Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Eisenbahnfrachtrecht — Eisenbahngarantiegesetz. 
(genehmigt durch preuß. G. vom 16. Dez. 1896 
— G. 215) mit den hess. Staatsbahnen ver- 
einigt; durch Staatsvertrag vom 14. Dez. 1901 
(genehmigt durch preuß. G. vom 7. Juli 1902 
— G. 297) ist den preuß.-hess. Staatsbahnen 
auch die Main-Aechar-Bahn angeschlossen, von 
der eine Streche im Großherzogtum Baden 
liegt. Die oberste Verwaltungsbehörde für 
dieses Fesamte Netz ist das preuß. Mdödl. 
III. Eisenbahnfinanzen. Die Einnahmen 
der E. dienen zunächst zur Bestreitung ihrer 
Ausgaben. Uber die Verwendung der Uber- 
schüsse der preuß. Staatsbahnen wird Bestim- 
mung getroffen durch das G. vom 27. Mai 
1882 über die Verwendung der Jahresüber- 
schüsse, die Verwaltung der Eisenbahnange- 
legenheiten (G 214 ff.) — vgl. Eisenbahn- 
garantiegesetz. Das G. vom 27. März 1882 
ist ergänzt und abgeändert durch das G. vom 
8. März 1897, betr. die Tilgung von Staats- 
schulden (ogl. Staatsanleihen IV), und das 
G. vom 3. Mai 1903 (GCS. 155 ff., betr. Bil- 
dung eines Ausgleichsfonds für die Eisenbahn- 
verwaltung (ovgl. Ausgleichsfonds). 
IV. Ausbau des Staatseisenbahn- 
netzes. Der Ausbau des Staatseisenbahn- 
netzes erfolgt meist durch Aebenbahnen, 
über deren Herstellung seit dem Jahre 1879 
fast in sedem Jahre besondere Gesetze erlassen 
sind. Der Bau erfolgt auf Kosten des Staates, 
doch haben in der Mehrzahl der Fälle die An- 
lieger zu den Baukosten durch unentgeltliche 
Stellung des Grund und Bodens beizutragen, 
oder sonstige, im Wege des Einzelfalles be- 
messene Geldbeiträge zu liefern. Bis zum 
Jahre 1905 sind 26 derartige Gesetze erlassen, 
durch die der Bau von 891 km staatlicher 
Hauptbahnen und 12302 km A-ebenbahnen 
sichergestellt ist, während der Staat außerdem 
an den Bau von 251 km Hauptbahnen und 
694 km Aebenbahnen, die von Privatgesell- 
schaften hergestellt sind, sich durch Beihilfe be- 
teiligt hat. Im Frühjahr 1906 ist dem Landtag 
wiederum der Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, 
iehn dem der Bau einer weiteren Anzahl von 
aupt= und Nebenbahnen vorgeschlagen wird. 
Eisenbahnfrachtrecht (internationales). 
Zwischen den Staaten Deutsches Beich, Oster- 
veich; Ungarn, Frankreich, Rußland, Italien, 
er Schweiz, Belgien, den Niederlanden und 
uremburg ist am 14. Okt. 1890 zu Bern 
En- Staatsvertrag abgeschlossen, durch den die 
Scchtsverhältnisse, die bei Beförderung von 
ebütern von einem Orte des Inlandes nach 
inem Orte des Auslandes entstehen, einheit- 
ich geregelt werden. 
i# . Dem Vertrag sind später 
* Königr. Dänemark und Rumänien 
lgetreten. Der Vertrag führt den Titel: 
Murnationales Ubereinkommen über den 
Teenbahnfrachtverkehr. Er besteht aus vier 
nebsänn 1. Ubereinkommen von 60 Artikeln 
n teiner Anlage, enthaltend die Liste der 
eindn ahnen, auf die das internationale Uber- 
beir iten Anwendung findet; 2. Reglement, 
terno errichtung eines Zentralamts für den in- 
a onalen Eisenbahntransport, 3 Artikel; 
nebst *r+d4 brungsbestimmungen, 11 Paragraphen 
Wicht * Anlagen, unter denen von besonderer 
gkeit sind die Frachtbriefformulare und 
  
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die Anl. 1, enthaltend Vorschriften über die 
bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen 
Gegenstände; 4. Protokoll (Schluͤßprotokoll) 
(RGBi. 1802, 793 ff.; 1896, 707 ff.). Das Uber- 
einkommen ist in deutscher und französischer 
Sprache abgefaßt. Der deutsche Text gilt in 
all den Ländern, in denen die deutsche Sprache, 
sei es allein, sei es neben anderen Sprachen, 
als Geschäftssprache gilt, als Urtext neben der 
französischen. Der Grundgedanke des inter- 
nationalen Ubereinkommens besteht darin, daß 
alle ihm unterworfenen Eisenbahnen rechtlich 
verpflichtet sind, nach jeder in einem anderen 
Vertragsstaat belegenen Station auf Grund 
eines internationalen Frachtbriefes Güter zu 
befördern. Die Bedingungen, unter denen die 
Beförderung erfolgt, sind fast durchweg und 
mit wenigen Abweichungen dieselben, wie die 
im Deutschen Reiche auf Grund des HGB. und 
der Eisenbahnverkehrsordnung (s. d.) bestehen- 
den. Auch das interne Frachtrecht der übrigen 
Vertragsstaaten stimmt in allen Hauptpunkten 
mit dem internationalen Ubereinkommen über- 
ein. Außerdem enthält das internationale 
Ubereinkommen in Art. 23 u. 47—58 Bestim- 
mung darüber, in welcher Art die durch die 
internationalen Transporte begründeten Ge- 
meinschaftsverhältnisse aufgelöst werden. Zur 
Vermittlung des Verkehrs zwischen den Ver- 
tragsstaaten ist ein besonderes Zentralamt 
für den internationalen Eisenbahn- 
transport in Bern errichtet worden. Das 
internationale Ubereinkommen ist zunächst auf 
drei Jahre abgeschlossen, die Geltungsdauer ver- 
längert sich um je drei Jahre, wenn nicht einer 
der Vertragsstaaten rechtzeitig kündigt. Es ist 
ferner vorgesehen, daß alle drei Jahre eine 
Konferenz zur Beratung über eine etwaige 
Revision des Ubereinkommens zusammentritt, 
und daß zu diesem Zweck auch außerordent- 
liche Konferenzen einberufen werden Bönnen. 
Eine derartige außerordentliche Konferenz fand 
1893 in Bern, die erste ordentliche Konferenz 
1896 in Paris, die zweite 1905 in Bern statt. 
Die Beschlüsse der letzten Konferenz, in denen 
nur Anderungen einzelner Bestimmungen vor- 
geschlagen werden, sind von den Vertrags- 
staaten noch nicht genehmigt. 
Eisenbahngarantiegesetz ist die übliche Be- 
zeichnung für das Gesetz, betr. die Ver- 
wendung der Jahresüberschüsse der 
Verwaltung der Eisenbahnangelegen- 
heiten, vom 27. Mai 1882 (GS. 214). Das- 
selbe verdankt seine Entstehung einer BResolu- 
tion, die das Abgeordnetenhaus aus Anlaß 
der ersten Eisenbahnverstaatlichungen beschloß, 
um etwaigen Gefahren für die Staatsfinanzen 
vorzubeugen, die sich aus dem Anwachsen der 
Staatsschulden infolge der Verstaatlichungen 
und dem Fehlen einer Zwangstilgung der 
Staatsschuld (ogl. Staatsanleihen IV) sowie 
aus der schrankenlosen Inanspruchnahme der 
Eisenbahnüberschüsse für allgemeine Staats- 
zwecke ergeben könnten. 
Das E. schreibt die Verwendung der Uber- 
schüsse der Eisenbahnverwaltung in folgender 
Reihenfolge vor: 1. zur Verzinsung der jewei- 
ligen Staatseisenbahnkapitalschuld, d. i. der 
gesamten am 1. April 1880 vorhandenen Staats-
	        
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