Evangelische Landeskirche.
cantur“. Im allgemeinen war der Osten und
Norden vorwiegend lutherisch, während im
Westen sich (hauptsächlich infolge der französ.-
niederländ. Einwanderung) größere reformierte
Gemeinschaften bideten. Der bertritt des
Kurfürsten Johann Sigismund von Branden-
burg zum reformierten Bekenntnis (1613) blieb
für die Verbreitung desselben ohne Bedeutung.
Hatte schon der BReichsabschied von Speyer
1526 (Walch, Luthers Schriften 16, 268) sedem
Reichsstand gestattet, „in Sachen des Wormser
Edikts für sich also zu leben, zu regieren und
wu halten, wie ein jeder solches gegen Gott,
aiserlicher Masestät hoffen und vertraut zu ver-
antworten“, so geschah es in der Folgezeit noch
mehr, daß die Fürsten und BReichsstädte die
Kirchenregierung einrichteten und selbständig
gestalteten. Vorbildlich wurde in dieser Be-
ziehung die 1539 erfolgte Einsetzung des kur-
sächsischen Konsistoriums in Wittenberg, das,
aus Theologen und Juristen zusammengesetzt, an
die Stelle der bischöflichen Behörde trat. Für
die Marken erging die Visitations= und Kon-
sistorialordnung von 1573 (Mulius, C. C. M. 1,
1, 273), welche gleicherweise ein Konsistorium
einsetzte, dessen wichtigstes Glied (der General=
superintendent) für die Ordination der Geist-
lichen und für ihre Peaussichtigung sorgte und
sich dabei der Inspentoren Superintendenten)
in den einzelnen RKirchenkreisen (Diözesen) be-
diente. Ahnliche Einrichtungen wurden in Preu-
ßen 1577, in Pommern 1563 und nach der Be-
sitzergreifung Schlesiens für dieses 1742, nach
derjenigens Polens 1772 getroffen, für Magde-
burg 1685 — rev. 1739 — (Schön, Evangeli-
sches Kirchenrecht 1 S. 13—52). Im Gegen-
satz zu dieser unter der Bezeichnung „Kon-
sistorialverfassung“ bekannten Einrichtung
entwickelte ch das Kirchenwesen im Westen,
besonders in Jülich, Cleve, Berg, Mark und
Ravensberg zum Teil unter dem Einfluß der
Reformierten, aber auch in gleicher Weise für
die Lutheraner (Schön a. a. O. S. 52 ff.) im
Sinne einer Beteiligung der Gemeinden und
ihrer Vertretungen (Presbyterien; Synoden)
an der Kirchenverwaltung (Presbyterial-,
Synodalverfassung). Das Ad# hat hieran
wenig geändert. Die oberste Spitze bildet in den
landrechtlichen Provinzen der Landesherr und
das von ihm verordnete geistliche Departement
(A##t. II. 11 88 113, 145). Unter ihm stehen die
Konsistorien, welche die Rechte und Pflichten des
Bischofs in Kirchensachen ausüben (ALK. II, 11
88 143, 145). Eine noch vollständigere Verstaat-
lichung des Kirchenwesens wurde in der V. vom
26. Dez. 1808 (GS. 1806—1810, 464) versucht,
aber bald modifiziert, indem die durch diese
Verordnung beseitigten besonderen Kirchenbe-
hörden durch die V. vom 30. April 1815 wegen
verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden
S. 27) wieder hergestellt wurden. Die den
Konsistorien anfänglich zugewiesene Verwaltung
sämtlicher Schulangelegenheiten wurde ihnen
durch die Reg Instr. vom 23.Okt. 1817 betreffs
des Elementarschulwesens, durch die Kab O. vom
Dez. 1825 betreffs des höheren Schulwesens
wieder genommen, auch ihr Wirkungskreis
urch die Regnstr. und durch die Dienstinstr.
für die Konsistorien vom 23. Okt. 1817 (GS.
479
237) auf die Interna des Kirchenwesens be-
schränkt, während die Wahrnehmung des
jus circa sacra der hath. Kirche infolge der
KabO. vom 31. Dez. 1825 auf die Ober-
präsidenten überging. Durch die V., betr. die
Ressortverhältnisse der Provinzialbehörden für
das ev. Kirchenwesen, vom 27. Juni 1845
(GS. 440) wurden sodann die Befugnisse der
Konsistorien näher abgegrenzt, auch die Ober-
präsidenten von dem ständigen Vorsitz in den-
selben entbunden. Dieser Zustand, welcher in
bezug auf die Behördenorganisation auch für
die westlichen Provinzen galt, obwohl für die-
selben auf Grund synodaler Grundlage unterm
5. März 1835 (v. Kamptz 19, 104) eine beson-
dere Kirchenverfassung erlassen war, blieb un-
geachtet mehrfacher Versuche, eine Anderung
herbeizuführen, bis in die zweite Hälfte des
vorigen Jahrhunderts bestehen. Weder die
Einberufung von Synoden während der Jahre
1843—1846, darunter auch eine Generalsynode
(KabO. vom 20. Nlärz 1846), noch die Ein-
setzung des Ev. Oberkirchenrats im Jahre
1850, auf welchen die Interna der Kirchenver-
waltung übergingen, noch andere Maßnahmen
führten zu einem Wandel. Erst durch Erlaß
einer neuen Kirchen= und Synodal-
ordnung für die damaligen sechs öst-
lichen Provinzen auf Grund AUOrder
vom 10. Sept. 1873 (GS. 417) [Staatsgesetz
vom 25. Mai 1874 — GöS. 147] wurde eine
durchgreifende Umgestaltung der Kirchenver-
fassung herbeigeführt, welche durch die, auch
die Prov. Rheinland und Westfalen umfassende
Generalsynodalordnung für die ewv.
Landeskirche der acht älteren Pro-
vinzen der Monarchie vom 20. Jan. 1876
(GS. 7) fortgesetzt wurde und in dem, beide
Ordnungen von Staats wegen sanktionieren-
den G. vom 3. Juni 1876 (GS. 125) und die
AusfV. vom 9. Sept. 1876 (GS. 359) ihren
Abschluß fand. In Konsequenz dieser Ver-
änderungen wurde durch V. vom 5. Sept. 1877
(GS. 215) die Verwaltung der Angelegenheiten
der e. L., soweit solche bisher vom Kultus-
minister und den Regierungen geübt worden
war, auf den Ev. Oberkirchenrat und die Kon-
sistorien als Organe der Kirchenregierung über-
tragen.
1. Nach den erwähnten Ordnungen und Ge-
setzen gestaltet sich die Verfassung der e. L.
in den älteren Provinzen mit denjenigen
Abweichungen, welche sich für die Prov. Rhein-
land und Westfalen aus der Kirch O. vom
5. März 1835 (s. zu D ergeben, im wesent—
lichen wie folgt. Die e. L., welche infolge
der Union (s. d.) die Gemeinden luth. und
reform. Bebenntnisses umfaßt, steht unter
dem Summepiskopat des Königs als Trägers
des landesherrlichen Kirchenregiments. Sie
gliedert sich im Anschluß an die politische
Einteilung in Provinzen. Die Provin-
zen sind in Diözesen (Kirchenkreise) ge-
teilt; die Diözesen umfassen die darin vor-
handenen Kirchengemeinden. Die Kir-
chengemeinden verwalten ihre Angelegen-
heiten selbständig durch die dazu verordneten,
aus Wahl hervorgegangenen Organe, den Ge-
meindekirchenrat (s. d.) und die Kirchen-