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Paderborn, Pelplin, Posen und Trier) und die
hatg. Priesterseminare (in jeder Diözöse)
s. Geistliche (Anstellung, Vorbildung).
IV. Die juristische F. ist bestimmt für die
Kultur und Pflege der gesamten Rechtswissen-
schaft, wie für den Unterricht in derselben.
Ihr allgemeiner Zweck besteht in der Ergrün-
dung, Ausbildung und Erweiterung der ge-
samten Rechtswissenschaft, ihr besonderer
Zweck geht darauf, durch gründliche Lehre
und Unterricht die der Rechtswissenschaft sich
widmenden Studierenden zum praktischen
Leben im Staatsdienste wissenschaftlich aus-
zubilden und vorzubereiten (Königsberger
Fakultätsstatuten vom 4. Mai 1843 8S 1,
Berliner von 1838 § 1, Bonner vom 1. Sept.
1827 uff.). Unbeschadet der Rechtsgleichheit
aller F. hat sie ihren Platz hinter der theolo-
gischen, vor der medizinischen und philosophi-
schen (Königsberger Statuten a. a. O. „
Berliner a. a. O. 8§ 5, Bonner § 3, Marburger
Universitätsstatut vom 28. Okt. 1885 8 6 uff.).
Zu den Hauptdisziplinen rechnen die alten
Universitätsstatuten nach der geschichtlichen
Entwicklung: juristische Enzyklopädie, Metho-
dologie und Literaturgeschichte, Maturrecht,
röm. Recht, deutsches Privatrecht, Staatsrecht
und Kirchenrecht, Kriminalrecht, preuß. Recht,
europ. Völkerrecht, Kriminal= und Zivilprozeß
und die Anleitungen zur Rechrspraxis (Ber-
liner Statuten § 40, Königsberger § 47, Bonner
§ 8 uff.). Demgemäß setzen z. B. die Bonner
Universitätsstatuten vom 21. Okt. 1818 § 35
folgende Professuren ein: 1. eine für das röm.
Recht nebst der Geschichte desselben; 2. eine
für das deutsche Privatrecht nebst dem Lehn-
rechte und deutscher Rechtsgeschichte; 3. zwei
für das Kirchenrecht (ev. und kath. Lehrer);
4. eine für das Staats= und Völkerrecht,
Philosophie des Rechts und Enzyklopädie und
Methodologie der Rechtswissenschaften; 5. eine
für das Kriminalrecht nebst dem Kriminal-
prozeß; 6. eine für das preuß. Recht, für den
Prozeß und die Praktik. Die Berliner Fa-
Kultätsstatuten von 1838 § 44 bestimmen fol-
gende MAominalprofessuren: 1. eine für die
Institutionen des röm. Rechts; 2. eine für die
Pandekten; 3. eine für das Kirchenrecht; 4. eine
für das europ. Staats= und Völkerrecht; 5. eine
für das deutsche Privatrecht; 6. eine für das
Kriminalrecht. „Die Professuren für die übrigen
Hauptdisziplinen (8 40 f. o.), sowie für Lehn-
recht, Handelsrecht, deutsche und ausländische
Partikularrechte werden mit einem der nächst
verwandten Fächer verbunden.“ — Der breite
Raum, den nach diesem Plan das deutsche
Privatrecht und besonders das röm. Privat-
recht einnehmen, ist wesentlich beschränkt durch
die Einführung des BE. Das deutsche bür-
gerliche Recht soll fortan in dem Mittelpunkt
des Unterrichts stehen und diesenige Stellung
einnehmen, welche früher die Vorlesungen über
Pandehkten und deutsches Privatrecht hatten.
Danach treten an die Stelle der bisherigen
Vorlesungen über juristische Enzyklopädie,
röm. Rechtsgeschichte, Institutionen des röm.
Rechts, Pandekten, deutsche BRechtsgeschichte,
deutsches Privatrecht, preuß. Landrecht, rhein.
franz. Recht folgende Vorlesungen: 1. Ein-
Fakultäten.
führung in die Rechtswissenschaft (2—3 Std.);
2. röm. Rechtsgeschichte und System des röm.
Privatrechts (8—10 Std.); 3. deutsche Rechts-
geschichte und Grundzüge des deutschen Pri-
vatrechts (zusammen 6—8 Std.); 4. deutsches
bürgerliches Recht (Böe#B. nebst reichs- und
landesrechtlichen Ergän zungen) in eingehender
dogmengeschichtlicher Entwicklung (16—20 Std.);
5. Ubersicht über die Rechtsentwicklung in
Preußen mit Rüchsicht auf die einzelnen Landes-
teile (1—2 Std.). Die Vorlesung über bürger-
liches Recht #n der Regel in der ersten Hälfte
des Studiums zu hören) wird, wo sie als
Doppelvorlesung gehalten wird, über zwei Se-
mester verteilt (Erl. vom 18. Jan. 1897 —
U#Z Bl. 198—201). Die Vorlesungen über Kir-
chenrecht, Staats= und Völkerrecht, Strafrecht,
Prozeß uff. sind nicht dadurch berührt. Das
Vorlesungsverzeichnis gestaltet sich hiernach
etwa folgendermaßen: 1. juristische Enzyklo-
pädie oder Einführung in die BRechtswissen-
schaft, 2. röm. Rechtsgeschichte, 3. System des
röm. Privatrechts, 4. statt 2 und 3 auch: röm.
Rechtsgeschichte und System des röm. Privat-
rechts (in einer Vorlesung vereinigt), 5. röm.
Zivilprozeß, 6. deutsche Pechtsgeschichte,
7. Grundzüge des deutschen Privatrechts,
8. statt 6 und 7 auch: deutsche Rechtsgeschichte
und Grundzüge des deutschen Privatrechte (in
einer Vorlesung vereinigt), 9. Darstellung der
Rechtsentwichlung im preuß. Staate oder in
einzelnen Teilen des preuß. Staates, 10. deut-
sches bürgerliches Recht, a) in übersichtlicher
Darstellung, b) in eingehender Entwicklung,
entweder in zwei Teilen oder in einzelnen,
an die Einteilung des B. sich anschließen-
den Abschnitten, 11. Handelsrecht, 12. Wechsel-
recht, 13. Seerecht, 14. deutsche Gerichtsver-
fassung, 15. Reichszivilprozeß, 16. Zwangs-
vollstrechung, 17. Konkursrecht, 18. Strafrecht,
19. Strafprozeß, 20. kath. und ev. RKirchenrecht,
21. deutsches und preuß. Staatsrecht, 22. deut-
sches und preuß. Verwaltungsrecht, 23. Völ-
kerrecht, 24. internationales Privatrecht,
25. internationales Strafrecht, 26. Rechts-
philosophie, 27. gerichtliche Medizin, 28. ge-
richtliche Psychiatrie. Einzelne Disziplinen
sind im Laufe der Zeit weiter ausgebaut, so
daß die alte Zahl von sechs Professoren jetzt
vielfach erheblich überschritten ist.
V. Die medizinische F. vertritt bei der
Universität das gesamte Gebiet der Heilkunde
und Heilkunst und hat die Bestimmung,
durch gründliches Erforschen und Lehren beider
ebensowohl für die wissenschaftliche Fort-
bildung derselben zu wirken, als auch die
der Heilkunstsichwidmenden Studieren-
den zur Ausübung ihres künftigen Be-
rufes vollständig vorzubereiten (s. z. B.
Breslauer Statuten von 1840 §F 1). Der ärzt-
liche Beruf ist nicht nur eine Wissenschaft,
sondern auch eine Kunst. Mehr als in an-
deren F. tritt hier daher die technisch-praktische
Ausbildung in den Vordergrund. Dem eigent-
lich medizinischen Lehrkursus geht ein allge-
mein wissenschaftlicher Vorbereitungskursus
voraus, welcher die „Logik, Psychologie, Mi-
neralogie, Botanik, Zoologie, Physik und
Chemie umfassen sollte" (s. z. B. Breslauer