Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften — Erziehungsanstalten. 
gung, doch ist ihr Begriff bei der Kranken-, 
Unfall= und Invalidenversicherung nicht der 
leiche. 
¾ ache angenversicherung. Das KVG. 
unterscheidet nicht zwischen völliger und teil- 
weiser E. (O. 44, 377). Erwerbsunfähig 
ist jeder, der infolge von Krankheit Rörperlich 
nicht fähig ist, Erwerbshandlungen vorzu- 
nehmen, ohne Rüchsicht auf etwaige andere 
Erwerbsquellen (Gehalt, Vermögen). Es ge- 
nügt die Unfähigkeit zur Vornahme der Be- 
rufsarbeiten. E. ist schon vorhanden, wenn 
die Unmöglichkeit vorliegt, die Erwerbstätig- 
keit ohne Verschlimmerung der Krankheit vor- 
zunehmen; sie kann auch vorliegen, wenn tat- 
sächlich gearbeitet wird (OV. 18, 355), oder 
nach Behebung der Krankheit infolge Siech- 
tums oder Rekonvalescenz (O##. 44, 375). 
E. ist nicht gleichbedeutend mit Erwerbslosig- 
heit (s. d.), sie begründet den Anspruch auf 
Krankengeld (s. d.). Für die Dauer der E. 
werden Beiträge nicht erhoben, auch dauert 
die Mitgliedschaft fort (K& VG. 8§ 54a). 
2. Unfallversicherung, Unfallfür- 
sorge. Die Unfallversicherungsgesetzgebung 
unterscheidet zwischen völliger und teilweiser 
Bei jener wird die Vollrente (s. Unfall- 
versicherung I)), bei dieser derjenige Teil 
der Vollrente gewährt, welcher dem Maße der 
durch den Unfall herbeigeführten Einbuße an 
Erwerbsfähigkeit entspricht (Teilrentel (GU BW#. 
&* 9; LU#. § 8; BuU . § 9; SU. 8U0P). 
Bei Beurteilung der E. eines Verletzten ist 
auf die besondere Art seiner Tätigkeit im Be- 
triebe zwar eine gewisse Rüchsicht zu nehmen, 
jedoch ist das bisherige Arbeitsfeld nicht allein 
maßgebend. Der Schaden besteht in der Ein- 
schränkung der Möglichkeit, auf dem ganzen 
wirtschaftlichen Gebiete nach seinen gesamten 
Kenntnissen und Börperlichen wie geistigen 
Fähigkeiten Verdienst zu erlangen (Handbuch 
der Unfallversicherung S. 165). 
3. Invalidenversicherung. E. im Sinne 
des Inv V. liegt vor, wenn die Erwerbsfähig- 
keit infolge von Alter, Krankheit oder an- 
deren Gebrechen auf weniger als ein Drittel 
herabgesetzt ist. Dies ist nach § 5 Abs. 4 dann 
anzunehmen, wenn der Betreffende nicht mehr 
imstande ist, durch eine seinen Kräften und 
Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, die ihm 
unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbil- 
dung und seines bisherigen Berufs — die 
Stellung des Ehemannes einer Rentenbewer- 
berin kommt nicht in Betracht (A. 21, 415) — 
zugemutet werden kann, ein Drittel desjenigen 
zu erwerben, was Rörperlich und geistig gesunde 
Personen derselben Art mit ähnlicher Ausbil- 
dung in derselben Gegend durch Arbeit zu 
verdienen pflegen. Das Vorhandensein bloßer 
Berufsinvalidität genügt also nicht (A#. 17 
S. 186, 428, 430; 19, 390; 20, 353). Eine 
biffermäßige Feststellung der Verdienstgrenze 
und des Alaßes der persönlichen Leistungs- 
Hähigneit ist nicht immer erforderlich (AU. 21, 
5n Der ortsübliche Tagelohn ist für die 
— der Verdienstgrenze nicht maß- 
8 end (AM. 21, 465). Zu berüchsichtigen 
0 auch eine vor dem Inbrafttreten der 
" ersicherungspflicht ausgeübte Tätigkeit. Als 
  
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bisheriger Beruf gilt derjenige Beruf, welchen 
der Rentenbewerber zuletzt bei einer im 
wesentlichen ungeschwächten Arbeitskraft aus- 
geübt hat (AMN. 19, 599). Unter Personen 
derselben Art mit ähnlicher Ausbildung sind 
gegenüber Werkmeistern nur Personen in 
gehobener Stellung, nicht etwa einfache Ar- 
beiter, und gegenüber Oberhäuern nur solche, 
nicht etwa gewöhnliche Bergarbeiter zu ver- 
stehen (AN. 18 S. 502, 682). Der Durch- 
schnittsverdienst eines nur auf seine Körper- 
kraft und die gewöhnlichen Arbeiten ange- 
wiesenen Tagelöhners bilden den niedrigsten 
zulässigen Betrag (AM. 18, 503). Unter der- 
selben Gegend ist ein räumliches Gebiet zu 
verstehen, innerhalb dessen für gleichartige 
Arbeiten im allgemeinen gleichmäßige Lohn- 
verhältnisse bestehen (AM. 19, 597). Es sind 
auch solche Arbeiten in Betracht zu ziehen, 
welche zwar bei Außerachtlassung der erforder- 
lichen Vorsicht oder infolge anderer besonderer 
zufälligen Umstände die Gesundheit der Ver- 
sicherten schädigen können, mit einer unmittel- 
baren Gefahr für seinen Körperzustand aber 
nicht verbunden sind (A. 18, 504). Beispiele 
von E. s. auch AM. 17, 430; 20, 353; 22, 277 
und Anl. des RVA. vom 6. Dez. 1905 (OMi. 
17) Ziff. S8. Bei dauernder E. wird die In- 
validenrente bei ununterbrochener E. während 
26 Wochen, für die weitere Dauer der E. die 
sog. RKrankenrente gewährt (Inv V. 8§ 15, 16). 
Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften 
s. Genossenschaften (Erwerbs= und 
Wirtschafts-)= und Genossenschaften 
(eingetragene). 
Erzieher, Erzieherinnen. Erzieher, Er- 
zieherinnen, Hauslehrer bedürfen nach §8 19 ff. 
StMInstr. vom 31. Dez. 1839 (MBl. 1840, 
94 ff.) eines Erlaubnisscheins der Regierung, 
welche ihn unfähigen und unwissenden Per- 
sonen versagen soll (AU 3Bl. 1859, 241; 1895, 
405), ohne verpflichtet zu sein, eine besondere 
Prüfung zu verlangen (U BBl. 1894, 593). Die 
Erzieher stehen unter Aufsicht der Schulauf- 
sichtsbehörde, welche insbesondere befugt ist, 
die von ihnen unterrichteten schulpflichtigen 
Kinder zu prüfen (U- ZBl. 1859, 241). Wegen 
der Invalidenversicherung der Erzieher und 
Erzieherinnen s. Lehrer und Lehrerinnen, 
Versicherungspflicht. " 
Erziehungsanstalten. I. Für jugendliche 
Personen im Alter von 12—18 Jahren, die 
nach § 56 StB. vom Strafrichter wegen 
Mangels der zur Erkenntnis der Strafbarkeit 
ihrer Handlung erforderlichen Einsicht freige- 
sprochen, aber nach dem Urteile in eine Er- 
ziehungs= oder Besserungsanstalt zu bringen 
sind, bestehen sechs [taatliche E.: Conrads- 
hammer bei Oliva, Wabern, St. Martin zu 
Boppard, Steinfeld, Gräfrath und Hardehausen 
bei Scherfede i. W., die dem Ald J. unterstehen, 
und denen bestimmte Einlieferungsbezirke zu- 
geteilt sind. Daneben gibt es noch provinzielle, 
z. B. in Strausberg und Schubin. Es müssen 
überhaupt alle diesenigen Kommunalverbände, 
denen die Fürsorgeerziehung obliegt, für die 
Errichtung der notwendigen Erziehungs= und 
Besserungsanstalten sorgen und für die Ver- 
waltung der von ihnen errichteten Anstalten
	        
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