Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Apanagen, Renten, Leibrenten, Altenteile und 
andere periodische Autzungen und Leistungen 
werden nach ihrem Jahreswert und ihrer 
Dauer kapitalisiert, und zwar bildet den 
Kapitalwert: 1. bei immerwährender Dauer 
das 25 fache; 2. bei unbestimmter Dauer, falls 
nicht die Ziffern 3 oder 4 Platz greifen oder 
anderweite die längste Dauer begrenzende Um- 
stände nachgewiesen werden, das 12½ ache; 
3. bei auf die Lebenszeit einer Person be- 
schränkten Rechten, se nachdem das Lebensalter 
dieser Person zur Zeit der Veranlagung beträgt 
nicht mehr als 15, 15—25, 25—35, 35—45, 
45—55, 55—65, 65—75, 75—80 oder mehr als 
80 Jahre, der 18-, 17-, 16-, 14-, 12-, 8½-, 5-, 
3= oder 2 fache Jahreswert; 4. ist die Dauer 
von der Lebenszeit mehrerer Personen derge- 
stalt abhängig, daß das Recht beim Tode der 
zuerst versterbenden erlischt, so richtet sich die 
Bewertung nach dem Alter der ältesten dieser 
Personen unter Anwendung der Bestimmung 
zu 2, erlischt es beim Tode der zuletzt ver- 
sterbenden, nach dem Alter der jüngsten; 5. auf 
bestimmte Zeit beschränkte Autzungen und is 
Leistungen werden mit 4% Zinseszins ka- 
pitalisiert, wenn sie aber außerdem von der 
Lebensdauer einer oder mehrerer Personen ab- 
hängig sind, nur bis zu der sich aus Ziff. 3 
oder 4 ergebenden Höhe. Bei ihrem Jahres- 
werte nach nicht feststehenden Autzungen oder 
Leistungen ist von dem Geldwert im letzten 
Leistungsjahre, wenn aber eine volle Jahres- 
leistung noch nicht stattgefunden hat, von dem 
mutmaßlichen Geldwert für das laufende Jahr 
auszugehen. Vom Kapitalwert unverzinslicher 
befristeter Forderungen und Schulden werden 
für die Zeit bis zur Fälligkeit 4% Jahres- 
öinsen gekürzt. Noch nicht fällige Forderungen 
aus Lebens-, Kapital- und Rentenversich erungen 
kommen mit zwei Drittel der Einzahlungen an 
die Versicherung oder, falls der Rückkaufswert 
der Volice vom Steuerpflichtigen oder von 
der Veranlagungsbehörde nachgewiesen wird, 
mit diesem in Ansatz. Im übrigen bleiben bis 
zum Eintritt der Bedingung die ausschiebend 
bedingten Rechte und Lasten außer Ansatz, 
während die auflösend bedingten wie unbe- 
dingte behandelt werden; Entsprechendes gilt 
von Rechten und Lasten, die von einem Er- 
eignis abhängig sind, welches sicher eintreten 
muß und nur hinsichtlich des Seit unkts des 
Eintritts noch ungewiß ist (Erg St G. 88 9—16; 
AusfAnw. Art. 5, 7, 9, 11, 12, 15—17; ogl. 
auch die Artikel Grundvermögen, Kapi- 
talvermögen). 
C. Höhe der Steuer. Personen mit 
steuerbarem Vermögen von nicht mehr als 
6000 M. bleiben völlig steuerfrei; erst bei steuer- 
barem Vermögen von mehr als 20000 Ml. tritt 
die Steuerpflicht ein 1. für Personen, deren 
nach Aaßgabe des Eink St G. zu berechnendes 
Jahreseinkommen 900 M. nicht übersteigt, 
2. für weibliche Personen, die minderjährige 
Angehörige zu unterhalten haben, für vater- 
lose minderjährige Waisen und für Erwerbs- 
unfähige, sofern das Einkommen nicht mehr 
als 1200 Ml. beträgt. Für die über diese 
unteren Grenzen der Steuerpflicht hinaus- 
gehenden Vermögen ist die Steuer nicht, wie 
  
  
  
  
  
Ergänzungssteuer. 
die Einkommensteuer pro= oder degressiv, son- 
dern proportional. Sie beträgt grundsätzlich 
1½/2 vom Tausend des höchsten noch in die 
nächstniedrigere Stufe des Tarifs fallenden 
Vermögenswerts. Mit Rüchsicht darauf je- 
doch, daß die E. bestimmt war, den ander- 
weitig nicht gedechten, auf 35 Mill. M. be- 
rechneten Einnahmeausfall der Staatskasse 
durch die Außerhebungsetzung der Realsteuern 
zu decken, ist sie in der Weise kontingentiert, 
daß, wenn das erste Veranlagungssoll 35 Mill. 
Mark um mehr als 500 übersteigt oder um 
mehr als 5% dahinter zurückbleibt, die Steuer- 
sätze durch Kgl. Verordnung entsprechend zu er- 
mäßigen oder zu erhöhen sind, zu erhöhen jedoch 
nur, soweit der Ausfall nicht durch einen Mehr- 
ertrag der Einkommensteuer für 1895/96 über 
135 000 000 Ml. und durch die Zinsen der 
1892/93—1894/95 aufgekommenen Mieehrerträge 
der Einkommensteuer über 80 Mill. M. für 
1892/93 und bzw. über einen jährlich um 4% 
höheren Betrag gedecht wird; eine solche Er- 
mähigung bleibt für die Zukunft unbeschränkt 
in Kraft, eine Erhöhung nur, bis das Veran- 
lagungssoll 35 Mill. M. zuzüglich einer Stei- 
gerung von 4% für jedes auf 1895/96 folgende 
Steuerjahr erreicht. Da nun die erste Veran- 
lagung um mehr als 5% hinter 35 Mill. M. 
zurüchblieb, sind die Steuersätze durch V. vom 
25. Juni 1895 (GS. 265) um 5,2% erhöht 
worden. Diese erhöhten Steuersätze sind noch 
jetzt in Geltung. Wie bei der Einkommen- 
steuer, so findet auch bei der E. eine Berück- 
sichtigung besonderer Verhältnisse in Gestalt 
von Steuerermäßigungen statt: es werden 
nämlich alle Steuerpflichtigen, deren Vermögen 
32 000 M. nicht übersteigt, wenn sie einkom- 
mensteuerfrei veranlagt sind, mit höchstens 
3 Ml., wenn sie in den vier untersten Stufen 
zur Einkommensteuer veranlagt sind, höchstens 
mit einem um 2 M. unter dem Einkommen- 
steuersatz bleibenden Betrage zur E. herange- 
zogen. Außerdem kann Steuerpflichtigen mit 
Vermögen bis einschließlich 52 000 M., denen 
wegen besonderer wirtschaftlicher Verhältnisse 
eine Ermäßigung der Einkommensteuer ge- 
währt ist, auch eine solche der E., jedoch höch- 
stens um zwei Stufen gewährt werden (Erg- 
StG. §§ 17—19; AusfAnw. Art. 19—21). 
D. Die Veranlagung der E. erfolgt seit 
1. April 1899 für Perioden von je drei Bech- 
mungsjahren; vorher erfolgte sie je zweimal, 
1895/96 und 1896/97, für je ein, dann einmal 
für zwei Rechnungsjahre, 1897/98 und 1898/99 
(Erg t G. 8 37; . vom 31. Juli 1895 — GS. 
425 — und vom 31. Aug. 1896 — ES. 17,). 
Mit dieser Maßgabe findet sie gleichzeitig mit 
derjenigen der Einkommensteuer und unter 
sinngemäßer Anwendung der für diese gelten- 
den Bestimmungen durch die für diese gebildeten 
Veranlagungskommissionen statt. Eine Vor- 
einschätzung durch die Voreinschätzungskom- 
mission geht aber der Veranlagung der E. 
nicht voraus, dagegen eine Ermittlung und 
Begutachtung der Vermögenswerte durch einen 
„Schätzungsausschuß“, der aus dem Vorsitzen- 
den der Veranlagungskommission und minde- 
stens vier Mitgliedern besteht, von denen zwei 
durch die Regierung ernannt, die übrigen von
	        
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