Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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(Guts= vorständen ihm übermittelten Materials 
gemeindelguts= bezirksweise für jedes Steuer- 
jahr oder für mehrere Jahre aufgestellt. Auf- 
zunehmen sind: a) die mit einem Einkommen 
von mehr als 3000 M. zu veranlagenden phy- 
sischen Personen; b) sämtliche vermöge ihrer 
Art steuerpflichtige nichtphysische Personen ohne 
Rüchsicht auf die Höhe ihres steuerpflichtigen 
Einkommens. Bei der Veranlagung werden 
die Feststellungen der Kommission über die 
Höhe des Einkommens usw. und der von ihr 
festgesetzte Steuersatz in sie eingetragen. So- 
dann wird sie von den Mitgliedern der Kom- 
mission vollzogen, im Bureau des Vorsitzenden 
aufgerechnet und von letzterem mit dem den 
Gesamtbetrag jeder der beiden nach ihr ver- 
anlagten Steuern enthaltenden Festsetzungs- 
vermerk versehen. Sie kann auch in Karten- 
form — für geden Steuerpflichtigen eine Karte 
von festem Karton — für mehrere Jahre an- 
gelegt werden (AusfAnw. z. Eink StG. und 
Ergt G. Art. 49, 59). 
Einkommensteuer. I. E. ist die nach dem 
Maßstabe des Einkommens — d. i. der Ge- 
samtheit der Sachgüter, welche in einem be- 
stimmten Zeitraum einer Person als Erträge 
dauernder Quellen der Gütererzeugung zufließen 
und von ihr zur Befriedigung der Bedürfnisse 
für sich und für diejenigen Personen, für 
deren Lebensunterhaltsie gesetzlich aufzukommen 
hat, verwendet werden können, ohne daß hier- 
durch die anfängliche Vermögenslage dieser Per- 
son verschlechtert würde — umgelegte Steuer. 
Sie gehört zu den direkten und unter diesen zu 
den Personal= oder Subjektsteuern (s. Direkte 
Steuern und Ertragsteuern). Da das Ein- 
kommen die Gesamtheit der Erträge dauern- 
der Quellen umfaßt, so Kkann man logischerweise 
auch nur eine allgemeine E. als E. bezeichnen; 
die sog. partiellen, nur die Erträge einzelner 
Quellen treffenden E. sind keine solchen, sondern 
Ertragsteuern. 
II. Die E. stammt aus England, wo zu- 
erst 1798 von Pitt zur Dechung der Kosten 
der Kriege mit Frankreich die „income tas“ 
eingeführt wurde. Nach Beendigung der 
Kriege 1816 aufgehoben, wurde sie im Zu- 
sammenhange mit der Aufhebung der Korn- 
zölle 1842 wieder eingeführt und besteht seit- 
dem ununterbrochen fort. 
Auch in Preußen tritt die E. zuerst als 
vorübergehender Aotbehelf zur Dechung der 
aus dem Kriege 1806/07 erwachsenen Lasten, 
und zwar provinziell verschieden gestaltet, auf. 
Ebenso bestand sie neben einer Vermögens- 
steuer nur vorübergehend 1812—1814, veranlaßt 
durch die Abzahlung der Kriegskontribution 
an Frankreich und die aus dem Durchmarsch 
der franz. Armee nach Rußland für Preußen 
erwachsenden Lasten. Infolge ihrer Gestaltung 
bedeutete sie einen finanziellen Mißerfolg 
und erregte allgemeine Mißstimmung. Sie 
fand daher in das Steuerreformprogramm 
von 1820 Reinen Eingang (s. Klassensteuer), 
und erst 1847 schlug die BRegierung wieder 
die Einführung einer E. für die Einkommen 
von 400 Tlr. aufwärts, und zwar mit höheren 
Sätzen für fundiertes oder Besitz-, d. i. aus 
Grundbesitz, Gewerbebetrieb und Kapitalver- 
  
Einkommensteuer. 
mögen fließendes als für unfundiertes oder 
Arbeitseinkommen, sowie mit Detllarations- 
pflicht vor. Sie fand aber hiermit nicht die 
Billigung des Vereinigten Landtags (l. 
Verfassung, preußische), und auch 
ein zweiter 1849 gemachter Versuch scheiterte. 
Erst ein dritter führte mit dem G., betr. 
die Einführung einer Klassen= und 
klassifizierten E. vom 1. Mai 1851 (GS. 
193) zum Ziele. Die durch dieses Gesetz für 
die Einkommen über 3000 Ml. eingeführte E. 
war eine in ihrer Höhe zwischen fundiertem 
und unfundiertem Einkommen nicht unter- 
scheidende, gleichmäßig prozentuale (30% des 
höchsten in die nächstniedrige Steuerstufe 
treffenden Einkommensbetrages). Sie hat 
trotz ihrer großen Alängel, nur hier und da 
in einzelnen Punkten durch Novellen verbessert, 
neben der Klassensteuer für die Einkommen 
bis zu 3000 M., die aber sachlich seit dem G. 
vom 25. Mai 1873 sich ebenfalls als eine E., 
und zwar, je nachdem man sie für sich oder 
als Ganzes mit der E. betrachtet, als eine 
progressive oder degressive (s. Rlassensteuer) 
darstellte, bis zu dem von Micgquel vorgelegten 
Eink StGSö. vom 24. Juni 1891 (GS. 175) 
bestanden, obwohl andere deutsche Staaten, 
wie insbesondere Sachsen und Hamburg, längst 
mit vervollkommneteren E. vorangegangen 
waren. Das G. vom 24. Juni 1891 ham 
zuerst für die Veranlagung für das Steuerjahr 
1892/93 in Anwendung. Zu dem Gesetz ist 
vom FMl. eine AusfAnw. in ihrer jetzt gelten. 
den Fassung vom 6. Juli 1900 in Teil II und 
III für E. und Ergänzungssteuer gemeinsam 
erlassen. Augenblickhlich liegt dem Landtage 
eine Novelle zum EinkSt. zur Beratung vor. 
III. Das preuß. Eink StE. vom 24. Juni 
1891. A. Steuerpflicht. Die Steuerpflicht 
ist eine durch persönliche Beziehungen des 
Steuersubsekts zur Steuer'Staatsangehörigkeit, 
Wohnsitz, Aufenthalt) begründete, grundsätz- 
lich, aber nicht ausnahmslos unbeschränkte 
und eine durch sächliche (wirtschaftliche) Be- 
ziehungen zum Staat (Grundbesitz, Gewerbe- 
betrieb, Bezüge aus der Staatskasse) begrün- 
dete, auf das aus den diese Beziehungen 
begründenden Quellen fließende Einkommen 
beschränkte. Der unbeschränkten Steuer- 
pflicht unterliegen: 1. preuß. Staatsangehörigé, 
sofern und soweit nicht die Vorschriften des 
Doppelbesteuerungsgesetzes vom 13. Alat 1870 
entgegenstehen (s. Doppelbesteuerung 
und mit Ausnahme derjenigen, die ohne einen 
Wohnsitz in Preußen zu haben, sich seit mehr 
als zwei Jahren im Auslande dauernd auf- 
halten — auf Reichs= und Staatsbeamte, die 
ihren dienstlichen Wohnsitz im Ausland haben 
und dort zu entsprechenden Staatssteuern 
nicht herangezogen werden, findet indes diese 
Ausnahme heine Anwendung); 2. in Preuben 
wohnhafte oder sich aufhaltende Angehörige 
anderer deutschen Bundesstaaten, soweit da- 
Besteuerungsrecht nicht nach dem Doppe, 
besteuerungsgeseg einem andern Bundesstaate 
zusteht; 3. in Preußen wohnhafte oder 
des Erwerbes wegen oder länger als ein Zat- 
aufhaltende Reichsausländer mit den aß- 
gaben, die sich aus dem Staatsvertrage m
	        
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