Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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des Verfahrens zugelassen (88 620, 621). Zum 
Zwecke der Aufrechterhaltung der Ehe kann 
das Gericht von Amts wegen Tatsachen be- 
rüchsichtigen und Beweise anordnen (8 622 
Abs. 1). Das Urteil ist von Amts wegen zu- 
zustellen (6 625). Für die Dauer des BRechts- 
streits Können die Beziehungen der Ehegatten 
zueinander auf den Antrag eines von ihnen 
nach bestimmten Richtungen hin vorläufig ge- 
ordnet werden (8 627). Die Offentlichkeit ist 
stets auszuschließen, wenn eine Partei es be- 
antragt (EV. 8 171). 
S. auch Ehehindernisse II, 3. 
Eheschließung. Während in früheren Zeiten 
regelmäßig eine Ehe nur unter Mitwirhung 
der Kirche gültig zustande kommen konnte, 
und nachdem das BE. trotz vielfacher An- 
griffe den Grundsatz der bürgerlichen E. bei- 
behalten hat (s. Ehe und Zivilehe), wird 
jetzt die Ehe dadurch geschlossen, daß die Ver- 
lobten vor einem Standesbeamten persönlich 
und bei gleichzeitiger Anwesenheit unbedingt 
und nicht unter einer Zeitbestimmung erklären, 
die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der 
Standesbeamte muß zur Entgegennahme der 
Erklärungen bereit sein (BGB. § 1317) und 
hat die Pflicht, das Vorhandensein der Ehe- 
erfordernisse zu prüfen und, wenn Ehehinder- 
nisse zu seiner Kenntnis kommen, die E. ab- 
zulehnen (PSt G. vom 6. Febr. 1875 — RGBl. 
23 — 8§ 48). Außerhalb des Amtszimmers 
des Standesbeamten sind E. nur, wenn einer 
der Verlobten am Erscheinen durch Krankheit 
usw. verhindert ist oder in sonstigen besonderen 
Ausnahmefällen zulässig (Bescheid vom 2. Febr. 
1875 — All. 61). Auch in der Karwoche 
können E. stattfinden (Erl. vom 3. Müärz 
1903 — M.IBl. 28). Bei der E. soll der Stan- 
desbeamte in Gegenwart von zwei Zeugen 
— als solche sind nur nicht im Besitze der 
bürgerlichen Ehrenrechte befindliche und minder- 
jährige Personen unzulässig — an die Ver- 
lobten einzeln und nacheinander die Frage 
richten, ob sie die Ehe miteinander eingehen 
wollen und, nachdem die Verlobten die Frage 
bejaht haben, aussprechen, daß sie RKraft dieses 
Gesetzes, d. i. des BGB., nunmehr rechtmäßig 
verbundene Eheleute seien. Der Standesbe- 
amte soll dann die E. in das Heiratsregister 
eintragen (§ 1318) und über die erfolgte E. den 
Eheleuten sofort eine kostenfreie Bescheinigung 
ausstellen (PSt G. § 54 Abs. 2; Vf. vom 30. April 
1902 — M.l. 83). Uber den Inhalt der Ein- 
tragung bestimmt § 54 PSt. Zuständig ist der 
Standesbeamte, in dessen Bezirk einer der Ver- 
lobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhn- 
lichen Aufenthalt hat. Hat Reiner der Ver- 
lobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen 
Aufenthalt im Inland und ist auch nur einer 
von ihnen ein Deutscher, so wird der zuständige 
Standesbeamte von der obersten Aussichts- 
behörde des Bundesstaates, dem der Deutsche 
angehört, in Preußen also vom MI J., und 
wenn er Beinem Bundesstaate angehört, von 
dem Reichskanzler bestimmt. Unter mehreren 
zuständigen Standesbeamten haben die Ver- 
lobten die Wahl (6 44 PSt. in der Fassung 
des Art. 46 II des EchBeEB.; § 1320 Absl. 3 
B.; § 154 Abs. 1 36.). Auf GErund einer 
  
  
Eheschließung — Ehrenbürgerrecht. 
schriftlichen Ermächtigung des zuständigen Stan- 
desbeamten darf die Ehe auch vor dem Standes- 
beamten eines andern Bezirks geschlossen wer- 
den (§ 1321). Der ermächtigte Standesbeamte 
hat zwar ebenfalls die E. abzulehnen, wenn 
Ehehindernisse zu seiner Kenntnis kommen, er 
ist aber nicht zu einer Nachprüfung der Frage, 
ob Ehehindernisse bestehen, verpflichtet, es be- 
hält vielmehr der ermächtigende Standesbeamte 
die Verantwortlichkeit dafür, daß dem Gesetze 
genügt ist (PSt. § 69; Erl. vom 12. April 
1893 — MBll. 107; Rt. 35, 265). Die E. 
vor dem Standesbeamten ist kostenlos. Der 
Standesbeamte, vor welchem von einer Frau, 
die ein minderjähriges eheliches Kind hat, eine 
Ehe geschlossen wird, hat hiervon dem Vormund- 
schaftsgericht Anzeige zu machen (FGG. 848; Vf. 
vom27. Jan. 1904 — I. 30). Wegen der E. vor 
einem andern Standesbeamten als demjenigen, 
welcher das Aufgebot angeordnet hat, s. Auf- 
gebot für die Eheschließung, und wegen 
dessen, was von der Eheschließungshandlung 
wesentlich ist, s. Eheerfordernisse, ferner 
wegen der richtigen Angabe des Standes von 
Handwerkern bei E. die Vf. des MdJ. und 
des HM. vom 10. Aug. 1905 (Mhl. 132, HM- 
Bl. 257) und wegen der E. von Ausländern in 
Preußen die Vf. vom 13. März 1903 (MBl. 
28) und vom 19. Febr. 1904 (WBlI. 49). 
Ehevertrag s. Eheliches Güterrecht J 
und IV. 
Ehrenämter sind Staats-, Kommunal= und 
sonstige öffentliche Amter, deren Träger sie 
nicht berufemäbig gegen Entgelt, sondern 
freiwillig ohne Befoldung bekleiden. Die 
nentgeltlichteit der Amtsführung, welche 
das wesentliche Unterscheidungsmerkmal der 
E. im Gegenfsatz zu den besoldeten Berufs- 
ämtern darstellt, schließt nicht aus, daß 
den Ehrenbeamten ein Ersatz ihrer Aus- 
lagen oder eine mit ihrer amtlichen Mühe- 
waltung in billigem Verhältnisse stehende Ent- 
schädigung und selbst zur Dechung repräsen- 
tativer Unkosten bestimmte Bezüge gewährt 
werden. Die Freiwilligkeit der Ubernahme 
und Führung von E. ist dadurch beschränkt, 
daß ihre Annahme und Behkleidung während 
einer gewissen Zeitdauer vielfach, so innerhalb 
der Kreisverbände, sowie der Stadt= und 
Landgemeinden, deren Angehörigen gesetzlich 
ur Pflicht gemacht und die ungerechtfertigte 
blehnung oder vorzeitige Niederlegung mit 
vermögensrechtlichen und anderen Nachteilen 
belegt ist. Die Dienstführung der Ehrenbe- 
amten unterliegt der staatlichen Aufsicht und 
Disziplinargewalt. 
Ehrenamtmann s. Amtmann. 
Ehrenbürgermeister in der Mheinprovinz 
s. Bürgermeister IIb. it 
Ehrenbürgerrecht. In Stadtgemeinden m 
Ratsverfassung ist der Magistrat, unter u 
stimmung der Stadtverordnetenversammlung 
in solchen mit Bürgermeistereiverfassung de 
Stadtverordnetenversammlung im Einverständ 
nis mit dem Bürgermeister befugt, Männern 
welche sich um die Stadt verdient gemacht 
haben, das E. zu erteilen. Nach § 34 Hanr# 
St O. kann dasselbe als ein Zeichen der S 
und Dankbarkeit verliehen werden. Der
	        
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