Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fürsorge für Witwen und Waisen der Beamten usw. — Fürsorgeerziehung. 
lohn nach billigem Ermessen bestimmt (BGB. 
8 971). Mit dem Ablauf eines Jahrs nach 
der Anzeige des Fundes, bei Funden im Wert 
unter 3 M. nach Ablauf eines Jahrs nach 
dem Fund, erwirbt der Finder das Eigentum, 
sofern nicht vorher ein Empfangsberechtigter 
dem Finder bekannt geworden ist. er 
Finder hat alsdann die Empfangsberechtigten 
zur Erklärung über die ihm zustehenden An- 
sprüche aufzufordern. Mit dem Ablaufe der 
hierfür bestimmten Frist erwirbt der Finder 
das Eigentum, wenn nicht die Empfangs- 
berechtigten sich rechtzeitig zur Befriedigung 
der Ansprüche bereit erklärt haben (BEB. 
§§ 973, 974). Die Polizeibehörde darf die 
F. oder ihren Erlös nur mit Zustimmung des 
Finders an den Empfangsberechtigten heraus- 
geben. Verzichtet der Finder auf sein Eigen- 
tum, so geht sein Recht auf die Gemeinde 
des Fundortes über. Wer eine Sache in den 
Geschäftsräumen oder den Beförderungsmitteln 
einer öffentlichen Behörde oder einer dem 
öffentlichen Verkehre dienenden Verkehrsan- 
stalt findet und an sich nimmt, hat die Sache 
unverzüglich an die Behörde oder die Ver- 
kehrsanstalt, die in der Regel Fundbureaus 
eingerichtet haben, oder an einen ihrer An- 
gestellten abzuliefern (BGB. 8 978). Für die 
ehandlung der im Bereich der Staatseisen- 
bahnverwaltung zurüchgelassenen und aufge- 
fundenen Gegenstände ist eine fundordnung, 
in ihrer jetzigen Fassung vom 17. Nov. 1904 
(E#Bl. 355), erlassen. Hiernach sind neun 
Fundbureaus errichtet, an die die gefun- 
denen Gegenstände, wenn der Verlierer sich 
nicht innerhalb einer bestimmten Frist meldet, 
abzuliefern sind. Außerdem besteht in Berlin 
eine Zentralfundstelle, die auf Grund von 
Anzeigen der Fundbureaus über gefundene 
und verlorene Gegenstände den Eigentümer 
u ermitteln versucht. Die Behörde oder die 
erkehrsanstalt kann die F. öffentlich ver- 
steigern lassen, nachdem die Empfangsberech- 
tigten in einer öffentlichen Behanntmachung 
zur Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung 
einer Frist aufgefordert sind und die Frist 
verstrichen ist (BoB. § 980). Die Bekannt- 
machung erfolgt bei den Reichsbehörden, preuß. 
Behörden oder Verkehrsanstalten gemäß Rl- 
Bek. vom 16. Juni 1898 (Röl. 912), Erl. 
vom 18. Nov. 1899 (JMl l. 379; MBil. 1900, 
35) durch Aushang an der Amtsstelle, oder an 
der für Bekanntmachungen bestimmten Stelle. 
Zwischen Aushang und Fortnahme der Be- 
kanntmachung soll mindestens eine Frist von 
sechs Wochen verstrichen sein. Sind seit dem 
Ablaufe der in der öffentlichen Bekanntmachung 
bestimmten Frist drei Jahre verstrichen, so 
fällt der Versteigerungserlös, wenn nicht ein 
Empfangsberechtigter sein Recht angemeldet 
hat, bei Reichsbehörden und Reichsanstalten 
an den Reichsfiskus, bei Landesbehörden und 
Landesanstalten an den Staatsfiskus, bei 
Gemeindebehörden und Gemeindeanstalten an 
ßge Gemeinde, bei Verkehrsanstalten, die von 
rivaten betrieben werden, an diese (BeE. 
981). S. auch Erl. vom 7. März 1900 
WBl. 138) 
Fursorge für Witwen und Waisen der 
  
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Beamten, Offiziere, Gemeindebeamten usw. 
s. die Witwen= und Waisenversorgung 
betreffenden Artikel und Kriegshinterblie- 
bene; ferner Gymunasiallehrer (Besol- 
dungs= usw. Verhältnisse) V; Kirchen- 
beamte lII, 3; von Unfallversicherten s. Hin- 
terbliebene; F. für entlassene Strafgefangene 
s. Strafgefangene lII und Depor- 
tation II. 
Fürsorgeerziehung. I. Nach § 55 StE. 
in der Fassung des G. vom 26. Febr. 1876 
(Röl. 25) können gegen denjenigen, welcher 
bei Begehung einer strafbaren Handlung das 
12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und 
deshalb nicht strafrechtlich verfolgt werden 
darf (s. Minderjährige II, nach Alaßgabe 
der landesgesetzlichen Vorschriften die zur 
Besserung und Beaufsichtigung geeigneten 
Maßregeln getroffen werden; insbesondere 
kann die Unterbringung in eine Erziehungs- 
anstalt oder Besserungsanstalt erfolgen, nach- 
dem durch Beschluß der Vormundschaftsbehörde 
die Begehung der Handlung festgestellt und 
die Unterbringung für zulässig erklärt ist. 
Zur Ausgestaltung dieser Bestimmungen wur- 
den in den meisten deutschen Bundesstaaten 
besondere Zwangserziehungsgesetze erlassen, 
welche teilweise, so namentlich das Bad#. 
vom 4. Mai 1886, für die Anordnung der 
Zwangserziehung über den strafrechtlichen 
Rahmen nicht unerheblich hinausgehend in 
verschiedenem Umfange die Zwangserziehung 
auch gegen verwahrloste Personen, welche 
keine strafbare Handlung begangen hatten, 
und zwar auch über die Altersgrenze von 
12 Jahren hinaus, gestatteten. In Preußen 
erging das G., betr. die Unterbringung ver- 
wahrloster Kinder, vom 13. März 1878 (GS. 
132), das durch die G. vom 27. März 1881 
(GS. 275) und 23. Juni 1884 (GS. 300) einige 
Abänderungen erfuhr, jedoch auch nach diesen 
noch darauf beschränkt blieb, nähere Anord- 
nungen über die Zwangserziehung für solche 
Minderjährige zu treffen, welche in dem Alter 
zwischen 6— 12 Jahren eine strafbare Hand- 
lung begangen haben, sich namentlich nicht 
auf die im AL. II. 2 §§ 90, 91 behan- 
delten Fälle mit erstrechte. Es hat sich des- 
halb als unzureichend erwiesen, um der Ver- 
wahrlosung und Verrohung der Jugend und 
der damit zusammenhängenden Steigerung 
der Kriminalität entgegenzuwirken. Dennoch 
gelang es nicht, in das BEB. Bestimmungen 
über eine Zwangserziehung in jedem Falle 
sittlicher Verwahrlosung eines RKindes hinein- 
ubringen. Es wurden vielmehr nur der 
andesgesetzgebung weitgehende Befugnisse 
zum staatlichen Einschreiten gegen Verwahr- 
losung durch den Art. 135 EcBEB. frei- 
gegeben, indem dieser bestimmte, daß die lan- 
desgesetzlichen Vorschriften über die Zwangs- 
erziehung Minderjähriger unberührt bleiben, 
die Zwangserziehung jedoch, unbeschadet der 
Vorschriften der §§ 55, 56 St GB., nur zu- 
lässig ist, wenn sie von dem Vormundschafts- 
gericht angeordnet wird, die Anordnung außer 
den Fällen der §§ 1666, 1838 BoB. nur er- 
folgen Kann, wenn die Zwangserziehung zur 
Verhütung des völligen sittlichen Verderbens
	        
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