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ehrengerichtliches Verfahren sind keine Straf—
prozesse im Sinne jener Vorschrift (RGSt.
3, 42). — Ein weitergehendes Verbot der
Mitteilung von Tatsachen greift dann Platz,
wenn in einer Gerichtsverhandlung die Offent—
lichneit wegen Gefährdung der Staatssicher-
heit ausgeschlossen ist. Es dürfen dann über
die Verhandlung Berichte durch die Presse zur
Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 1000 M.
oder einer Haftstrafe oder einer Gefängnisstrafe
bis zu sechs Monaten nicht veröffentlicht werden.
Das gleiche gilt dann auch nach der Beendi-
gung des Verfahrens in betreff der Veröffent-
lichung der Anklageschrift oder anderer amt-
licher Schriftstücke des Prozesses. Endlich
dürfen nach Ausschluß der Offentlichkeit wegen
Gefährdung der Sittlichkeit aus den Gerichts-
verhandlungen oder den ihnen zugrunde
liegenden amtlichen Schriftstüchen nicht öffent-
liche Mitteilungen gemacht werden, die ge-
eignet sind, Argernis zu erregen (G. vom
5. April 1888 — RGBl. 133). Zuwiderhand-
lung gegen letzteres Verbot werden mit Geld-
strafe bis zu 300 M. oder mit Gefängnis bis
zu sechs Monaten bestraft (Ste#. 8 184).
Druchschriften kolportage ist das gewerbs-
mäßige Feilbieten von Druchschriften und das
gewerbsmäßige Aufsuchen von Bestellungen
auf Druckschriften im Umherziehen (s. Ge-
werbebetrieb im Umherziehen III, 2) oder
von Haus zu Haus im Gemeindebezirke der
gewerblichen Aiederlassung oder des Wohn-
sitzes (s. Ambulanter Gewerbebetrieb II
und Druckschriftenverbreitung,).
Druchschriftenverbreitung. I. Uber den
Begriff der D. s. Druckschriften I.
. Gewerbsmäßige D. Für die ge-
werbsmäßige Verbreitung. von Druchschriften,
anderen Schriften oder Bildwerken im Um-
herziehen sind in GewO. § 56 Abs. 3, 4 Be-
schränkungen vorgesehen (s. Gewerbe-
betrieb im Umherziehen II. Im Ge-
meindebezirke der gewerblichen Niederlassung
oder des Wohnsitzes ist für das gewerbsmäßige
Ausrufen, Verkaufen, Verteilen, Anheften
oder Anschlagen von Druckschriften, anderen
Schriften oder Bildwerken auf öffentlichen
Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen
öffentlichen Orten eine Erlaubnis der Orts-
polizeibehörde erforderlich ([. Ambulanter
Gewerbebetrieb II, 2), während für das
Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen
von Haus zu Haus eine solche Erlaubnis nicht
vorgeschrieben ist. Druckschriften, deren Ver-
trieb im Umherziehen nicht gestattet ist (s.
Gewerbebetrieb im Umherziehen Ulh,
dürfen auch im ambulanten Gewerbebetriebe
weder feilgeboten noch zum Wiederverkauf
angeboten werden (GewO. 8 42 a Abs. 1). Uber
das Aufsuchen von Bestellungen auf Druch-
schriften durch Reisende s. Aufsuchen von
Warenbestellungen.
III. Aicht gewerbsmäßige D. Die nicht
gewerbsmäßige D. bedarf nach Vorschrift der
Reichsgesetze keiner Erlaubnis. ie kann
aber Personen durch die Ortspolizeibehörde
verboten werden, denen im Falle der ge-
werbsmäßigen Verbreitung der Legitimations--
schein versagt werden kann (G. über die Presse
Druchschriftenkolportage — Druchschriftenverbreitung.
vom 5. Mai 1874 — RGl. 65 — § 5 und
GemwO. 8 43 Abs. 6). Insoweit hat die Be-
stimmung im § 30 des Preßgesetzes vom
7. Mai 1874 (Rl. 65), nach welcher das Recht
der Landesgesetzgebung, Vorschriften über das
öffentliche Anschlagen, Anheften, Ausstellen,
sowie die öffentliche unentgeltliche Verteilung
von Bekanntmachungen, Plakaten und Auf-
rufen zu erlassen, nicht berührt wird, eine
Beschränkung erfahren. Die nicht gewerbs-
mäßige Verteilung von Druchschriften oder
anderen Schriften oder Bildwerken in ge-
schlossenen Räumen ist, sofern diese nicht
öffentliche Orte sind (R#St. 35, 53) ohne Er-
laubnis zulässig (GewO. § 43 Abs. 5). Im
übrigen #elten nach Preßgesetz § 30 Abs. 2
noch die Vorschriften des preuß. Preßgesetzes
vom 12. Mai 1851 (GS. 273) 8§ 9, 10 über
die nicht gewerbsmäßige Verbreitung, Anhef-
tung usw. von Druchschriften usw. (KG#. 10,
267; Erl. vom 23. Jan. 1896 — All. 681).
Gegen die Verfügung der Ortspolizeibehörde,
durch die die nicht gewerbsmäßige D. verboten
wird, findet innerhalb zwei Wochen die Klage
beim Kr A., in Stadtkreisen und in den zu
einem Landkreise gehörigen Städten mit mehr
als 10000 Einw. bei dem Bezl. statt (36.
§ 116). Die öffentliche unentgeltliche Bertei-
lung von Druchkschriften mit BRüchksicht auf
ihren Inhalt zu verhindern, ist bei den unter
§ 30 Abs. 2 StchB. fallenden Bekanntmachun-
gen, Plakaten und Aufrufen durch Zurück-
nahme der zu ihrer Verteilung nach 8 10 des
preuß. Preßgesetzes erforderlichen Erlaubnis,
im übrigen nur im Wege der Beschlagnahme
nach § 23 des Beichspreßgesetzes möglich (s.
Druckschriften 1V). "
IV. Gemeinsame Bestimmungen. Die
Vorschriften des Reichspreßgesetzes, der GewO.
und des preuß. Preßgesetzes über die Notwendig-
keit einer polizeilichen Erlaubnis zur gewerbs-
mäßigen Verbreitung von Druchschriften und
über das Verbot einer nicht gewerbsmäßigen
beziehen sich nur auf solche Perfonen, welche
die Druchschriften selbst verteilen, nicht auf
solche, welche sie durch andere verteilen lassen
(OV. 23, 274; 35, 429). Zur gewerbsmäßigen
und nicht gewerbsmäßigen Verteilung von
Stimmzetteln und Druckschriften zu Wahl-
zwecken bei der Wahl zu gesetzgebenden Körper-
schaften ist eine polizeiliche Erlaubnis in der
Zeit von der amtlichen Bekanntmachung des
Wahltags bis zur Beendigung des Wahlakts
nicht erforderlich (Gew . § 43 Abs. 3 u. 4).
Wegen der Stimmzettel für öffentliche Wahlen
s. Druchschriften I. Die Verbreitung ist
bei jeder D. verboten während der Dauer
ihrer Beschlagnahme (s. d. D. Wissent-
liche Zuwiderhandlungen werden mit Geld-
strafe bis zu 500 M. oder Gefängnis bis zu
sechs Monaten bestraft (Preßgesetz § 280. Ferner
kann die Verbreitung einer im Auslande
erscheinenden periodischen Druchschrift vom
Reichskanzler verboten werden, wenn gegen
eine Nummer (Stück, Heft) der Druckschrift
binnen Jahresfrist zweimal eine Verurteilung
auf Grund der 88 41, 42 Steb B. (Anordnung
der Unbrauchbarmachung wegen strafbaren In-
halts) erfolgt ist. Das Verbot kann nur innel-