Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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wirtschaftlichen Interesse will die Zentralstelle 
den Bezug ausländischer Saisonarbeiter, deren 
die Landwirtschaft zurzeit nicht entraten Kkann, 
sicherstellen, und zugleich aus national-poli- 
tischen und polizeilichen Gesichtspunkten den 
Zuzug dieser Arbeiter und deren Rüchleitung 
ins Ausland unter Kontrolle stellen. 
Feld-- und Forstpolizeigesetz. Wegen der 
Zuständigkeit der Landesgesetzgebung gilt das 
in der Einleitung des Artikels Forstdieb- 
stahlsgesetz Gesagte, die Bestimmungen 
über Schadensersatz sind gedeckt durch Art. 107 
EcBöB. Das F. u. F. vom 1. April 1880 
(GS. 230), dazu AusfAnw. vom 12. Mai 1880 
(MBl. 187), gilt für den ganzen Umfang der 
Monarchie. Außer den strafrechtlichen und 
Verfahrensbestimmungen (§§ 1—61) enthält 
das Gesetz Vorschriften über Feld= und Forst- 
hüter (§§ 62—66) sowie über Schadensersatz 
und Pfändung (§§ 67—88), endlich Ubergangs- 
und Schlußbestimmungen (§8 89—97). Das 
Gesetz, dem die Feldpolizeiordnung vom 1. Nov. 
1847 (GS. 376) vorangegangen war, geht, wie 
auch die Ausf Anw. hervorhebt, von dem 
Grundsatze aus, daß das Eigentum an Grund 
und Boden, soweit nicht nachweislich bestehende 
Berechtigungen darauf haften, wie jedes andere 
Eigentum ein uneingeschränktes ist, und daß 
in diesem Verhältnisse nichts geändert, das- 
selbe vielmehr noch mit schützenden Strafbe- 
stimmungen befestigt werden sollte. Der wesent- 
liche Inhalt der Gesetzesbestimmungen ist 
folgender. 
I. Ahnlich wie das Forstdiebstahlsgesetz ent- 
hält das Gesetz in seinen Strafbestimmungen 
mehrfache Abweichungen von den allgemeinen 
Grundsätzen des St B. So wird die in § 57 
Ziff. 3 St GOB. bei Verurteilung von Personen 
zwischen 12 und 18 Jahren vorgesehene Straf- 
ermäßigung für Zuwiderhandlungen gegen 
dieses Gesetz durch § 4 des G. außer Anwen- 
dung gesetzt, die Beihilfe zu einer nach dem 
Gesetz strafbaren Entwendung oder vorsätzlichen 
Beschädigung, sowie der Versuch der Entwen- 
dung, die Begünstigung und Hehlerei in bezug 
auf eine Entwendung und die Begünstigung 
einer vorsätzlichen Beschädigung mit der vollen 
Strafe der Haupttat belegt (88 7, 8). Für 
Geldstrafe, Wertsersatz und Kosten ist im Falle 
des Unvermögens des Verurteilten derjenige 
für haftbar zu erklären, unter dessen Gewalt 
oder Aufsicht oder in dessen Dienst der Ver- 
urteilte steht, sofern er dessen Hausgenossen- 
schaft angehört. Aur die ausdrückliche Fest- 
stellung, daß die Tat nicht mit seinem Wissen 
verübt ist oder er sie nicht verhindern konnte, 
befreit den Gewalthaber von dieser Haftung. 
Bei Strafunmündigkeit oder Unzurechnungs- 
fähigkeit des Täters wird der Gewalthaber 
usw. als unmittelbar haftbar verurteilt, an 
Stelle der Geldstrafe tritt aber in allen diesen 
ällen eine Freiheitsstrafe nicht ein (8 5). Die 
trafen, die das Gesetz im einzelnen gegen 
Entwendungen, Beschädigungen, Begünstigung 
und Hehlerei festsetzt, sind, von besonderen 
Strafschärfungsgründen abgesehen, im allge- 
meinen milder als die Bestimmungen des St- 
G#B., das Gesetz schreibt daher in § 6 vor, 
daß diese letzteren Bestimmungen zur Anwen- 
  
Feld= und Forstpolizeigesetz. 
dung kommen, wenn der Wert des Entwende- 
ten oder der angerichtete Schaden 10 M. über- 
teigen. In den Fällen der Entwendung 
(68 18—21) sind nach § 23 Waffen, welche der 
Täter bei sich geführt hat, einzuziehen, ohne 
Unterschied, ob sie ihm gehören oder nicht, das- 
selbe ist zulässig bei den zur Begehung der 
strafbaren Zuwiderhandlung geeigneten Werk- 
zeugen, nicht aber betreffs der zur Weg- 
schaffung des Entwendeten dienenden Gegen- 
stände und Tiere. Der Titel „Strafbestim- 
mungen“ enthält einzelne Bestimmungen 
ivilrechtlicher oder polizeilicher Art 
8 13, 16, 47 ff.). Unter den letzteren sind die 
Vorschriften in 88 47 ff. über Errichtung von 
Feuerstätten in der Nähe von Waldun- 
gen hervorzuheben, wobei zu bemerken, daß 
der Abs. 2 des § 52 durch Art. II des G., betr. 
die Gründung neuer Ansiedlungen, vom 10. Aug. 
1904 (GS. 227) aufgehoben ist. Danach bedarf 
es, wenn in der Umgebung einer mehr als 
100 ha umfassenden Waldung in einer Ent- 
fernung von 75 m eine Feuerstätte errichtet 
werden soll, der Genehmigung der zur Er- 
richtung von Feuerstellen zuständigen Behörde 
(d. i. in den 5. Pr. die Ortspolizeibehörde). 
Die Genehmigung darf nicht versagt werden 
(6 48 Abs. 2), wenn die Feuerstelle innerhalb 
einer im Zusammenhange gebauten Ortschaft, 
oder vom Waldeigentümer, oder auf Grund 
einer Enteignung errichtet werden soll, jedoch 
darf auch in diesen Fällen die Genehmigung 
an Bedingungen geknüpft werden. Von dem 
Antrage auf Erteilung der Genehmigung ist 
der Waldeigentümer in Kenntnis zu setzen, 
und er Bhann Einspruch innerhalb 21 Tagen 
erheben (7 49). Gegen den Bescheid, durch den 
über den Antrag entschieden wird, steht dem 
Antragsteller und dem Waldeigentümer inner- 
halb zwei Wochen die Klage im Verwaltungs- 
streitverfahren offen (6 50 des G.; § 51 LV.). 
Zuständig ist bei Bescheiden der Ortspolizei- 
behörde eines Landkreises der Kr A., in den 
übrigen Fällen der Bez. Ist zur Errichtung 
der Feuerstelle zugleich eine Ansiedlungs- 
genehmigung erforderlich, so gehen beide 
Genehmigungen unabhängig nebeneinanderher 
52 des G.; § 24 A. vom 25. Aug. 1876, 
der durch die Novelle vom 10. Aug. 1904 un- 
berührt geblieben ist). 
II. Für das Strafverfahren bei Zuwider- 
handlungen gegen das Gesetz oder die im 
Interesse des Feld= und Forstschutzes erlassenen 
Polizeiverordnungen sind die Schöffengerichte 
zuständig, unbeschadet der Befugnis der Orts- 
polizeibehörden zur vorläufigen Straffestsetzung 
(68 53, 60), für die Entscheidung auf die Be- 
rufung die Strafkammer in der Besetzung 
mit drei Mitgliedern (§ 58). Die Revision 
findet nur in den Fällen der gqualifizierten 
Entwendung und Hehlerei (88 20, 21) statt 
III. Feld= und Forsthüter sind die von 
einer Gemeinde oder einem Grundbesitzer für 
den Feldschutz (Forstschutz) angestellten Personen, 
sie werden vom Landrat bestätigt ( 62) und 
haben, ohne daß es einer Vereidigung bedarf, 
die Stellung öffentlicher Beamter, sind jedoch 
nicht Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Auf
	        
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