Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Erbschulzen und Erbschulzengüter — Erdöl. 
dessen Bestimmungen über die Wirkung des 
E. zu folgern (RGZ. 54, 343). 
II. Der E. ist ein dem Erben auf Antrag 
vom Nachlaßgericht ausgestelltes Zeugnis über 
sein Erbrecht und, wenn er nur Miterbe ist, 
über die Größe seines Erbteils. Ist ein Testa- 
mentsvollstrecker ernannt, so ist auch dies in 
dem E. anzugeben. Für mehrere Erben ist 
auf Antrag eines jeden derselben ein gemein- 
schaftlicher E. zu erteilen. Der Antrag auf 
Erteilung eines E. muß die näheren Umstände 
enthalten: Zeit des Todes des Erblassers, Be- 
rufungsgrund, Angaben darüber, ob und welche 
Verfügungen von Todes wegen vorhanden 
sind und ob ein Rechtsstreit über das Erbrecht 
anhängig ist, sowie über Vorhandensein oder 
Wegfall von Personen, durch die der Antrag- 
steller von der Erbfolge ausgeschlossen oder 
sein Erbteil gemindert sein würde. Diese An- 
gaben sind durch öffentliche Urkunden oder die 
betreffende Verfügung von Todes wegen zu be- 
weisen bzw. durch eine gerichtliche oder nota- 
rielle eidesstattliche Versicherung zu bekräf- 
tigen, daß dem Antragsteller nichts bekannt 
sei, was der Richtigkeit seiner Angaben ent- 
gegenstehe. Tatsachen, die bei dem Nachlaß-= 
gericht offenkundig sind, bedürfen keines Nach— 
weises. Statt der Urkunden genügen unter 
Umständen andere Beweismittel. Die eides- 
stattliche Versicherung kann vom Nachlaßgericht 
erlassen werden. Dieses hat von Amts wegen 
die Angaben zu prüfen und die zur Fest- 
stellung der Tatsachen erforderlichen Ermitt- 
lungen und Beweiserhebungen zu veranstal- 
ten; es kann eine öffentliche Aufforderung 
zur Anmeldung von Erbrechten ergehen lassen. 
Es soll, wenn ein Rechtsstreit anhängig ist, 
den Gegner und, wenn das Erbrecht nicht 
durch eine öffentliche Urkunde, sondern durch 
ein eigenhändiges Testament oder andere Be- 
weismittel nachgewiesen ist, den dadurch aus- 
geschlossenen Erben tunlichst vorher hören. 
Unrichtige E. sind einzuziehen oder, wenn 
dies nicht möglich ist, für kraftlos zu erklären. 
Der E. begründet einmal die Vermutung, daß 
dem darin als Erbe Bezeichneten das an- 
gegebene Erbrecht zustehe, und daß er nicht 
durch andere als die angegebenen Anordnungen 
beschränkt sei. Sodann gilt sein Inhalt zu- 
gunsten dritter Personen, die mit dem Erb- 
scheinsträger Rechtsgeschäfte irgendwelcher Art 
vorgenommen oder an ihn geleistet haben, als 
richtig, d. h. es treten die Rechtswirkungen 
ein, als ob dies gegenüber dem wahren Erben 
geschehen wäre, außer wenn ihnen bekannt ist, 
daß der E. unrichtig ist, oder daß das Aach— 
laßgericht seine Rüchgabe wegen Unrichtigkeit 
verlangt hat. Auch bei auswärtigen Erb- 
schaften Kkann für die im Inlande befindlichen 
Gegenstände ein E. verlangt werden. An 
Stelle eines Erben kann die Erteilung des E. 
auch von dessen Gläubiger verlangt werden, 
sofern dieser des E. zum Zweck einer Zwangs- 
vollstreckung, z. B. behufs Eintragung einer 
Zwangshypothek auf ein vom Schuldner er- 
erbtes Grundstüch, bedarf (ZPO. § 792). Eine 
Usfertigung des erteilten E. kann jeder ver- 
langen, der ein rechtliches Interesse glaubhaft 
macht (FGG. 8 85). Diese Ausfertigung unter- 
  
455 
liegt dem Stempel von 1,50 Ml. nach LSt. 
Tarif Nr. 10, während sonst kein Stempel er- 
hoben wird (PrGKG. 8 29 Abs. 1). 
Erbschulzen (Lehnschulzen, Freischul- 
zen) und Erbschulzengüter. Erbschulzen wur- 
den im Gegensatz zu den von dem Grundherrn 
ernannten Setzschulzen und den von der Ge- 
meinde gewählten Schulzen die Gemeindevor-= 
steher in den Landgemeinden genannt, die ihr 
Amt als Zubehör eines in ihrem Besitze be- 
findlichen Schulzenguts zu verwalten hatten. 
Die Verpflichtung zur Verwaltung des Schulzen- 
amts war eine Reallast des Schulzenguts 
(Freischulzerei)h. Im Fall seiner persönlichen 
Untauglichkeit für das Amt hatte der Erbschulze 
für einen Stellvertreter zu sorgen. In den 
alten Provinzen, wo die Einrichtung der Erb- 
schulzereien ihren Boden gehabt hat, ist mit 
Ausnahme der Prov. Posen schon durch § 36 ff. 
Kr O. vom 13. Dez. 1872 die mit dem Besitze 
gewisser Grundstüche verbundene Berechtigung 
und Verpflichtung zur Verwaltung des Schulzen- 
amts aufgehoben worden. Infolgedessen traten 
auch die Festsetzungen außer Kraft, die früher 
bei Zerstüchelung eines Schulzenguts über die 
Verwaltung und Dotierung des Schulzenamts 
nach § 16 des G. vom 3. Jan. 1845 (G. 25) 
getroffen worden waren, und fielen die Grund- 
stüchke, Gerechtigkeiten und Einkünfte, die den 
Schulzengutsbesitzern erweislich von der Ge- 
meinde selbst für die Amtsverwaltung ver- 
liehen worden waren, an die Gemeinde zurüchk. 
Ebenso hörten die Vorrechte und Befreiungen 
auf, die dem Schulzengutsbesitzer für die Ver- 
waltung des Schulzenamts in Beziehung auf 
Kommunallasten, Kirchenlasten und Schullasten 
der Gemeinden oder deren Mitgliedern gegen- 
über zugestanden hatten. Die hierbei etwa er- 
forderliche Auseinandersetzung zwischen der Ge- 
meinde und dem Schulzengutsbesitzer wurde 
durch einen von dem KrA. ernannten Kommis- 
sarius bewirkt. Uber das Verfahren hierbei 
sind in den §§ 41—45 Kr O. und den 88 36—45 
MIInstr. vom 20. Sept. 1873 (MBl. 258) nähere 
Vorschriften erlassen worden. Die Kleichen 
Vorschriften sind durch §§ 92—101 LGO. vom 
3. Juli 1891 für die Prov. Posen getroffen wor- 
den, wo im Jahre 1871 noch 228 Gemeinden 
mit Freischulzengütern gezählt worden waren. 
Erbstammgüter s. Stammgüter. 
Erbstollen s. Bergbau. 
Erbuntertänigkeit aufgehoben zum Mrartini- 
tage 1810 durch das Ediht vom 9. Okt. 1807 
(HS. 170). S. Agrargesetzgebung und 
Gutsherrlich-bäuerliche Regulierungen. 
Erbvertrag s. Testamente I u. V. 
Erbverzicht s. Testamente I. 
Erdöl. I. Auf die Aufsuchung und Ge- 
winnung von E. finden nach dem G. vom 
6. Juni 1904 (GS. 105) folgende Bestimmungen 
des Allg. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 An- 
wendung: die & 58, 59 (Genehmigungspflicht 
der Dampfkessel und Triebwerke); die §§ 66—79 
(Betriebsplan, Grubenbild, Anstellung befähig- 
ter Leiter), die §§ 80—93 (Vertragsverhältnis 
zwischen Bergleuten und Unternehmer), die 
§8 187 ff. (Bergbehörden) und die §8 196—209 
(Erlaß bergpolizeilicher Vorschriften, Berfahren 
bei Unglüchsfällen, Ubertretungen bergpolizei-
	        
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