Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Gewässer gegen vollständige Entschädigung 
für den allgemeinen Schiffsverkehr oder nur 
für den Flößereiverkehr in Anspruch genom- 
men werden; die seitherigen Autzungsrechte 
bleiben alsdann bestehen, soweit sie mit der 
neuen Bestimmung des Gewässers vereinbar 
sind (OV. 18. Arz 1897 — Pr VBl. 19, 62; 
Ro#s. 45, 183; Str A. 99, 15; ALR. II, 15 
88 39—43). Die Entscheidung über das Vor- 
handensein der natürlichen Schiffbarkeit ist den 
ordentlichen Gerichten nicht entzogen. Durch 
den § 1 des Strombauverwaltungsgesetzes vom 
20. Aug. 1883 (s. d.) ist die Zuständigkeit der 
Oberpräsidenten, welche im Zweifelsfalle über 
die Schiffbarkeit mit Ausschluß des Rechts- 
weges zu entscheiden berufen sind, nur inso- 
weit begründet, als die Frage bei den unter 
dieses Gesetz fallenden Arbeiten streitig wird 
(Re#Z. 49, 319). 
II. Bestandteile. Für die Ausdehnung 
des F. ist der normale Wasserstand maßgebend. 
In Ermangelung einer ausdrüchklichen Gesetzes- 
vorschrift hat die gemeinrechtliche Praxis die- 
sen nach dem höchsten gewöhnlichen Wasser- 
stande bestimmt, welchen der F. in seinem 
Bett erreicht; im Gebiet von Ebbe und Flut 
ist das Hochwasser der gewöhnlichen Flut ent- 
scheidend (R # Z. 44, 128; Or. 82, 354; O6. 
im Pr VBl. 9, 186). Im Bereiche des ALR. 
gilt anschließend an I, 9 §§ 242, 248 der mitt- 
lere Wasserstand, wie er sich unter Ausschei- 
dung außergewöhnlicher Hoch= und Niedrig- 
wässer aus dem Durchschnitt mehrerer Jahres- 
beobachtungen ergibt (Re#Z. 2, 319). Der ge- 
wöhnliche Wasserstand ist an der Vegetations- 
grenze zu erkennen, an den im Trochkenen 
wachsenden Gräsern und Pflanzen mit Aus- 
schluß der Wasserpflanzen und Weiden. Ufer- 
flächen, die vom Wasser dauernd überspült 
werden, fallen dem Flußbett als Bestandteil 
zu (OV 
Zum Flusse gehören die von ihm durchströmten 
Seen (KG. im PrVBl. 11, 338; OVG. 12, 250); 
die seitlich belegenen Flächen, die Aebenarme, alle 
Windungen und Ausbuchtungen, selbst wenn 
sie für die Schiffahrt untauglich sind, alle 
Altarme und Wasserlöcher, solange sie bei 
;Aormalwasser mit dem F. noch in Ver- 
bindung stehen (Rö Z. 23, 155; Pr VBl. 14, 
372; OXTr. 80, 145; O#. 11, 238; 42, 234). 
Selbständige Buchten und Seitenarme, Mühl- 
gräben, welche der Anlieger nachweisbar auf 
seinem Grund und Boden für sich gegraben 
hat, können in seinem Privateigentum stehen. 
III. Autzung. Das Wesen der öffentlichen 
F. zeigt sich darin, daß sie unter öffentlichem 
Rechte stehen, dem privaten Sondereigentum 
entzogen sind und der Gesamtheit dienen. Im 
gemehnen Rechte sind sie öffentliche Sachen 
RGZ. 16, 146). Das ALR. weist fie als ge- 
meines Eigentum dem Staate zu, rechnet 
sie also zu der Klasse von Sachen, welche ihrer 
Aatur nach dem Gebrauche durch jedermann 
unterworfen sind, deren Rutzung indessen im 
übrigen dem Fiskus oder dem fiskalischerseits 
damit beliehenen Personen zusteht (II, 14 § 21; 
B03. 1, 367;, 32, 239; 35, 238; 53, 98; Dernburg, 
Bürgerliches Recht Bd. 3 § 136 Abs. 7). Der 
Code civil erklärt öffentliche F. in Art. 538 für 
. 18, 359; 36, 314; OTr. 80, 145).88 
  
Flüsse (öffentliche). 
dépendances du domaine public. MWie 
und in welchem Umfange der öffentliche F. 
der Allgemeinheit zur Verfügung steht, darüber 
befinden die Verwaltungsbehörden. Im ge- 
meinen Recht besteht daneben gerichtlicher In- 
terdiktenschutz (R#.Z. 15, 182; 16, 144; 30, 127; 
Dernburg, Pandekten Bd. 1 § 73 Ziff. 1). Unter 
den gemeinen Gebrauchsrechten, welche ohne 
weiteres jedermann offenstehen, der rechtlich 
die Möglichkeit des Zutritts besitzt, nimmt die 
erste Stelle die Benutzung für den öffent- 
lichen Verkehr (A#. II. 15 § 47) ein. 
Außerdem werden a. a. O. 88 44, 45 das 
Schöpfen, Baden, Tränken freigegeben. Ein 
über das Maß des Haus= und Wirtschafts- 
bedarfs hinausgehender Gebrauch und Ver- 
brauch von Wasser zur Speisung von Dampf- 
kesseln, Lokomotiven (Str A. 67, 30), die 
Errichtung dauernder Wasserleitungsanlagen 
(Str A. 95, 233) und gewerblicher Wasch= und 
Badeanstalten (§ 46 a. a. O.) fällt nicht 
darunter. Wegen Ent= und Bewässerungs- 
unternehmungen s. d.; wegen der Verwendung 
zur Abwässerung s. Abwässerabfüh- 
rung. Die Benutzung für die Schiffahrt 
umfaßt das Befahren mit Fahrzeugen aller 
Art und die Flößerei; nur der Betrieb der 
Wildflößerei (5 49 a. a. O.) bedarf einer be- 
sonderen staatlichen Genehmigung. S. Flöße- 
rei I. Soweit der F. Autzungen unbeschadet 
der Substanz zu gewähren vermag, und solche 
nicht unter den Gemeingebrauch fallen, sind 
sie vom ALR. II, 15 § 38; II 14, 88§ 24 ff. dem 
Fiskus als niedere Regalien zugeteilt. Die 
Ressortzuständigkeit regelt Erl. vom 10. März 
1881 (MBl. 238). Eine Verringerung der Sub- 
stanz des F. durch die Autzung ist ausgeschlos- 
sen, sofern von selbst, nach dem gewöhnlichen 
Laufe der Natur, eine Ergänzung eintritt 
(BöB. 88 100, 1037; ALR. I, 2 § 110; I, 21 
30 ff.). Es gilt dies von der Entnahme 
von Schilf, Rohr (RG Z. 3, 232), Schlamm, Sand, 
Kies, mitgeführten Steinen; Steine, welche 
Teile des Bettes bilden, unterliegen aber, 
strompolizeiliche Genehmigung vorausgesetzt, 
freier Okkupation (R Z. 4, 260, früher Or. 
42, 54; 31, 73). Die Eisentnahme spricht RG3. 
32, 237 dem Staate zu. Der Fischfang (s. d.) 
gehört nach ALR. II, 15 88 73 ff. im allge- 
meinen zu den Regalien. Die Ausübung des 
Jagdrechts regelt sich nach dem Jagdpolizei- 
gesetze vom 7. Aüärz 1850. Die Ausübung 
erfolgt zusammen mit der Jagd auf den an 
den F. stoßenden Grundstüchen (OV. 18, 287. 
S. auch Jagd und Jagdrecht. An niederen 
Regalien nennt ALR. ferner die Fähr= und 
Brückengerechtsame (II, 15 8§ 50—54). S. Fäh- 
renll und Brücken. Endlich behält § 229 das. 
dem Fiskus das Recht vor, Wassertriebwerke 
aller Art anzulegen. S. Stauanlagen. 
In den zuletzt bezeichneten Grenzen können 
an den F. ungeachtet des öffentlich rechtlichen 
Charakters private Sondernutzungsrechte von 
anderen Personen auch durch Akt der Ver- 
waltung, sei es Gesetz oder Privileg oder 
Vertrag, und durch Ersitzung erworben 
werden. Bei Verleihungen läßt sich grund- 
sätzlich das allgemeine Interesse nur wah- 
ren, wenn sie auf Zeit oder unter Be-
	        
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