454
wege zulässig. Dieselbe ist an den Provinzial-
steuüerdirektor und gegen dessen Entscheidung
an den FM. zu richten. Die Verhandlungen
in Erbschaftssteuersachen (auch in der Be-
schwerdeinstanz) sind kosten= und stempelfrei.
Doch sind die Steuerpflichtigen zur Tragung
des durch die Verhandlungen mit ihnen er-
wachsenden Portos verbunden (§ 49). Zu Un-
recht erhobene Erbschaftssteuerbeträge werden
erstattet, auch ist der Rechtsweg zulässig.
Die RKlage auf Rüchzahlung der E. ist binnen.
sechs Monaten nach geleisteter Zahlung —
eines Vorbehaltes dabei bedarf es nicht —
oder erfolgter Beitreibung zu erheben (Erb StG.
§ 42 Abs. 1; G., betr. die Erweiterung des
Rechtsweges, vom 24. Mai 1861 — GS. 241 —
§§ 11, 12). Wird die Rückzahlung infolge eines
nach der Steuerfestsetzung eingetretenen Er-
eignisses verlangt, so ist die Klage binnen
Jahresfrist nach Eintritt des Ereignisses zu
erheben (§ 42 Abs. 2). Die Klage ist gegen
den Steuerfiskus zu richten. Die E. ver-
jährt in zehn Jahren nach Ablauf des
Kalenderjfahres, in dem der steuerpflichtige An-
fall erworben oder die letzte amtliche, auf Er-
mittlung der Steuer gerichtete Handlung vor-
genommen ist. Bereits zur Hebung gestellte
Erbbeträge verjähren in vier Jahren nach Ab-
lauf des Kalenderjahres, in dem die Zahlungs-
frist endet bzw. die letzte auf Beitreibung der
Steuer gerichtete amtliche Handlung vorge-
nommen worden ist. Die Verjährung sicher-
gestellter Steuerforderungen kann nicht vor
Ablauf des Jahres beginnen, in dem die
Sicherheit erloschen ist (§ 50). 4%
1) Strafbestimmungen. Das Gesetz unter-
scheidet zwischen Erzwingungs= und Steuer-
strafen. Als Strafart Kommt nur die Geld-
strafe in Betracht, deren Umwandlung in Frei-
heitsstrafe im Falle des Zahlungsunvermögens
nicht zulässig ist und zu deren Beitreibung
nur mit Zustimmung des Verurteilten, sofern
dieser ein Inländer ist, die #angverstelger
rung eines Grundstücks erfolgen darf (§ 47).
Erzwingungsstrafen sind zulässig, wenn
nach erfolgter Einreichung des Nachlaßver-
zeichnisses und der Erbendeklaration der Auf-
forderung des Erbschaftssteueramts zur Er-
gänzung, Auskunfterteilung, Vorlage von
Urkunden und Beweismitteln nicht Folge ge-
leistet wird. Erzwingungsstrafen setzt das Erb-
schaftssteueramt durch einfache Verfügung fest;
auch ist im Einzelfall eine mehrmalige Straf-
festsetzung zulässig, jedoch mit der Maßgabe,
daß für den Einzelfall der Gesamtbetrag der
Strafen 60 M. nicht übersteigen darf. Gegen
die Strafverfügung des Erbschaftssteueramts
findet die an eine Frist nicht gebundene Be-
schwerde an den Provinzialsteuerdirektor und
gegen dessen Entscheidung an den JFMl. statt
38 Abs. 3). Steuerstrafen droht das
esetz an für denjenigen, welcher 1. die gesetz-
liche Verpflichtung zur Anmeldung eines steuer-
pflichtigen Anfalles oder zur Vorlegung des
Aachlaßverzeichnisses und der Erbendeklara-
tion nicht rechtzeitig erfüllt (& 43); 2. wissent-
lich zu einem steuerpflichtigen Anfalle gehörige
Gegenstände, zu deren Angabe er verpflichtet
ist, verschweigt oder über die Tatsachen, welche
Erbschaftssteuerämter — Erbschein.
die Steuerpflichtigkeit, die Höhe des Steuer-
satzes oder des Steuerbetrages bestimmen,
wissentlich unrichtige Angaben macht (§ 44);
3. der Verpflichtung zur Abgabe der eides-
stattlichen Versicherung auf wiederholte Auf-
forderung nicht rechtzeitig genügt (§ 45). Die
Strafen zu 1 und 2 bestehen in einer dem
doppelten Betrage der E. gleichkommenden
Geldstrafe und, wenn der Betrag der E. nicht
ermittelt werden kann, in einer Geldstrafe bis
zu 3000 M. Ist die Hinterziehung der E.
nicht beabsichtigt, so tritt an Stelle der vor-
gedachten Geldstrafe eine Ordnungsstrafe bis
zum Betrage von 150 Ml. Zu 2 tritt Straf-
freiheit ein, wenn der Pflichtige auf erforderte
eidesstattliche Versicherung seine Angaben be-
richtigt. Auch fällt die Bestrafung fort, wenn
die Täuschung mittels Urkundenfälschung oder
eidesstattlicher Versicherung unternommen ist
und wegen dieser Vergehen Bestrafung ein-
tritt. Zu 3 beträgt die Strafe 75—3000 M.
Die Festsetzung der Strafen zu 1—3 erfolgt
im Wege des Verwaltungsstrafverfahrens (s. d.)
mit der Maßgabe, daß zu 1 und 2 auch das
Erbschaftssteueramt ohne vorgängige Einleitung
eines Strafverfahrens die gegebenenfalls an
Stelle der Steuerstrafe tretende Ordnungs-
strafe bis zur Höhe von 60 Al. durch förm-
bcen Pralfbescheld festsetzen kann (88 48, 43
s. 3).
III. Statistisches. Die Einnahmen aus
der E. haben betragen im Rechnungsjahre
1900 10602278 M., 1901 10171514 M., 1902
10530 192 Ml., 1903 11053875 M., sie haben
sich also in den letzten Jahren auf durch—
schnittlich 10—11 Mill. M. belaufen. Im Vor-
anschlag für die Rechnungsjahre 1904 und 1905
ist die E. mit einer Solleinnahme von 11 Mill.
M. eingestellt.
IV. Schlußbemerkung. Wegen der Ver-
änderungen, welche bei der E. infolge der Re-
form des Reichsfinanzwesens bevorstehen vgl.
Reichsfinanzwesen unter III.
Erbschaftssteuerämter s. Steuerbeamte
und Behörden der indirekten Steuer-
verwaltung.
Erbschein. I. Ein Erbe kommt oft in die
Lage, sich als solchen Dritten gegenüber oder
vor Gericht und anderen Behörden ausweisen
u müssen. Nacchddeem das römische und gemeine
echt sowie das AL. in dieser Beziehung
nur mangelhafte Einrichtungen gehabt hatten,
führte das G. vom 12. März 1869 (GS. 473)
für den Fall der gesetzlichen Erbfolge die Erb-
bescheinigung ein. Jetzt kann die Legitimation
eines Erben sowohl bei der gesetzlichen Erb-
folge wie bei der auf Grund einer Ver-
fügung von Todes wegen durch einen E. ge-
führt werden (BEB. §8§ 2353—2370). Im letz-
teren Falle wird dem Dritten oder der Be-
hörde die Prüfung erspart, ob die Verfügung
gültig, sie die einzige hinterlassene ist usw.
Ein Becht der Erbschaftsschuldner, die Zahlung
zu verweigern, bis sich die Erben durch Vor-
legung eines E. legitimieren, besteht jedoch
nicht, und ein Satz, daß der Nachweis des
Erbrechts den Schuldnern gegenüber nur durch
einen E. geführt werden könne, ist im Bes.
nirgends ausgesprochen, namentlich nicht aus