Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fischerei. 
III. Die zahme F. wird in besonders ein- 
gerichteten Teichen betrieben. Unter Teichen 
in diesem Sinne versteht man im Gegensatz 
zu den natürlichen Gewässern künstliche oder 
folche natürliche Wasseransammlungen, die 
künstlich für die Fischzucht eingerichtet, nament- 
lich mit einer Ablaßeinrichtung versehen sind. 
Aasch der Lage unterscheidet man Dorf--, 
Hof-, Garten-, Wiesen-, Feld-, Waldteiche, 
Talsperren u. a., nach der Herkunft des Wassers 
Quell-, Fluß= und Himmelsteiche, je nachdem 
sie aus am Grunde oder Rande belegenen 
Quellen oder aus Flüssen oder vom Regen- 
wasser gespeist werden. Besonders witchtige 
Unterscheidungsmerkmale bilden die Tempera-= 
tur und Bewegung des Wassers sowie die 
Tiefe, weil davon die Frage abhängt, welche 
Fischart mit Erfolg gezüchtet werden kann. 
Im allgemeinen wird davon ausgegangen, 
daß für die karpfenartigen Fische (Cypriniden) 
Teiche mit warmem, stehendem und flachem 
Wasser, für die lachsartigen (Salmoniden), 
hier vorzugsweise Forellen und Saiblinge, 
Teiche mit haltem, fließendem und tiefem 
Wasser notwendig find. Der Gegensatz ist 
indessen kein unbedingter, da unter sonst ge- 
eigneten Verhältnilsen auch tiefe Gewässer zur 
Karpfenzucht und flache zur Salmonidenzucht 
geeignet sind. Es gibt Teiche, die wegen ihrer 
nicht überwiegend nach der einen oder andern 
Bichtung neigenden Beschaffenheit zur Haltung 
von Karpfen und Forellen zugleich geeignet 
sind, die Bewirtschaftung solcher Gewässer 
setzt indessen ungewöhnliche Sachhenntnis und 
die Anwendung größerer Hilfsmittel voraus. 
Die Ablaßbarkeit ist für die Fischzucht deshalb 
von großer Bedeutung, weil sie nicht nur jede 
beliebige Kontrolle über den Fischbestand, 
sondern auch die zeitweilige Trockenlegung 
und Meliorierung ermöglicht, was der Fisch- 
zucht gegenüber der Wildfischerei im Ertrage 
einen erheblichen Vorsprung sichert. Für die 
Karpfenzucht sind mehrere Arten verschie- 
dener Teiche erforderlich, die man als Streich= 
Streck-, Abwachs= und Winterteiche bezeichnet. 
In den ersteren erfolgt die Vermehrung der 
Fische zur Laichzeit des Karpfens, die im 
wärmeren Frühfahr eintritt. Die nach wenigen 
agen aus dem Ei schlüpfende Brut wird ab- 
gefischt und in die Strechteiche übertragen, aus 
denen sie im Herbst als einsömmerige Fische 
in die größeren Abwachsteiche gebracht wird, 
um nach Ablauf von weiteren ein bis zwei 
ahren als zwei= oder dreisömmerige Karpfen 
um Verkauf zu kommen. Man hat das 
lter des Karpfens nach der Anzahl der 
v ommer seit seiner Geburt bezeichnet, weil er 
in Winter nicht zunimmt. Im Herbst werden 
ber Teiche abgefischt und im Frühjahr neu 
geetzt den Winter über liegen sie meist trocken, 
* Fische werden, wieder nach Altersklassen ge— 
ihramt, in besonders eingerichteten Teichen, die 
rersetts im Sommertrocken liegen, überwintert. 
; c. Winterteiche müssen tiefer angelegt und mit 
eständigem, möglichst starteem Durchfluß von 
Ficchem Wasser ausgestattet sein, damit den 
Eicchen der nötige Sauerstoff auch unter der 
sdecke zugeführt wird. Die trockhen gelegten 
ommerteiche werden während des Winters 
  
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durch Umacherung und abwechselnde Benutzung 
zum Futterbau in ihrer Nahrhaftigkeit ge- 
steigert. Zur Ernährung dient dem Karpfen 
in erster Linie die Kleintierwelt, weiter auch 
die Kleinpflanzenwelt des Teiches selbst, doch 
kann man die Fische auch mit allerhand 
tierischen und pflanzlichen Stoffen füttern, um 
sie hierdurch sowie durch anderweite züchterische 
Maßnahmen in drei Jahren zu einem Gewicht 
aufzuziehen, wie sie es sonst in 4—5 Jahren 
erreichen. Besondere Sorgfalt wird darauf 
verwandt, den Streichteichen Enten, Frösche 
und andere, der Brut und dem Laich gefähr- 
liche Tiere fern zu halten. Für die Forellen- 
zucht bedarf es verschiedener Arten von Tei- 
chen in noch höherem Maße, als bei der 
Karpfenwirtschaft, weil die älteren Tiere den 
jüngeren nicht nur das Futter wegnehmen, 
sondern sie selbst verzehren. Die Teiche werden 
möglichst an Kleinen, kühlen Bächen angelegt. 
in der Ebene nahe am Ursprung der Bäche, 
um das große Sauerstoffbedürfnis der Forelle 
befriedigen zu können. Besonders geeignet 
ist die Gebirgsgegend mit ihrer großen Anzahl 
rasch fließender Gewässer. Die Entwichlung 
des Fisches nimmt eine bedeutend längere Zeit 
in Anspruch als beim Karpfen, da das Aus- 
schlüpfen der Brut aus den in den ersten 
Wintermonaten abgelegten Eiern erst am Aus- 
ange des Winters erfolgt und die jungen 
ischchen noch viele Wochen lang sehr unbehilf- 
lich sind. Es kommt hinzu, daß bei der Laich- 
ablage der Salmoniden stets ein sehr großer 
Teil der Eier unbefruchtet bleibt. Aus diesen 
Gründen hat man an die Stelle des natür- 
lichen Fortpflanzungsprozesses seit lange mit 
Erfolg den künstlichen gesetzt. Die Künstliche 
Fischzucht zerfällt in die Gewinnung und Be- 
fruchtung der Eier und in die Ausbrütung 
und Pflege der jungen Fische bis zu ihrer 
Aussetzung. Erstere wird dadurch erzielt, daß 
den aus dem Wasser genommenen leoichreifen 
weiblichen Tieren durch sanftes und vorsichtiges 
Drücken vom Kopf nach dem Schwanzende zu 
die Eier (Rogen) in eine Schüssel abgestrichen 
und darüber in derselben Weie die Geschlechts- 
produkte der männlichen (Milch) gebreitet 
werden, worauf sich durch kurzes Umrühren 
die Befruchtung vollzieht. Die befruchteten 
Eier müssen alsbald in fließendes Wasser zum 
Beginn der Ausbrütung gebracht werden, 
dies geschieht vermittelst der nach verschiedenen 
Methoden eingerichteten Brutapparate, die 
meist aus flachen Trögen bestehen, in die die 
Eier in einfacher Schicht ausgebreitet werden. 
Durch die Tröge wird während des ganzen 
Winters dauernd fließendes Wasser von be- 
stimmter Beschaffenheit hindurchgeleitet, sie 
müssen daher in frostfreien Räumen aufgestellt 
werden. Während der Brutperiode bedürfen 
Eier, Wasser und Bruthaus der beständigen 
Aufsicht. Abgestorbene Eier müssen entfernt, 
eine bestimmte Temperatur eingehalten und 
Schmutz sowie schädliche Eindringlinge sorgsam 
fern gehalten werden. Beim Verlassen des Eies 
tragen die Fischchen noch einen großen Teil 
des Dotters in Gestalt eines Sachkes als ihre 
Aahrung am Bauch, der erst in 4—6 Wochen 
aufgezehrt wird. Danach beginnt für die Tiere
	        
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