Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Freie Innungen. 
von Innungsschiedsgerichten (s. d.) und die 
Errichtung von gemeinsamen Geschäftsbetrieben. z 
Die Begründung aller dieser Einrichtungen er- 
folgt durch Aebenstatut (s. d.). Auf die Unter- 
stützungskassen der Innungen finden die Vor- 
schriften des G. über die privaten Versicherungs- 
unternehmungen vom 12. Mai 1901 (Rl. 
139) nach § 122 a. a. O. keine Anwendung, 
wohl aber auf sonstige Kassen und Versiche- 
rungsunternehmungen, die eine Innung er- 
richtet, z. B. auf eine Viehversicherungskasse 
einer Fleischerinnung (Erl. vom 25. Mai 1903 
— HAl. 202). Die Errichtung gemeinsamer 
Kranken= und Unterstützungskassen ist nur in 
der Formation eingeschriebener Hilfskassen 
oder nach Maßgabe des G. vom 12. Mai 
1901 zulässig (Erl. vom 10. Juli 1905 — 9Mil. 
231). Uber die Einnahmen und Ausgaben der 
durch Aebenstatut begründeten Einrichtungen 
muß getrennte Rechnung geführt und das 
hierfür bestimmte Vermögen gesondert von 
dem übrigen Innungsvermögen verwaltet 
werden. erwendungen für andere Zwecke 
dürfen aus demselben nicht gemacht werden. 
Die Gläubiger haben das Recht auf gesonderte 
Befriedigung aus dem getrennt verwalteten 
Vermögen. Uber das Einigungsamt f. In- 
nungsschiedsgerichte. 
III. Errichtung, Bezirk, Name. Die 
Errichtung der Innung erfolgt dadurch, daß 
sich diesenigen, welche zu einer Innung zu- 
sammentreten wollen, über den Entwurf eines 
Innungsstatuts (s. d.) verständigen und durch 
Vermittlung der unteren Verwaltungsbehörde 
(s. d.) die Genehmigung des BezA. (im Stadt- 
kreise Berlin des Polizeipräsidenten) einholen. 
Der Bezirk der Innung soll in der Regel 
nicht über einen Regierungsbezirk oder den 
Stadikreis Berlin hinausgehen. Ausnahmen 
bedürfen der Genehmigung des HMl., die aber 
bei Handwerkervereinigungen (s. d.) nicht erteilt 
wird, wenn der Bezirk der Handwerkskam- 
mern (s. d.) überschritten wird (Ausf Anw. z. 
GewO. vom 1. Mai 1904 — HOMl. 123 — 
Ziff. 89). Soll der Bezirk über das Ge- 
biet eines Bundesstaats hinausgehen, so 
ist hierzu die Genehmigung des PM. und 
der Zentralbehörden der beteiligten Bundes- 
staaten erforderlich. Die Zuständigkeit der 
Behörden wird im Falle der Genehmigung 
durch den Sitz der Innung bestimmt. Die 
Innung muß einen Namen führen, der von 
dem aller anderen Innungen in derselben Ge- 
meinde verschieden ist (Gew O. 8§ 82). 
IV. Beitrittsrecht (GewO. 8§ 87). Die 
näheren Voraussetzungen für die Aufnahme 
in die Innung hat nach GewO. 8 83 Abfs. 3 
Ziff. 3 das Statut (s. Innungsstatut) zu 
regeln. Es können als Innungsmitglieder 
jedoch nmur ausgenommen werden: 1. diejenigen, 
welche ein Gewerbe, für welches die Innung 
errichtet ist, in dem Innungsbezirke selbständig 
betreiben. Eine spätere Anderung der In- 
nungsbezirke oder die Aufgabe des Gewerbe- 
betricbes im Innungsbezirke hat nur dann 
den Verlust der Mitgliedschaft zur Folge, wenn 
das Statut dies vorschreibt (ogl. AusfAnw. z. 
Gew. Ziff. 92; OV-. vom 28. Jan. 1886 
— Pr. 7, 194). Fabrikanten können als 
  
  
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Mitglieder ausgenommen werden (Wot. z. Nov. 
. Gew O. vom 6. Juli 1887 — RDTuuchks. 
Nr. 85 S. 56). Ebenso Frauen und Minder- 
jährige, sofern sie ein in der Innung ver- 
tretenes Gewerbe selbständig betreiben (Komm- 
Ber. z. Nov. z. GewO. vom 26. Juli 1897 
— ATDruchs. Ar. 819 S. 9, 10); 2. diejenigen, 
welche in einem dem Gewerbe angehörenden 
Großbetrieb als Werkmeister oder in ähnlicher 
Stellung beschäftigt sind; 3. diejenigen, welche 
in dem Gewerbe als selbständige Gewerbe- 
treibende oder als Werkmeister oder in ähn- 
licher Stellung tätig gewesen sind, diese Tätig- 
keit aber aufgegeben haben und eine andere 
gewerbliche Tätigheit nicht ausüben; 4. die in 
landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrie- 
ben gegen Entgelt beschäftigten Handwerker 
(Guts-, Fabrikhandwerker). Das Statut kann 
weitere als die hier vorgeschriebenen Be- 
dingungen verlangen, nicht aber die gesetz- 
lichen Voraussetzungen ändern. So kann 
vorgeschrieben werden, daß der Besitz der 
bürgerlichen Ehrenrechte Vorbedingung für die 
Aufnahme ist, und daß die die Aufnahme 
Nachsuchenden im Bezirke der Innung auch 
wohnen müssen, und daß in diesem Falle 
durch Verlegung des Wohnsitzes aus dem 
Innungsbezirke die Mitgliedschaft verloren 
geht (AusfAnw. z. Gew. Ziff. 92). Die Auf- 
nahme von Ehrenmitgliedern (s. d.) ist ge- 
stattet. Bon der Ablegung einer Prüfung 
kann die Aufnahme nur abhängig gemacht 
werden, wenn Art und Umfang derselben 
durch das Statut geregelt sind; die Prüfung 
darf nur den Nachweis der Befähigung zur 
selbständigen Ausführung der gewöhnlichen 
Arbeiten des Gewerbes bezwecken (s. auch 
OV. 27, 323). Ist die Aufnahme von der 
Zurücklegung einer Lehrlings= oder Gesellen- 
zeit oder von der Ablegung einer Prüfung 
abhängig gemacht, so ist eine Ausnahme von 
der Erfüllung dieser Anforderungen nur unter 
bestimmten, im Statute festgestellten Voraus- 
setzungen zulässig. Von einem Aufnahme- 
suchenden, welcher bereits vor einer andern 
Innung desselben Gewerbes eine Aufnahme- 
prüfung bestanden hat, Rann eine solche nicht 
nochmals verlangt werden (ogl. OVG. vom 
9. Febr. 1898 — Pr VBl. 19, 482 — und vom 
25. Juni 1888 — Pr Vil. 10, 564). Gewerbe- 
treibenden, welche den gesetzlichen und statuta- 
rischen Anforderungen entsprechen, darf die 
Aufnahme in die Innung nicht versagt werden. 
Die Mitgliedschaft wird erst durch die zustim- 
mende Willenserklärung der Innung oder 
ihrer berufenen Organe erworben. Die Auße- 
rung kann, wenn sie ohne gesetzlichen Grund 
verweigert wird, durch die Aufsichtsbehörde 
oder die Entscheidung des zuständigen Ver- 
waltungsgerichts erfolgen (O#V. 11, 332). 
Streitigkeiten über die Aufnahme entscheidet 
die Aussichtsbehörde. Gegen ihre Entscheidung 
ist binnen vier Wochen die Klage beim Bez . 
zugelassen, die endgültig entscheidet (Gew. 
§ 96 Abs. 7; Z3G. 8 125 Abs. 2). 
V. Austritt, Ausschluß (GewO. 8 87 à0. 
Der Austritt aus der Innung ist, wenn das 
Innungsstatut eine vorherige Anzeige darüber 
nicht verlangt, am Schlusse jedes Rechnungs-
	        
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