Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Ehrengerichte (bei Offizieren) — Ehrenrat (militärischer). 
laß zu dieser Ehrung beschränkt sich nicht auf 
unmittelbare Verdienste um die verleihende 
Stadtgemeinde, die Verleihung kann ebenso 
für hervorragende Leistungen als Staatsmann 
und Feldherr, wie als Gelehrter, Künstler, 
Industrieller usw. erfolgen. Voraussetzung für 
die Erteilung ist der Bollbesitz der bürgerlichen 
Ehrenrechte und, insoweit dies in den einzelnen 
Städteordnungen vorgeschrieben ist, der Besitz 
der preuß. Staats= bzw. der deutschen Reichs- 
angehörigkeit. Der Verlust einer dieser beiden 
Voraussetzungen hat auch denjenigen des E. 
  
zur Folge (OB. im PrBl. 17, 463). Das 
E. gibt die Rechte des Bürgers einschließ- 
lich der Teilnahme an den Wahlen, begründet 
aber keine Verpflichtungen gegenüber der ver- 
leihenden Stadtgemeinde. Eine allgemeine 
Befreiung von den städtischen Abgaben ist mit 
seiner Verleihung nicht verbunden. In Han- 
nover sind die Ehrenbürger von der Leistung 
des Bürgereides befreit. (Vgl. St O. f. d. 5. Pr. 
vom 30. Mai 1853 — GS. 261 — § 6 Abs. 3; 
Westf StO. vom 19. März 1856 — GS. 237 — 
§ 6 Abs. 2; Rhein StO. vom 15. Mai 1856 
— GS. 406 — § 6 Abs. 2; SchlHolst StO. vom 
14. Mai 1869 — GS. 589 — § 11; Hess Nass- 
StO. vom 4. Aug. 1897 — GS. 254 — § 6 
Abs. 3; Gem We. für Frankfurt a. M. vom 
23. März 1867 — GS. 401 — § 22; HannSt%0. 
vom 24. Juni 1858 — Hann GS. I, 141 — 834.) 
Ehrengerichte (bei Offizieren) sind dazu 
bestimmt, die Standesehre der Offi ierkorps 
zu wahren. Sie beruhen für das Heer auf 
der V. über die E. der Offiziere im preuß. 
Heere vom 2. Mai 1874, für die Offiziere 
der Marine auf V. vom 26. Juli 1895, für 
die Sanitätsoffiziere des Heeres und 
der Marine auf V. vom 9. April und bzw. 
P. Nulii 1901, für die Offiziere der Schutz- 
Suppe auf V. vom 15. Juni 1897, für die 
anitätsoffiziere der Schutztruppe auf 
vom 7. Nov. 1901. (Mit den Ergänzun- 
"en und Abänderungen zu beziehen dur 
Rinst Siegfried Mittler und Sohn in Baurch 
un E. des Heeres zerfallen in zwei Klassen, 
aunt zwar in E. über Hauptleute und Sub- 
alernooffiziere die durch Offizierkorps ge- 
#a et werden, und in E. über Stabsoffiziere 
ruis neun Mitgliedern bestehend), welche 
on den Stabsoffizieren des Armeekorps 
gewählt werden. Vorsitzender ist bei ersteren 
ma Begiments- oder Landwehrbezirkskom- 
mandeur, bei letzteren ein vom Korpskom- 
jede eur hierzu bestimmter General. Bei 
m E. besteht ein Ehrenrat (s. d.). Dem 
alleunterworfen sind alle aktiven Offiziere, 
Offar ffiziere des Beurlaubtenstandes, die 
rieoßfere àla suite der Armee, die Gendarme- 
iere ziere, die zur Disposition gestellten Offi- 
Dr n und die mit Uniform verabschiedeten 
andere. Zu seiner Beurteilung gehören alle 
zieren ungen und Unterlassungen von Offi- 
W die dem richtigen Ehrgefühl oder den 
daher miissen des Standes zuwider sind und 
gefährd e gemeinsame Ehre der GEenossenschaft 
in ur en oder verletzen; sowie diesenigen Fälle, 
chen Offtziere zum Schutze ihrer eigenen 
E 
— einen ehrengerichtlichen Spruch an- 
  
Der Spruch der E. kann außer auf Un- 
393 
zuständigkeit, Vervollständigung der Unter- 
suchung und Freisprechung lauten auf schuldig 
wegen Gefährdung der Standesehre unter 
Beantragung einer Warnung, wegen Ver- 
letzung der Standesehre unter Beantragung 
der Entlassung mit schlichtem Abschied (bei 
inaktiven Offizieren Verlust der Militäruni- 
form); wegen Verletzung der Standes- 
ehre unter erschwerenden Umständen 
unter Beantragung der Entfernung aus dem 
Offizierstande (bei inaktiven Offizieren Ver- 
lust der Uniform und des Offiziertitels). Der 
Spruch unterliegt der Allerhöchsten Entschei- 
dung. Für die E. der Offiziere der Marine 
und der Schutztruppen, sowie der Sanitäts- 
offiziere sind — bei letzteren mit größeren 
Abweichungen, insbesondere hinsichtlich der 
Hinzuziehung von Sanitätsoffizieren des Be- 
urlaubtenstandes bei Besetzung des E. — die 
Vorschriften entsprechend. S. auch Ehrenrat. 
Ehrengerichte (ärztliche) s. Arztliche 
Ehrengerichte; bei Börsen (. d. VII; für 
Rechtsanwälte (. d. I; für Patentan- 
wälte s. d. 
Ehrengerichtshof (ärztlicher) ist die höchste 
Instanz für ehrengerichtliche Untersuchungen 
in der Monarchie gegen Arzte (s. G., betr. die 
ärztlichen Ehrengerichte usw., vom 25. Nov. 
1899 — GS. 565). Er hat seinen Sitz in Berlin 
und besteht aus dem Leiter der Aledizinal- 
abteilung des Ministeriums der Miedizinal- 
angelegenheiten als Vorsitzenden, aus vier 
Mitgliedern des Arztekammerausschusses und 
aus zwei vom Könige ernannten Arzten (§ 43 
a. a. O.). Er fungiert als Berufungs= bzw. 
Beschwerdeinstanz über den ärzlichen Ehren- 
gerichten der einzelnen Provinzen. Betreffs 
der Geschäftsordnung s. Erl. vom 4. Jan. 
1904 (MMI il. 33); s. im übrigen unter Arzt- 
liche Ehrengerichte. Wegen dem E. für 
Patentanwälte f. d. 
Ehrenmitglieder der #ngen. Freie 
Innungen (s. d.) können Personen, die als 
Mitglieder in die Innung nicht ausgenommen 
werden können (s. Freie Innungen IV), 
nach § 87 Abs. 2 GewO. als Ehrenmitglieder 
aufnehmen. Die Rechte und Pflichten der 
E. sind durch das Statut zu regeln. Zwangs- 
innungen (s. d.) Können nach 8 1001 Personen 
als Ehrenmitglieder nicht aufnehmen. 
Ehrenrat (militärischer) beruht auf §§ 14 bis 
26 der V. über die Ehrengerichte vom 2. Mai1874 
(l. Ehrengerichte lbei Offizieren]; analog in 
den übrigen Verordnungen über die Ehren- 
gerichte) und wird für Hauptleute und Sub- 
alternoffiziere von den Mlitgliedern des Ehren- 
erichts sedesmal auf ein Jahr gewählt ((. 
15), für Stabsoffiziere jedesmal aus den- 
senigen Mitgliedern des Ehrengerichts, welche 
bei ihrer Wahl als solche die meisten Stimmen 
erhalten haben (s. § 21). Der E. für Haupt- 
leute, Rittmeister und Subalternoffiziere be- 
steht aus einem Hauptmann oder Ritt- 
meister, einem Oberleutnant und einem Leut- 
nant, für Stabsoffiziere aus einem Obersten, 
einem Oberstleutnant und einem Major. Der 
E. hat die Pflicht, sobald Handlungen oder 
Unterlassungen, welche die Ehre eines Offi- 
ziers gefährden oder verletzen können, 317
	        
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