Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fleckfieber — Fleischbeschau. 
Behörden gemäß 8§ 22 ZG. als Städte, 
gleichviel ob ihre Verfassung durch ein Statut 
gemäß § 1 Abs. 2 St O. geregelt worden 
ist und der städtischen entspricht (O.G. 13, 182). 
In Schleswig-Holstein ist die Verfassung 
der Fleckensgemeinden nach § 95 StO. vom 
14. April 1869 die Städteverfassung in der 
einfachen Gestalt des § 94 ohne kollegiali- 
schen Gemeindevorstand mit geeigneter Ab- 
änderung der auf die Eigenschaft des Orts 
als Stadt sich beziehenden Bezeichnungen. 
— In Hannover gelten die unter § 2 
HannE bemO. vom 28. April 1859 fallenden 
J. als Landgemeinden (O##. 35, 153). 
In Westfalen kommen F. in dem bezeich- 
neten Sinne nicht vor. Dort sind die Städte, 
in denen die LGSO. vom 19. März 1856 An- 
wendung findet (GemO. 8 1) als Landgemein- 
den anzusehen. Das gleiche gilt in der Rhein- 
provinz von den nach der GemO. vom 23. Juli 
1845 verwalteten Städten (Rhein Kr O. § 210.— 
Die im § 1 StO. f. d. ö. Pr. und im § 94 StO. 
für Schleswig-Holstein erwähnten Flecken und 
Ortschaften gelten auch im Sinne des Kom- 
munalbeamtengesetzes vom 30. Juli 1899 als 
Stadtgemeinden (§ 16 dieses G.). 
Flechfieber (Flecktyphus) gehört zu den 
gemeingefährlichen Krankheiten des G. vom 
30. Juni 1900 (Rol. 306 ff.). Die Schutz- 
maßregeln sind im wesentlichen die gleichen 
wie bei den übrigen ansteckenden Krankeiten; 
s, daher Behämpfung gemeingefährlicher 
Krankheitenll, sowie die Artikel über Aus- 
satz, Cholera, Diphtherie. Die speziellen 
zur Behämpfung des F. erlassenen Anweisungen 
sind enthalten in der R#Bek. vom 21. Febr. 
1904 (RGl. 67) Abschn. UI (R#l. 111). 
Fleisch (zollfreie Ein fuhr für Bewoh- 
ner des Grenzbezirks) s. Freimengen. 
Untersuchung von Fleisch s. Fleisch- 
beschau. Feilhalten von F. s. Feilhalten 
und Feilbieten II. 
Fleischbeschau. I. Wesen und Aufgaben 
der F. Unter F. versteht man die sachver- 
siändige Untersuchung des Fleisches geschlach- 
teter Tiere auf die Verwendbarkeit als Aah-= 
rungsmittel. Zur F. gehört regelmäßig auch 
die Besichtigung der lebenden Tiere vor der 
Schlachtung (Lebendbeschau oder Schlachtvieh- 
beschau), die für die sichere Beurteilung der 
Genußtauglichkeit des Fleisches von Wertt ist. 
m weiteren Sinne gehört zur F. auch die 
berwachung des Fleischverkehrs auf den 
Fleischmärkten, in den privaten Fleischver- 
kaufsstätten und den Fleischverarbeitungsbe- 
trieben (sog. außerordentliche F.). Diese voll- 
zieht sich im allgemeinen in den Formen der 
ahrungemittelkontrolle und wird hier nur 
insoweit berüchsichtigt, als es sich um Beson- 
derheiten der Fleischkontrolle handelt. Hanpt- 
zieck der F. ist der Schutz der menschlichen 
esundheit gegen die ihr beim Genusse von 
Fleisch drohenden Gefahren, namentlich gegen 
ee Ubertragung von tierischen Parasiten, von 
Mifektionserregern und von Batkteriengiften. 
aur Selbstschutz gegen diese Gefahren ist nicht 
Isreichend, weil einerseits die Konsumenten 
sucht immer imstande sind, die Gesundheits- 
chädlichkeit des Fleisches zu erkennen, anderer- 
  
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seits die üblichen Zubereitungsformen des 
Fleisches zur Beseitigung dieser Schädlichkeit 
nicht genügen. Daneben hat die F. auch zu 
verhüten, daß minderwertiges Fleisch als voll- 
wertiges in den Verkehr gelangt. Endlich 
fällt ihr die Aufgabe zu, die Handhabung der 
Veterinärpolizei durch Feststellung übertrag- 
barer Viehkrankheiten und Aufdeckung ver- 
borgener Seuchenherde zu erleichtern, zugleich 
aber auch durch unschädliche Beseitigung aller 
vermehrungs= und fortpflanzungsfähigen 
Krankheitsstoffe, die bei den Schlachttieren 
vorgefunden werden, die Veterinärhygiene zu 
fördern. 
II. Geschichtlichesundrechtliche Grund- 
lagen der F. Die F. hat eine uralte Ge- 
schichte (vgl. Ostertag, Handbuch der F., 5. Aufl., 
Stuttgart 1904, auf welches Werk auch im 
übrigen als die vollständigste und klassische 
Darstellung des Fleischbeschauwesens hiermit 
verwiesen wird). In Preußen hat sich die Er- 
kenntnis von ihrer Bedeutung für den Schutz 
der menschlichen Gesundheit und für die Be- 
kämpfung der Tierkrankheiten verhältnis- 
mäßig spät Bahn gebrochen. Bis in die 
neueste Zeit hinein war hier in größerem Um- 
sange nur ein Zweig der F., die Trichinen- 
und Finnen-)Schau (s. Finnen, Trichinen- 
schau) durchgeführt. Die allgemeine Schlacht- 
vieh= und Fleischbeschau war hingegen bis 
zum Jahre 1903 in der Hauptsache auf die 
öffentlichen Schlachthäuser in den Städten be- 
schränkt, in denen die Untersuchung sämtlicher 
Schlachttiere vor und nach dem Schlachten 
durch die auf Grund des Schlachthausgesetzes 
vom 18. März 1868/9. März 1881 (GS. 277, 273) 
gefaßten Gemeindebeschlüsse allgemein vorge- 
schrieben war. Solche Schlachthöfe gab es im 
Jahre 1903 in Preußen 434, in denen ins- 
gesamt annähernd 8 Mill. Tiere geschlachtet 
und untersucht, außerdem aber noch über 
800 000 geschlachtet eingeführte Tier einer Be- 
schau unterworfen wurden. Außerhalb der 
Schlachthäuser bestand die F. nur in wenigen 
rößeren Bezirken, vor allem in der Prov. 
Heseen-Nassav, und in mehreren kleineren Ge- 
bieten, ferner auch in einzelnen Städten und 
Ortschaften ohne öffentliche Schlachthäuser, 
überall auf Grund lokaler Polizeiverordnungen. 
Die Verallgemeinerung der N. ist erst durch 
das G., betr. die Schlachtvieh= und Fleischbeschau, 
vom 3. Juni 1900 (REl. 547) — Fl- BG. — er- 
folgt, das erst nach längeren schwierigen Ver- 
handlungen im RT. zustande gebracht wurde und 
nach umfassenden Vorbereitungen am 1. April 
1903 in Kraft getreten ist. Es regelt neben 
der eigentlichen Schlachtvieh= und Fleischbeschau 
(§§ 1 ff.) die sanitären Voraussetzungen für 
die Einfuhr ausländischen Fleischee (§§ 12 ff.) 
und trifft auch einige dem Gebiete der außer- 
ordentlichen F. angehörige Vorschriften (ogl. 
namentlich § 21, betr. gesundheitsschädliche und 
täuschende Zusätze zu Fleisch und dessen Zube- 
reitungen; ferner § 18, betr. Vertriebsbe- 
schränkungen für Pferdefleisch). Das Gesetz gibt 
in der Hauptsache nur kBnappe Leitsätze; die 
Ergänzung in materieller Beziehung ist über- 
wiegend dem BR., zum Ketl auch dem 
Landesrecht, in organisatorischer Hinsicht den 
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