Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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die Fahrnisgemeinschaft sind teilweise Güter- 
gemeinschaften. Die erstere steht der bloßen 
Verwaltungsgemeinschaft näher als der all- 
gemeinen Gütergemeinschaft. Bei ihr bleiben 
das von den Ehegatten in die Ehe gebrachte 
Vermögen und gewisser Erwerb während der 
Ehe als eingebrachtes Gut von der Gemein- 
schaft ausgeschlossen und Vermögen des ein- 
zelnen Ehegatten, nur der übrige Erwerb und 
der Ertrag des eingebrachten Gutes werden 
gemeinschaftliches Vermögen (Gesamtgut), wel- 
ches wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft 
Aiteigentum der Ehegatten zur gesamten Hand 
ist (6 1519). Dagegen nähert sich die Fahr- 
nisgemeinschaft, d. i. die Gemeinschaft des be- 
weglichen Vermögens und der Errungenschaft 
(6 1549), sehr der allgemeinen Gütergemein- 
schaft und fällt mit ihr ganz zusammen, wenn 
die Ehegatten kein unbewegliches Vermögen 
besitzen. Es hann bei ihr auch fortgesetzte 
Gütergemeinschaft eintreten, aber nur, wenn 
sie durch Ehevertrag vereinbart ist (8 1557). 
Die Gütertrennung ist ein außerordentliches 
gesetzliches Güterrecht, das in gewissen Fällen, 
z. B. wenn der Mann die Ehe mit einer in 
der Geschäftsfähigkheit beschränkten Frau ohne 
Einwilligung 4n gesetzlichen Vertreters ge- 
schlossen hat (88 1364, 1426 Abs. 1), an die 
Stelle des regelmüßigen gesetzlichen Güter- 
standes tritt. Es bleibt bei ihr das Vermögen 
beider Ehegatten nicht nur dem Rechte nach 
getrennt. sondern die Frau behält auch die 
erwaltung und Autznießung ihres Ver- 
mögens, hat aber aus den Einkünften ihres 
Vermögens oder dem Ertrage ihrer Arbeit 
oder eines von ihr betriebenen Erwerbs- 
geschäftes zur Bestreitung des ehelichen Auf- 
wandes, den der Mann zu tragen hat, einen 
angemessenen Beitrag zu leisten (8 1427). 
IV. Um die Vorgänge, welche die ehelichen 
Güterverhältnisse betreffen, offenkundig zu 
machen, hat das BE. das Güterrechts- 
register eingeführt (68 1558—1563; B#eb. 
vom 3./12. Jan. 1898 — Z Bl. 438; Allg Vf. vom 
6. Nov. 1899 — JMVBl. 299). Es wird vom Amts- 
gerichte geführt; die Landesjustizverwaltung 
kann es auch einem Amtsgerichte für mehrere 
Amtsgerichtsbezirke übertragen (ogl. hierzu 
Allg Vf. vom 4. Dez. 1899 — JlUl l. 560). 
Die Eintragungen haben bei dem Amtsgerichte 
zu geschehen, in dessen Bezirke der Mann 
seinen Wohnsitz hat. Sie erfolgen auf Antrag, 
der in öffentlich beglaubigter Form regelmäßig 
von beiden Ehegatten zu stellen ist. Die Güter- 
rechtsregister sind öffentlich; jeder kann Ein- 
sicht nehmen und Abschriften fordern. Einem 
Dritten ist der Nachweis, daß er eine Ein- 
tragung im Güterrechtsregister nicht gekannt 
habe, nicht gestattet. Auch ein gutgläubiger 
Dritter kann sich aber auf die Eintragung 
nicht berufen, wenn der Ehevertrag oder die 
sonstige der Eintragung zugrunde liegende 
Tatsache nicht zu Recht besteht. Das Güter- 
rechtsregister genießt also nicht in der Weise, 
wie das Grundbuch, öffentlichen Glauben. 
Einzutragen sind namentlich Eheverträge, 
ferner der Eintritt der Gütertrennung und 
die Entziehung oder Beschränhung der sog. 
Schlüsselgewalt der Frau durch den MWann, 
  
  
Ehelichkeitserklärung — Ehescheidung. 
d. i. der gesetzlichen Berechtigung der Ehefrau, 
das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten und 
insoweit die Geschäfte des Mannes für ihn zu 
besorgen und ihn zu vertreten (§ 1357). An 
sich wirkt die einzutragende besondere Regelung 
auch gegenüber Dritten, die mit einem der 
Ehegatten ein Rechtsgeschäft abschließen oder 
einen Bechtsstreit führen. Allein zu dieser 
Wirkung i erforderlich, daß sie beim Ab— 
schlusse des Rechtsgeschäftes oder bei der Rechts- 
hängigkeit der Rechtsstreitigkeit entweder in 
das Güterrechtsregister eingetragen oder dem 
Dritten bekannt war. 
V. Wegen des Sonderrechtes der landes- 
herrlichen Familien und des hohen 
Adels s. Art. 57, 58 EGBB. und G. vom 
25. März 1904 (Röl. 149) und wegen des 
Güterrechtes in den Ehen, die bereits am 
1. Jan. 1900 bestanden, s. Art. 200, 218 
Ec#G. und Art. 44—67 AG. z. BGB. vom 
20. Sept. 1899 (GS. 177). 
Ehelichheitserklärung s. Uneheliche Kin- 
der II. 
Ehemündigkeit. I. Zur Eheschließung ist 
ein gewisses Alter, die E., erforderlich. Nach 
dem B#. (§ 1303) darf ein Mann nicht vor 
dem Eintritte der Volljährigkeit (s. d.), eine 
Frau nicht vor Vollendung des 16. Lebens- 
jahres eine Ehe eingehen. Einer Frau kann 
sedoch Befreiung von dieser Vorschrift bewilligt 
werden. Für den Mann geht aber das Gesetz 
davon aus, daß er als Haupt der zu begrün- 
denden Familie unter allen Umständen voll- 
jährig sein müsse; ihm kann daher eine frühere 
Eheschließung nur durch Volljährigkeitserklä= 
rung ermöglicht werden. Die Befreiung für 
die Frau wird bei einer solchen, die keinem 
der deutschen Bundesstaaten angehört, aber 
eine Deutsche ist, vom Reichskanzler, sonst von 
der Landesregierung des Bundesstaates, dem 
sie angehört (§ 1322), d. i. in Preußen vom 
JM. G. vom 16. Nov. 1899 — GS. 562 — 
Art. 10; Erl. vom 14. Dez. 1899 — JIlll UUl. 
784), erteilt. Die Rechtswirksamkeit einer ge- 
schlossenen Ehe wird durch den Mangel der E. 
nicht berührt. 
II. Wegen der E. der Landesherren und der 
Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie 
der Mitglieder der Fürstl. Familie Hohenzollern 
und des vormaligen Hann. Königshauses, des 
vormaligen Rurhess., des vormaligen *7* 
Nass. Fürstenhauses und des Derzogl. olst. 
Fürstenhauses s. Art. 57 EG. z. BGEB. und G. 
vom 25. März 1904 (RGBl. 149). 
S. auch Ehehindernisse. 
Ehesachen s. Ehe und Ehescheidung IV. 
Ehescheidung. I. Das kanonische Recht 
läßt wegen der Sakramentsnatur, welche die 
Ehe (s. d.) nach den Lehren der hath. Rirche 
hat, eine Scheidung vom Bande der Ehe nicht 
u, sondern nur eine Trennung von Tisch und 
ett. Anders das protestantische Rirchenrecht, 
welches teilweise (so z. B. das Allg. Land- 
recht) sogar ziemlich viele und leicht vorhan- 
dene Ehescheidungsgründe kennt. Das B#. 
hat die Scheidung zwar zugelassen, aber nur 
in engen Grenzen und nur durch richterliches 
Urteil, mit dessen Rechtskraft dann die Auf- 
lösung der Ehe eintritt (6 1564).
	        
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