Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fiskus. 
hinsichtlich der Haftung (s. Juristische Per- 
sonen V). Der F. ist nur eine juristische 
Person, trotz der durch die verschiedenen staat- 
lichen Verwaltungszweige bedingten mehr- 
fachen Verwaltungsstellen (Stationen); es ist 
daher auch ein Verwaltungsstreitverfahren 
zwischen mehreren Liskallschen Stationen nicht 
möglich (OVG. 35, 294). Ebenso hat die 
Unterscheidung von Domänen--, Justiz-, Steuer- 
usw. Fiskus rechtlich nicht die Bedeutung, daß 
man es mit verschiedenen juristischen Personen 
zu tun hätte. berall ist bloß ein gegen- 
seitiges rechnungsmäßiges Verhältnis wie zwi- 
schen den mehreren Zweigen einer und der- 
selben Bermögensverwaltung möglich. Dritten 
gegenüber wird damit nur die Berechtigung 
der Verwaltungsstelle zur Vertretung des JF. 
begründet, dies auch für den Zivilprozeß 
und den Verwaltungsprozeß, indem darin 
die Verwaltungsstelle aktiv oder passiv legi- 
timiert für den F. ist. Auggeschlossen ist 
jedoch nicht, daß einer Verwaltungsstelle 
durch besonderes Gesetz selbständige Rechts- 
fähigkeit beigelegt wird, wie der Seehandlung 
durch das G. vom 17. Jan. 1820 (G. 25). 
II. ANach dem Vorgange des röm. BRechts 
hatte früher der preuß. F., wenn er auch an 
sich der Privatrechtsordnung unterlag, doch 
eine Reihe von Vorrechten, die ihn günstiger 
stellten als andere juristische Personen, so bei 
der Verjährung, der Ersitzung, der Zinsen- 
zahlung usw. Diese Vorrechte sind seit dem 
GB. mit wenigen Ausnahmen fortgefallen. 
Eine solche Ausnahme ist mit Rüchsicht darauf, 
daß die verschiedenen fiskalischen Kassen keine 
eigene Rechtspersönlichkeit haben und eine 
biernach an sich zulässige Aufrechnung von 
Schulden an eine fiskalische Kasse mit Forde- 
rungen an eine andere zu praktischen Un- 
zuträglichkeiten führen würde, im Anschluß an 
eine bereits vom röm. Rechte getroffene Vor- 
schrift im § 395 BE. dahin gemacht, daß 
gegen eine Forderung eines Bundesstaates — 
ebenso des Reiches sowie einer Gemeinde oder 
eines anderen Kommunalverbandes die 
Aufrechnung nur zulässig ist, wenn die Leistung 
an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die 
Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen 
ist. Kein sachliches Vorrecht des F., sondern 
nur von formeller Bedeutung ist es, daß nach 
20 6BO., Art. 127, 126 EGBGB., Art. 25 
AG. z. BGB. vom 20. Sept. 1899 (GS. 177) 
und Art. 1 der V. vom 183. Nov. 1899 (GS. 519) 
die Domänen und die sonstigen Grundstücke 
des Staates ebenso wie noch gewisse andere 
Grundstücke ein Grundbuchblatt nur auf An- 
trag des Eigentümers oder eines Berechtigten 
erhalten und, so lange sie nicht eingetragen 
send. in Ansehung ihrer die landesgesetzlichen 
o orschriften über die Ubertragung des Eigen- 
ums und die Begründung und Aufhebung 
don Dienstbarkeiten bestehen bleiben, ins- 
desondere zur Eigentumsübertragung, wenn 
as Grundstück auch nach der Ubertragung 
nicht eingetragen zu werden braucht, die Eini- 
hang des Veräußerers und des Erwerbers 
aber den Eintritt der Ubertragung notwendig, 
Kofr. auch genügend ist. Ebensowenig sind die 
stenfreiheit des F. (l. Kostenfreiheit), die 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
  
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Freiheit vom preuß. Urkundenstempel ein- 
schließlich des Schenkungsstempels und die von 
der Erbschaftssteuer (s. unten VI) wirkliche 
Vorrechte. Dagegen besteht ein solches dahin, 
daß nach Art. 91 ESBe. und Art. 11 EG. 
zur PrRO. vom 8. Mai 1855 (G. 317) der F. 
einen gesetzlichen Pfandrechtstitel an dem Ver- 
mögen seiner Schuldner wegen aller Ansprüche, 
mögen sie öffentlichrechtlich oder privatrechtlich 
sein, mit Ausnahme der Geldstrafen, hat. Fer- 
ner gehört hierher außer der teilweisen Be- 
freiung von Gemeinde= und Kreissteuern (s. 
unten V) noch z. B. die Freiheit vom Chaussee- 
eld (KabO. vom 29. Febr. 1840 — GS. 94 — 
efr. 5) und vom Fährgelde (KabO. vom 
27. Dez. 1846). 
III. Dem F. steht eine Reihe von beson- 
deren Ansprüchen zu. So sind nach ALeü. 
II, 14 §§ 21 ff. die Land= und Heerstraßen, die von 
Natur schiffbaren Ströme, das Ufer des Meeres 
und die Häfen ein gemeines Eigentum des 
Staates. ANach §§ 45, 46 Bus. hat der F. 
ein Recht auf das Vermögen eines Vereins, 
der aufgelöst oder dem die Rechtsfähigkeit ent- 
zogen worden ist, nach § 928 Bö. ein Recht 
zur Aneignung eines von seinem Eigentümer 
aufgegebenen Grundstücks, nach § 981 BE. 
ein Recht auf den Versteigerungserlös der in 
den Geschäftsräumen oder den Beförderungs- 
mitteln einer öffentlichen Behörde oder einer 
dem öffentlichen Verkehre dienenden Anstalt 
gefundenen Sachen, endlich nach 88 1936, 
1942 Abs. 2, 1964—1966, 2104, 2149 Beb B. ein 
Recht auf erblose Verlassenschaften (s. d.). 
IV. Wer im einzelnen Falle den F. gesetzlich 
zu vertreten hat, bestimmt sich nach der 
staatlichen Behördenorganisation sehr verschie- 
den. Eine allgemeine Bestimmung hierüber 
besteht nicht. Der oberste Vertreter des F. ist 
der FM. S. im übrigen den Artikel Pro- 
zesse des Fiskus. 
V. Aeben dem F. eines einzelnen Bundes- 
staates steht jetzt der Reichs fiskus, welcher 
gleichfalls in seinen privatrechtlichen Be- 
ziehungen der Privatrechtsordnung unter- 
worfen ist. Er hat in jedem Einzelstaate die- 
selbe Stellung wie nach der in ihm geltenden 
Gesetzgebung der Landesfiskus. 
VI. In steuerlicher Beziehung unterliegt 
der preuß. Staat ebensowenig wie das Reich 
(G. vom 25. Mai 1873 — REBl. 113 — 85 1 
Abs. 2) der direkten Staatssteuer. Das 
gleiche gilt betreffs der Erbschaftssteuer für 
den Staat (nicht jedoch für das Reich) und alle 
öffentlichen Anstalten und Kassen, die für Rech- 
nung des preuß. Staates verwaltet werden oder 
diesen gleichgestellt sind (Tarif zum Erb St G., 
Befreiungen 2e). Von Zahlung der preuß. 
Stempelsteuer ist sowohl der preuß. F. als 
auch der Reichsfiskus befreit; desgl. alle 
öffentlichen Anstalten und Kassen, die für Rech- 
nung des Reiches oder Preußens verwaltet 
werden oder diesen gleichgestelll sind (LSt. 
§ 5 Abs. 1b). Auch kann der FM. dem F. 
und den vorbezeichneten Anstalten und Kassen 
anderer Bundesstaaten und außerdeutscher 
Staaten die Stempelfreiheit einräumen, wenn 
die Gegenseitigkeit verbürgt ist (6 5 Abs. 2 
a. a. O.). Im Erb ct. ist eine gleiche Be- 
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