Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fahrordnung — Fakultäten. 
Fahrordnung. Eine einheitliche F. für den 
Verkehr auf öffentlichen Wegen und Plätzen 
besteht in Preußen nicht. Allgemein waren nur 
für den Gemeingebrauch der öffentlichen Wege 
durch Ziff. 7 ff. der zusätzlichen Bestimmungen 
zum Tarif zur Erhebung des Chausseegeldes 
für eine Meile von 2000 preuß. Ruten vom 
29. Febr. 1840 gewisse polizeiliche Vorschriften 
über das Ausweichen, Einholen, Anhalten usw. 
ergangen. Hiervon hatten sich herkömm- 
lich so viele Abweichungen entwickelt, daß 
die Aufhebung jener Bestimmung erforderlich 
wurde. Sie erfolgte durch G. vom 29. Mai 
1901 (GS. 135). Nachh dem hierdurch die Mög- 
lich#eit zur einheitlichen Regelung des Aus- 
weichens und Uberholens im Wege des Erlasses 
übereinstimmender Polizeiverordnungen ge- 
geben war, ist solche inzwischen erfolgt (s. Aus- 
weichen und Erl. vom 28. Juni 1905 — 
MIBl. 109). Abgesehen hiervon ist der Fuhr- 
werks= und Reiterverkehr auf öffentlichen 
Wegen und Plätzen in den einzelnen Bezirken 
durch zahlreiche Polizeiverordnungen geregelt, 
die sich mehr oder weniger vollständig und 
ausführlich mit den zulässigen Abmessungen 
der Fuhrwerke und ihrer Ladungen, deren 
Bezeichnung, Beleuchtung und Beschaffenheit 
der Fuhrwerke, der Verwendung von An- 
hängern, der Bespannung, den Führern und 
ihrem Verhalten, dem Ausweichen und Uber- 
holen, Halten und Aufstellen der Fuhrwerke, 
der Fahrgeschwindigkeit usw. beschäftigen ((. 
auch Krafstfahrzeuge, Radfahren). 
Fahrräder s. Radfahren, Wege (öffent- 
liche) unter V. 
Fahrstühle. Die Errichtung und der Be- 
trieb von F., d. h. Vorkehrungen zur Beför- 
derung von Personen und Sachen durch 
mittels mechanischer Kraft (Wasser, Elebtrizi- 
tät usw.) bewegte Aufzüge, ist auf Grund 
einer MWVf. vom 4. Sept. 1899 (M.Bl. 167) 
in den meisten Provinzen durch Polizeiverord- 
nung einheitlich geregelt. — Die Notwendig- 
keit, in F. feuersichere Türen anzubringen, 
ist durch das O##. (Pr VBl. 23, 744; 24 
S. 57, 505) anerkannt. — Für die durch die 
Polizeiverordnungen angeordneten Prüfungen 
der F. vor der Inbetriebnahme und während 
des Betriebes hönnen nach dem G. vom 
8. Juli 1905 (GS. 317) Gebühren erhoben 
werden. Der nach § 4 a. a. O. von den 
Ninistern festzusetzende Gebührentarif und die 
im 87 a. a. O. in Aussicht gestellte Aus- 
führungsanweisung ist noch nicht bekannt- 
gemacht. 
ahrwege s. Wege (öffentliche) unter II. 
zastmilestempel st. Aamensunter- 
Fakultäten der Universitäten. I. Be- 
griff, Geschichte, Organisation, Befug- 
nisse. Das wissenschaftliche Leben der 
Untversität und ihr Charakter als Organi- 
sation der Wissenschaft, unabhängig von ihrem 
Zsonderen Zwecke als Berufsbildungsanstalt 
#und unabhängig von ihrem Zusammenhang 
mit den staatlichen Institutionen, finden ihren 
Auedruck in den F. Sie haben nicht nur die 
diufpabe. Unterricht zu erteilen, sondern auch 
e Wissenschaften zu fördern, fortzubilden und 
  
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fortzupflanzen (s. z. B. Statuten der Berliner 
theologischen F. vom 29. Febr. 1838 8 1, der 
medizinischen vom 29. Jan. 1838 § 1, der philo- 
sophischen vom 29. Jan. 1838 8 2). 
Aach der historischen Entwicklung und der 
natürlichen Aufgabe der Universitäten be— 
stehen vier F.. die theologische, die juristische, 
die medizinische und die philosophische. Die 
erstere teilt sich bei den Universitäten Breslau 
und Bonn nach Konfessionen in eine ev. und 
eine kath. F. (Breslauer Statuten von 1816 
1 § 4; Bonner Statuten von 1827 § 6). Auch 
in der juristischen F. der Universität Bonn 
soll wenigstens einer der ordentlichen Profes- 
soren kath. Konfession sein, der das Lehrfach 
des kath. Kirchenrechts übernehmen kann; in- 
gleichen soll in der philosophischen F. immer 
ein ordentlicher Professor von kath. Konfession 
neben einem ordentlichen Professor ev. Kon- 
fession a#ngestellt, außerdem aber in heiner 
F., die beiden theologischen ausgenommen, 
auf die Konfessionen der anzustellenden Lehrer 
Rüchsicht genommen werden. Bei der Uni- 
versität in Münster besteht nur eine kath.= 
theologische F. (Statuten von 1902 § 4), bei 
den übrigen preuß. Universitäten nur eine 
er. theologische F. Eine Trennung der philo- 
sophischen F. in eine philosophisch-philologisch- 
historische und eine mathematisch= naturwissen- 
schaftliche, wie sie seit 1863 in Tübingen, seit 
1873 in Straßburg besteht, ist zwar vielfach 
erörtert, in Preußen aber nicht eingeführt, 
um den innigen Zusammenhang aller Wissen- 
schaften auch in diesem äußeren Zeichen der 
Organisation zu wahren (ogl. Hofmann, Rek- 
toratsrede, Berlin 1881). Das schließt nicht 
aus, daH die philosophische F. sich in Bonn 
in vier Sektionen teilt: die philosophische, die 
philologische, die historisch -staatswissenschaft- 
liche und die mathematisch-naturwissenschaft- 
liche. Zu den besonderen Angelegenheiten der 
Sektion gehören insbesondere die Vorschläge 
für Berufung von Professoren. Diese werden 
in der Sektion vorberaten, dann in der Fa- 
Rkultätssitzung verhandelt, doch bei der Ab- 
stimmung nur durch die Sektionsmitglieder 
entschieden (Fakhultätsstatuten von 1834 88 3, 
4, 7). Bei den übrigen preuß. Universitäten 
besteht keine derartige Einrichtung, nur in 
Marburg ist eine äußerlich nicht erkennbare 
Teilung in zwei Sektionen vorgenommen. 
Zu den F. im weiteren Sinne gehören die 
ordentlichen, außerordentlichen und Honorar= 
professoren und die Privatdozenten sowie die 
in das Album eingetragenen Studenten. Die 
F. im engeren Sinne als Kollegium und 
Behörde umfaßt nur die ordentlichen Profes- 
soren. An Beratungen, welche Verwandte und 
Verschwägerte in gerader Linie oder im ersten 
Grade der Seitenlinie betreffen, soll das be- 
treffende Fakultätsmitglied nicht teilnehmen 
(Erl. vom 20. Jan. 1870). Die F. ist ver- 
antwortlich für die Vollständigkeit des 
Unterrichts in der Weise, daß innerhalb 
drei bzw. vier Jahren Vorlesungen über die 
Hauptdisziplinen gehalten werden. Ist auch 
jeder F. ihr Lehrgebiet zugewiesen, und erhält 
hiernach jeder Professor seinen Lehrauftrag, 
so ist damit nicht ausgeschlossen, daß auch die
	        
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