Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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ihren Inhabern Sitz und Stimme im Herren- 
hause gewähren (s. Landesämter). 
Erbauungsschriften. Der gewerbsmäßige 
Vertrieb von E. unterliegt seit Erlaß der 
GewO. nicht mehr besonderen gesetzlichen Vor- 
schriften, sondern bestimmt sich nach den den 
Vertrieb von Druchschriften allgemein regelnden 
Bestimmungen (s. daher Druckhschriftenver- 
breitungund Druckschriftenkolportage). 
Die namentlich durch die Bibelgesellschaften 
erfolgende Verteilung von Bibeln und E., 
welche unentgeltlich oder gegen eine nur die 
Anschaffungskosten dechende Vergütung er- 
folgt, ist nicht als Gewerbebetrieb anzusehen 
(Erl. vom 27. Jan. 1871 — AMl. 117). Hier- 
zu bedarf es daher weder eines Wander- 
gewerbescheins, noch der Zahlung der Hausier- 
steuer. 
Erbbaurecht. Das E. des BEs . ist eine 
Fortbildung des römisch-rechtlichen Instituts 
der superkicies. Das E. ist ein selbständiges 
dingliches Recht an einem Grundstücke, dessen 
Inhalt dahin geht, auf oder unter der Ober- 
fläche des Grundstüchs ein Bauwerk zu haben, 
es ist vererblich und veräußerlich (BE#B. 8 1012). 
Für das E. gelten nach § 1017 die sich auf 
Grundstückhe beziehenden Borschriften, es Kkann Fi 
also selbständig mit Hypotheken, Grundschul- 
den und Rentenschulden belastet werden. Die 
Vereinbarung über Bestellung eines E. muß 
bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor 
dem Grundbuchamt erklärt werden (6 1015). 
Das E. erlischt nicht dadurch, daß das Bau- 
werk untergeht (§ 1016), die Beschränkung 
des E. auf einen Teil eines Gebäudes, ins- 
besondere ein Stochwerb, ist unzulässig (8 1014). 
Die volkswirtschaftliche Bedeutung des 
liegt in der Teilung des Eigentums am GErund- 
stüch von dem am Gebäude. Der Grundeigen- 
tümer behält sein Eigentum unter der Be- 
schränkung, ein Gebäude der vertragsmäßig 
bestimmten Art zu dulden, der Erbbauberech-- 
tigte hat den Vorteil einer gesicherten und für 
den Realkredit unterlagefähigen Rechtsstellung, 
aber der künftige Wertzuwachs des Grund 
und Bodens kommt ihm nur in beschränktem 
MAlaße zugute, denn die bauliche Ausnutzung 
des Grundstücks ist ihm nur in der vertrags- 
mäßig bestimmten Grenze gestattet. Die Grund- 
erwerbskosten stellen sich also erheblich nie- 
driger als bei der Erwerbung zu freiem Eigen- 
tum. Daraus ergibt sich die Bedeutung des 
E. für das Wohnungswesen. Besonders 
geeignet erscheint das E. für den Fall, daß 
ein öffentlicher Verband oder ein größerer 
Arbeitgeber in gemeinnütziger Absicht ihm ge- 
hörige, dinglich nicht belastete Grundstücke der 
Bebauung für bestimmte Zwecke (Arbeiter-, 
Beamtenwohnungen) erschließen will, aber 
ohne dem Erwerber für khünftige Zeiten die 
freie spehulative Ausnutzung des Grund und 
Bodens zu überlassen. In dieser Weise ist 
besonders die Stadt Frankfurt a. Ml. vor- 
gegangen, indem sie aus ihren Mitteln den 
Erbbauberechtigten zugleich einen Teil der 
Baugelder gegen eine auf das E. einzutra- 
gende Hypothek gewährt. Im übrigen wird 
hier und anderwärts durch Bildung von Erb- 
baugenossenschaften die Beschaffung der Bau- 
  
Erbauungeschriften — Erbschaftssteuer. 
gelder vermittelt. Geringer ist die Bedeutung 
des E. für hypothekenbelastete Grundstücke, 
weil die Rechte der eingetragenen Gläubiger 
durch die Begründung eines E. nicht berührt 
werden. Immerhin ist wenigstens bei öffent- 
lichen Kreditinstituten die freiwillige Ein- 
räumung eines Vorrechts zugunsten des Erb- 
bauberechtigten nicht ausgeschlossen (ogl. den 
im Artikel Arbeiter lland= und forstwirt- 
schaftlichet wiedergegebenen Beschluß des Ge- 
nerallandtages der ostpreuß. Landschaft vom 
11. Febr. 1904). Die Annahme, daß die Rechte 
der eingetragenen Grundstücksgläubiger die 
erst auf Grund des E. errichteten Gebäude 
nicht ergreifen, ist rechtlich zweifelhaft (ogl. 
Gerlach, Die Förderung des Baues von 6 
beiterwohnungen auf dem Lande, in Annalen 
des Deutschen Reichs 1903, 857). S. auch Auf- 
lassung, Dienstbarkeiten I, Hypotheken 
und Hypothebenwesenl, Juristische Per- 
sonen IV, Mündelgelder I und Notare l. 
Erbbegräbnisse s. Begräbnisplätze VI. 
Erbkuxe s. RKuxe. 
Erblose Verlassenschaften. Ist zur Zeit 
des Erbfalls weder ein Verwandter noch ein 
Ehegatte des Erblassers vorhanden, so ist der 
skus des Bundesstaats, dem der Erblasser 
zur Zeit des Todes angehörte, gesetzlicher Erbe; 
mehrere hiernach berechtigte Bundesstaaten 
teilen zu gleichen Anteilen. Dieses gesetzliche 
Erbrecht findet indes nur soweit statt, als 
nicht eine Erbeseinsetzung oder ein Vermächt- 
nis entgegensteht, und erst wenn gerichtlich 
festgestellt ist, daß ein anderer Erbe nicht vor- 
handen ist. Der Fishus kann die Erbschaft 
nicht ausschlagen. Das Erbrecht des Fishus 
E. wird ausgeschlossen durch dasjenige der Armen- 
usw. Anstalt, in der der Erblasser bis zu 
seinem Tode unentgeltlich verpflegt, und bis 
auf Höhe der geleisteten Unterstützungen auch 
durch dasjenige der Anstalt, von der er unter- 
stützt worden ist (BEB. §§ 1936, 1942, 1964 
bis 1966, 2011, 2104, 2149; AL R. II, 16 § 22; 
19 §§ 50—75). 
Erbpacht ist durch die Ablösungsgesetzgebung 
des Jahres 1850 aufgehoben (s. Agrargesetz- 
gebung). Einen gewissen Ersatz dafür bietet 
das Rentengut (s. Rentengüter). 
Erbschaftegut. Gebrauchte Sachen, die er- 
weislich als E. eingehen, bleiben nach 8 6 Ziff. 5 
des Zoll TG. auf besondere Erlaubnis zollfrei. 
Diese Erlaubnis ist nach Teil II Ar. 13 der 
Anleitung für die Zollabfertigung (s. Anl.) 
von derjenigen Direktiobehörde zu erteilen, 
in deren Bezirk der Erbe seinen Wohnsitz hat. 
Erbschaftssteuer. I. Allgemeines. Die E. 
gehört zu den indirekten Steuern, und zwar zu 
den Verkehrssteuern (Indirekte Steuern). 
Der Vermögensverkehr von Todes wegen bildet 
die Grundlage für ihre Erhebung. Man unter- 
scheidet eine allgemeine und eine beschränkte 
E., je nachdem ob jeder Vermögensverkehr 
von Todes wegen ohne Rüchksicht auf den 
Grad der Verwandtschaft zwischen Erblasser 
und Erben besteuert oder ob lediglich die Ver- 
erbung in der Seitenlinie zum Gegenstand 
der Besteuerung gemacht wird (sog. Kollate- 
ratensteuer). Die E. wurde früher ebenso wie- 
die Steuer vom Vermögensverkehr unter Leben-
	        
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