8 38). — Die übrigen Paragraphen, 
nämlich: 1, 6 und 7 (wegen der Staatsaussicht), 
10—23, 32—37 sind aufgehoben. — S. im 
Übrigen Geistliche (Disziplin). Die Errich- 
tung von Seelsorgeämtern, deren Inhaber un- 
bedingt abberufen werden dürfen, ist nur mit 
Genehmigung des MIdg A. zulässig (G. vom 
11. Mai 1873 — GS. 191 — § 19). 
Disziplinarhof. Der D. zu Berlin ist die 
entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz 
in Ansehung derjenigen Beamten, zu deren 
ustellung nach den Bestimmungen, welche 
zur Zeit der verfügten Einleitung der Diszi- 
plinaruntersuchung gelten, eine von dem Könige 
oder von den Aiinistern ausgehende Ernen- 
Lung, Bestätigung oder Genehmigung erforder- 
ich ist (Disziplinargesetz vom 21. Juli 1852 
S. 465 — 8 24; s. jedoch wegen der 
Erdkessoren an höheren Unterrichtsanstalten 
Erl vom 2. Mai 1893 — Us#l. 488). Er 
esteht aus einem Präsidenten und zehn an- 
  
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deren Alitgliedern, von denen wenigstens vier 
d den Mitgliedern des KG. gehören müssen. 
ie Mitglieder des D. werden von dem 
Könige auf drei Jahre ernannt. Zur Erledi- 
gung der Disziplinarsachen ist die Teilnahme 
von wenigstens sieben Mitgliedern mit Ein— 
schluß des Vorsitzenden erforderlich, von denen 
mindestens zwei zu den Mitgliedern des KG. 
gehören müssen 88 29, 30 a. a. O.; G. vom 
9. April 1879 — GS. 345 — § 13). S. auch 
Disziplinargerichte, Disziplinarver- 
fahren und wegen des die entscheidende 
Disziplinarbehörde für Reichsbeamte bildenden 
D. am Sitze des Reichsgerichts Disziplinar-= 
Rkammern. 
Disziplinarltammern. In dem gegen 
Reichsbeamte eingeleiteten förmlichen Diszi- 
plinarverfahren sind die entscheidenden Dis- 
ziplinarbehörden, welche je nach Bedürfnis 
zusammentreten: 1. in erster Instanz die D.; 
2. in zweiter Instanz der Disziplinarhof (RBe. 
vom 31. AMärz 1873 — REgBl. 61 — § 86 und 
G., betr. den Ubergang von Geschäften an das 
Reichsgericht, vom 16. Juni 1879 — RE1. 157 
— §1). Es besteht an den im § 87 daselbst auf- 
geführten 28 Orten je eine D.; doch können 
solche durch Anordnung des Kaisers im Ein- 
vernehmen mit dem Bundesrate auch an an- 
deren Orten errichtet werden. Der Disziplinar= 
hof tritt am Sitze des R. zusammen (8 87 
a. a. O.). Jede D. ist aus sieben Mitgliedern 
zusammengesetzt, von denen der Präsident und 
wenigstens drei andere Mitglieder in einem 
Bundesstaate in richterlicher Stellung sein 
müssen. Die mündliche Verhandlung und 
Entscheidung in den einzelnen Disziplinar- 
sachen erfolgt durch fünf Witglieder; der Vor- 
sitzende und wenigstens zwei Beisitzer müssen 
zu den richterlichen Mitgliedern gehören (§ 89 
a. a. O Der Disziplinarhof besteht aus 
elf Mitgliedern, von denen wenigstens vier zu 
den Bevollmächtigten zum Bundesrate, der 
Präsident und wenigstens fünf zu den Mit- 
gliedern des RG. gehören müssen. Die münd- 
liche Verhandlung und Entscheidung in den 
einzelnen Disziplinarsachen erfolgt durch sieben 
Mitglieder; der Vorsitzende und wenigstens 
drei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mit- 
gliedern gehören (5 91 a. a. O.). Die Mit- 
glieder der D. und des Disziplinarhofs werden 
für die Dauer der zur Zeit ihrer Ernennung 
von ihnen bekleideten Reichs= oder Staats- 
ämter vom Bundesrat gewählt, vom Kaiser 
ernannt, und für die Erfüllung der Obliegen- 
heiten ihres Amtes verpflichtet. 
Disziplinarsenat beim Oberverwaltungs- 
gericht. Gemäß dem G., betr. das Dis- 
ziplinarverfahren bei dem OV., vom 8. Mai 
1889 (GS. 107) besteht zur Entscheidung in 
denjenigen auf Entfernung aus dem Amte 
gerichteten förmlichen Disziplinaruntersuchun- 
gen, in welchen die Gesetze hierzu das Ple- 
num des O#. oder das O. berufen ((. 
Disziplinargerichte), bei diesem ein D., 
der aus zwei Präsidenten und sieben Räten 
des erichtehe gebildet ist. Den Vorsitz 
führt der Präsident des Gerichtshofs und in 
dessen Verhinderung der älteste Senatspräsident. 
Wegen der Zusammensetzung im übrigen s. 81
	        
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