Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Entschädigung bei Quartier= und Aaturalleistungen — Entschädigung bei Viehseuchen. 443 
ist indessen, daß die vorhandenen, von der 
Baufluchtlinie getroffenen Gebäude abge- 
brochen werden (Ro Z. 28, 271; 34, 252; Pr B- 
Bl. 2, 214). 
III. Der Grundstüchseigentümer kann die 
Ubernahme des ganzen Grundstüchs ver- 
langen, wenn dieses durch die Fluchtlinienfest- 
setzung entweder ganz oder soweit in Anspruch 
genommen wird, daß das Restgrundstück nach 
den baupolizeilichen Vorschriften des Ortes 
Hien Feir zur Bebauung geeignet ist (# 14 
. 3). 
IV. Für die Feststellung der Entschädi— 
gungen kommen die 8§ 24 ff. des Enteignungs- 
gesetzes vom 11. Juni 1874 (G S. 221) zur An- 
wendung (8 14 a. a. O.). Streitigkeiten 
über die Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs 
gehören zur gerichtlichen Entscheidung. Die 
Entschädigungen sind, soweit nicht ein aus be- 
sonderen Rechtstiteln dazu Verpflichteter dafür 
aufzukommen hat, von der Gemeinde aufzu- 
bringen, innerhalb deren Bezirk das betreffende 
Grundstück liegt (8 14 a. a. O.). 
V. Die Frage, ob eine abzutretende Grund- 
fläche als Baugelände (Bauplatz) abzuschätzen 
ist, hat die Judikatur dahin beantwortet, daß 
ein Grundstück, welches vor Festsetzung der 
Fluchtlinie bereits die Eigenschaft eines 
Bauplatzes besaß, auch bei einer erst später 
erfolgenden Enteignung als Baugelände 
zu entschädigen ist, auch wenn es durch die 
Fluchtlinienfestsetzung die Eigenschaft als Bau- 
grundstück verloren hat (OV. 8, 237; Pr= 
Bl. 18 S. 218, 303; 19, 113). Dagegen soll 
eine Grundfläche, die erst infolge der 
Fluchtlinienfestsetzung Baugelände ge- 
worden ist, zwar unter Berüchsichtigung der 
Wertsteigerung, die aus Anlaß der durch die 
Fluchtlinienfestsetzung herbeigeführten fortschrei- 
tenden Bebauung für alle Grundstücke der 
betreffenden Gegend eingetreten ist, aber nicht 
als Bauland entschädigt werden (Pr VBl. 
11, 338; 14 S. 212, 360; 19, 437). Dabei 
sind die zur Straße gezogenen Grundflächen, 
soweit es sich um ihre Eigenschaft als 
Bauland handelt, nach dem Werte abzu- 
schätzen, den sie zur Zeit der Enteignung 
als Bauland haben würden, wenn die 
Fluchtlinienfestsetzung nicht erfolgt wäre (R. 
vom 11. Nov. 1902 — Pr Bl. 24, 489 — und 
vom 9. Dez. 1902 — Pr VBl. 24, 587). Früher 
nahm das R. an, daß diesen Falles die 
Höhe der Entschädigung nach den Berhält- 
nissen zur Zeit der Fluchtlinienfest- 
setzung zu bemessen sei (RG. vom 1. März 
1901 — Pr VWBl. 22, 469). 
Entschädigung bei Quartier= und Natu- 
ralleistungen s. Kriegsleistungen, Quar- 
tierleistung, Naturalleistungsgesetz und 
Flurschäden. 
Entschädigung für Strafe und Unter- 
suchungshaft. Reben den Ansprüchen, welche 
nach dem bürgerlichen Rechte durch die Straf- 
justiz infolge eines Verschuldens Geschädigte 
gegen den Richter, den Staat und dritte Per- 
sonen haben (ogl. BE. 88 31, 89, 823, 
824, 826, 839, 840; EGBGB. Art. 77), geben 
das G., betr. die Entschädigung der im 
Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Per- 
  
sonen, vom 20. Mai 1898 (Röl. 345) und 
das G., betr. die Entschädigung für unschul- 
dig erlittene Untersuchungshaft, vom 14. Juli 
1904 (R#l. 321), zu denen die Allg Vf. vom 
22. Nov. 1898 (JMil. 280) und vom 27. Aug. 
1904 (JMl Bl. 239) ergangen sind, einen An- 
spruch auf Entschädigung ohne jedes Ver- 
schulden lediglich wegen der bloßen Tatsache 
der eingetretenen Schädigung. Dieser An- 
spruch ist gegenüber dem Staate vorhanden 
und teilweise im Rechtswege geltend zu machen. 
Außer demjenigen, der mit Strafe belegt bzw. 
in Untersuchungshaft genommen worden ist 
und nachher die Freisprechung, geringere Be- 
strafung oder Außerverfolgungssetzung für sich 
erlangt hat, haben den Anspruch auch die, 
denen gegenüber der Verletzte Rraft Gesetzes 
unterhaltungspflichtig war. Verpflichteter ist 
der Fiskus desjenigen Bundesstaates, bei 
dessen Gerichte das Verfahren in erster In- 
stanz anhängig war, in den zur Zuständig- 
keit des Reichsgerichts in erster Instanz |e. 
hörigen Sachen der Reichsfiskus. Beide Ge- 
setze haben ein strafgerichtliches Verfahren zur 
Voraussetzung, gelten also nicht für ein polizei- 
liches Strafverfügungsverfahren als solches 
und für ein Disziplinarverfahren. Uber die 
Entschädigung der durch ein Militärgericht zu 
Unrecht Bestraften verhalten sich die 88 465 
bis 468 MSt GO. vom 1. Dez. 1898 (REl. 
1189); die Entschädigung der Militärpersonen 
für Untersuchungshaft ist in dem G. vom 
14. Juli 1904 mitbehandelt. Im Konsular- 
gerichtsverfahren Kommt das G. vom 20. Mai 
1898 ebenfalls zur Anwendung (Konsular- 
erichtsgesetz vom 7. April 1900 — REBl. 213— 
¾ 71); das G. vom 14. Juli 1904 gilt auch bei 
den zur Zuständigkeit der Konsulargerichte 
gehörigen Sachen E 11). Für die Schutz- 
truppengerichte sind § 4 des G. vom 7./18. Juli 
1896 (Röl. 653) und V. vom 6. Nov. 1904 
(Roöl. 441) maßgebend. 
Entschädigung bei Viehseuchen. I. Nach 
§ 2 des Rinderpestgesetzes vom 7. April 
1869 (BEBl. 105) gehören zu den von den 
zuständigen Verwaltungsbehörden bei Aus- 
bruch der Rinderpest oder bei Rinderpestge- 
fahr zu ergreifenden Maßregeln u. a. die 
Tötung von Tieren und die Vernichtung gift- 
fangender Gegenstände, nötigenfalls auch von 
Transportmitteln, Gerätschaften u. dgl., ferner 
die Enteignung des Geländes für die zum 
Verscharren getöteter Tiere und giftfangender 
Dinge nötigen Gruben (ogl. auch 88§ 8, 25 ff. 
der rev. Instr. zu dem genannten G. vom 9. 
Juni 1873 — REl. 147). Aach § 3 desselben 
Gesetzes ist für die auf Anordnung der Behörde 
getöteten Tiere, vernichteten Sachen und ent- 
eigneten Plätze sowie für die nach rechtzeitiger 
Erfüllung der Anzeigepflicht (s. d.) gefallenen 
Tiere der durch unparteiische Sachverständige 
festzustellende gemeine Wert aus der BReichs- 
kasse zu vergüten. Für Vieh, das innerhalb 
von zehn Tagen nach der Einfuhr aus dem 
Auslande fällt, kann Reine Entschädigung be- 
ansprucht werden. 
II. Die Tötung seuchekranker oder verdäch- 
tiger Tiere in bestimmten anderen Fällen 
gehört nach dem Viehseuchengesetze vom 23.Juni
	        
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