Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fleischbeschauer, Fleischbeschaugebühren, Fleischbeschaugesetz — Fleischbeschaustatistik. 
tären Rüchsichten mehr oder minder der Ver— 
nichtung anheimfallen müßten. Um den Ver- 
trieb des bedingt tauglichen und des minder- 
wertigen Fleisches zu erleichtern, hat das 
AG. die sog. „Freibänke“, die eine alte 
deutsche Einrichtung sind und in Süddeutsch- 
land auch schon früher große Verbreitung ge- 
funden haben, für Schlachthausgemeinden 
obligatorisch gemacht und auch im übrigen die 
Schaffung solcher Verkaufsstellen begünstigende 
Bestimmungen getroffen. Der Name stammt 
daher, daß im Mittelalter die zum Verkaufe 
nicht volltauglichen Fleisches bestimmten Bänke 
„frei“, d. h. getrennt von den eigentlichen 
Fleischbänken stehen mußten. Die Einrichtung 
und der Betrieb der Freibänke sind Sache der 
Gemeinden. Wo Freibänke vorhanden sind, 
darf bedingt taugliches oder minderwertiges 
Fleisch an anderer Stelle nicht feilgehalten 
werden. Damit ist einem Mißbrauche mit 
solchem Fleische am besten vorgebeugt. Der 
billige Preis, zu dem es dort abgegeben wer- 
den kann, macht die Freibänke zu einer 
namentlich für die ärmere Bevölkerung großer 
Städte und industriell entwickelter Gegenden 
segensreichen Einrichtung. 
2. Untersuchung des in das Zollin- 
land eingehenden Fleisches. Die Unter- 
suchung soll einen Ersatz für die Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau bei Schlachtungen im In- 
lande bieten. Da sie aber nur an dem Fleisch 
und nicht schon an dem lebenden Tier, über- 
dies auch nicht wie im Inland unmittelbar 
nach der Schlachtung vorgenommen werden 
kann, so sind, um das sanitäre Gleichgewicht 
wenigstens einigermaßen herzustellen, für die 
Fleischeinfuhr im § 12 Fl-B . und in den dazu 
erlassenen Ausführungsvorschriften gewisse 
Einschränkungen vorgesehen, von denen die 
wichtigsten folgende sind: a) frisches Fleisch 
darf nur in ganzen Tierkörpern und im Zu- 
sammenhange mit bestimmten inneren Organen 
eingeführt werden (vgl. insbesondere BB.-P 80); 
b) Fleisch in luftdicht verschlossenen Büchsen, 
Würste und sonstige Gemenge von zerkleiner- 
tem Fleische sind überhaupt, weil eine zuver- 
lässige Untersuchung nicht möglich ist, von der 
Einfuhr ausgeschlossen; c) auch sonst darf zu- 
bereitetes Fleisch nur eingeführt werden, wenn 
nach der Art seiner Zubereitung Gefahren für 
die menschliche Gesundheit erfahrungsmäßig 
ausgeschlossen sind oder die Unschädlichkeit in 
zuverlässiger Weise festgestellt werden kann. 
Diese Feststellung gilt als unausführbar be- 
sonders bei einzelnen Stüchken Pötkelfleisch 
(mit Ausnahme von Schinken, Speck und 
Därmen), sofern das Gewicht nicht mindestens 
4 kg beträgt. Darüber, was als Fleisch im 
Sinne dieser Vorschriften anzusehen ist und 
welche Unterscheidungsmerhmale für frisches 
und zubereitetes Fleisch maßgebend sein sollen, 
sind in den Ausführungsbestimmungen genaue 
Vorschriften getroffen (ovgl. BB. D 88 1—4, 
)Bei der Beurteilung des zur Unter- 
suchung gelangenden ausländischen Fleisches 
wird nicht in gleicher Weise wie bei der In- 
landsbeschau unterschieden, sondern es wird 
Fleisch, das überhaupt zu einer Bemängelung 
Anlaß gibt, entweder unschädlich beseitigt, und 
  
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zwar namentlich solches Fleisch, das Träger 
von gefährlichen Seuchenerregern oder Para- 
siten ist (GBB. D § 18 Abs. 1 und § 19 Abfs. 1 
unter 1I), oder es wird nach dem Auslande zu- 
rüchgewiesen (ebd. unter II und § 21). 
3. Gemeinsame Bestimmungen (Stem- 
pelung). Um die Kontrolle für die Beach- 
tung der Fleischbeschauvorschriften zu sichern, 
hat der Beschauer das Ergebnis der Unter- 
suchung an dem Fleische Renntlich zu machen 
(FlB. 8 19). Für die Art dieser Kennzeich- 
mung hat der B. eingehende Vorschriften 
erlassen, die durch ministerielle Ausführungs- 
verfügungen für Preußen ergänzt sind (BB. A. 
88 42—44; BB.D §§ 24—27; StO. 88 24—27; 
A#BJ. 8§ 36—38; A#B. 8§ 14). Die Kennzeich- 
nung erfolgt durch Stempelung (Brand= oder 
Farbenstempel), bei der einerseits inländisches 
und ausländisches, andererseits taugliches und 
beanstandetes Fleisch, bei letzterem auch die ein- 
zelnen Kategorien, durch Farben, Formen und 
Inschriften der Stempelabdrücke unterschieden 
werden, ferner die untersuchende Stelle ersicht- 
lich gemacht wird. Beanstandetes Fleisch ist 
in jedem Falle von dem Beschauer zunächst 
vorläufig zu beschlagnahmen. Die weiteren 
Entscheidungen und Maßnahmen zur Sicherung 
der vorschriftsmäßigen Behandlung des bean- 
standeten Fleisches hat alsdann die vom Be- 
schauer zu benachrichtigende Polizeibehörde zu 
treffen. Bei den Maßnahmen, die sich auf 
beanstandetes ausländisches Fleisch beziehen, 
hat die Zoll= oder Steuerstelle mitzuwirken 
(FlB. §§ 9, 10, 16; BB. As 41; BB. D 8 24; 
8 §§ 19, 20; AG. 8 17; ABJ. 867; ABA. 
§ 15, 16). Gegen die Entscheidungen der Be— 
schauer und der Polizeibehörde ist unter Aus- 
schluß der Klage im Verwaltungsstreitverfahren 
binnen einer eintägigen Frist eine einmalige 
Beschwerde zulässig (BB. A. § 46; BB.D § 30; 
AG. 8 18; ABJ. 8§§ 68—74; An. 88 18, 19). 
Die sächlichen Kosten der Behandlung (Besei- 
tigung, Brauchbarmachung, Wiederausfuhr) 
des Fleisches fallen dem Besitzer zur Last, des- 
leichen die Kosten unbegründeter Beschwerden. 
Fdo# haben die Gemeinden und selbständigen 
utsbezirke ohne Vergütung einen geeigneten 
Raum zu überweisen, in dem die unschädliche 
Beseitigung des beanstandeten Fleisches erfolgen 
kann, wenn dem Besitzer ein geeigneter Ort 
dazu fehlt (AG. § 15). 
leischbeschauer, Fleischbeschaugebühren, 
FFleischbeschaugesetz s. Fleischbeschau unter 
I1 bzw. II. 
Fleischbeschaustatistik. Sie umfaßt das 
von den Fleischbeschauern und den Beschau- 
stellen für ausländisches Fleisch gesammelte 
Material und beruht auf Anordnungen des 
Reiches, die für Preußen durch Ministerial- 
verfügung nach mehreren Richtungen hin er- 
gänzt sind (ogl. B#est. A § 47 Abs. 5; 3Bl. 
Beil. zu Nr. 22 S. 115; ferner die Erl. vom 20. Juli 
und 19. Aov. 1904 — AMBl. f. Landw. usw. 1905, 
26 ff., wo auch die vom Bl. erlassenen wei- 
teren Ausführungsvorschriften abgedrucht sind). 
Die Statistik umfaßt einmal die vorgekommenen 
Schlachtungen und die Mengen des eingehen- 
den ausländischen Fleisches und ferner die 
Beanstandungen und deren Gründe. Die für
	        
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