Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gebäudesteuer. 
fassenden Grundsteuer abgezweigt worden, in 
Preußen durch das G., betr. Einführung einer 
allgemeinen G., vom 21. Mai 1861 (GS. 317). 
Durch § 1 des G. wegen Aufhebung direkter 
Staatssteuern vom 14. Juli 1893 (GS. 119) 
ist die G. wie die Grund= und Gewerbesteuer 
der Staatskasse gegenüber außer Hebung ge- 
setzt; sie wird aber wie diese beiden anderen 
Realsteuern weiter veranlagt behufs Be- 
nutzung für die Gemeinde= und Kreisbesteue- 
rung, und zwar unter Ausdehnung der Ver- 
anlagung auf die nach dem G. vom 21. Mai 
1861 steuerfreien, aber nach § 24 RA. steuer- 
pflichtigen Gebäude. In den Hohenzollernschen 
Landen besteht eine besondere, durch Art. 1 des 
G., betr. die Umgestaltung der direkten Staats- 
steuern in den Hohenzollernschen Landen, vom 
2. Juli 1900 (GS. 252) in gleicher Weise für 
die Staatskasse auger Hebung gesetzte, aber 
weiter veranlagte G. (vgl. den betr. Artikel). 
II. Die G. nach dem G. vom 21. Mai 
1861, das demnächst auf die neuen Landes- 
teile ausgedehnt ist, trifft alle Gebäude 
mit Ausnahme jetzt der im § 24 RA#. aufge- 
führten, d. i. 1. der kgl. Schlösser, 2. der fremden 
Staaten gehörigen Botschafts= und Gesandt- 
schaftsgebäude, 3. der dem Staate oder kommuna- 
len Verbänden gehörigen, zu einem öffentlichen 
Dienste oder Gebrauch bestimmten Gebäude, 
4. der Universitäts= und anderen zum öffentlichen 
Unterricht bestimmten Gebäude, 5. der dem öffent- 
lichen Gottesdienste gewidmeten und der gottes- 
dienstlichen Gebäude der mit Korporations-= 
rechten versehenen Religionsgesellschaften, 6. der 
Armen-, Waisen= und öffentlichen Kranken- 
häuser, der Gefängnis-, Besserungs-, Bewahr- 
und derjenigen Wohltätigkeitsanstalten, welche 
die Bewahrung vor Schutzlosigkeit oder sitt- 
licher Gefahr betreffen, der milden Stiftungen 
gehörigen und für deren Zweche unmittelbar 
benutzten Gebäude — durch Gemeindebeschluß 
können ihnen auch anderweitige Gebäude 
solcher milder Stiftungen, die nicht bloß zu- 
gunsten bestimmter Personen oder Familien 
bestehen, gleichgestellt werden —, endlich, 7. so- 
weit ihnen bereits vor Erlaß des RA. Steuer- 
freiheit zustand, der Dienstwohnungen der 
Geistlichen, Kirchendiener und Volksschullehrer. 
Außer diesen sind nach wie vor der G. nicht 
unterworfen unbewohnte Gebäude, welche a) 
nur zum Betriebe der Landwirtschaft bestimmt 
sind, d) zu gewerblichen Anlagen gehören und 
nur zur Aufbewahrung von Brennmaterialien, 
Rohstoffen oder als Stallung für das lediglich 
zum Gewerbebetriebe bestimmte Zugvieh dienen, 
) zu Ent= oder Bewässerungsanlagen dienen. 
Der G. unterliegt das Gebäude mit dem 
Grund und Boden, auf dem es steht, den 
dazugehörigen Hofräumen und einen Morgen 
( 25,53 a) nicht übersteigenden Hausgärten. 
Den Maßstab bildet der Bruttonutzungswert, 
dergestalt, daß sedes Gebäude nach Maßgabe 
desselben zu einer der Stufen des dem Gesetze 
beigefügten Tarifs, wenn aber der Nutzungs- 
wert zwischen zwei Stufen fällt, zur niedrigeren 
eingeschätzt wird. Die Steuer beträgt von 
dem Autzungswert a) 4% für vorzugsweise 
zu Wohnzwecken benutzte Gebäude, für Schau- 
spiel-, Ball-, Bade-, Gesellschaftshäuser und 
  
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ähnliche Gebäude, b) 2% für vorzugsweise 
um Gewerbebetriebe dienende Gebäude. Der 
utzungswert wird festgestellt a) in Städten 
und solchen ländlichen Ortschaften, in denen 
eine überwiegende Anzahl von Wohngebäuden 
regelmäßig durch Vermietung benutzt wird, 
nach dem mittleren Jahresmietswert, der nach 
den durchschnittlichen Mietspreisen abzumessen 
ist, die in der Gemeinde in den der Veran- 
lagung vorangegangenen zehn Jahren bedungen 
sind; b) in anderen ländlichen Ortschaften, so- 
weit nicht wirkliche Alietspreise einen zu- 
reichenden Anhalt geben, nach Größe, Bauart 
und Beschaffenheit der Gebäude, Größe und 
Beschaffenheit der Hofräume und Hausgärten, 
sowie nach den Verhältnissen der zugehörigen 
ländlichen Besitzungen und nutzbaren Grund- 
stüche: es sind nämlich in der Regel 1. Wohn- 
gebäude, die zu solchen ländlichen Grundstücken 
gehören, deren Ertrag den Besitzer nicht allein 
zu ernähren vermag, so daß er noch Verdienst 
durch Tage= oder ähnliche Lohnarbeit Lechen 
muß, sowie Wohngebäude der kleinen Hand- 
werker, Fabrikarbeiter usw. zu den sechs unter- 
sten, den Autzungswerten bis zu 60 Al. ent- 
sprechenden Stufen des Tarifs, 2. Wohngebäude 
selbständiger ländlicher Besitzungen mit weniger 
als 3000 M. Grundsteuerreintrag zu den Stufen 
7—22 (Autzungswert 600 Al.), 3. Wohngebäude 
größerer ländlicher Besitzungen zu den Stufen 
17—37 (Autzungswert 2250 M.) einzuschätzen, 
in Reinem der Fälle zu 1—3 aber höher als 
Wohngebäude gleicher Größe, Bauart und 
Beschaffenheit in der nächsten Landstadt. Außer- 
dem sind in diesen Ortschaften folgende Grund- 
sätze zu beobachten: es sind einzuschätzen 1. ge- 
ringwertige, nur für eine Familie Raum bietende 
Wohngebäude, zu denen kheine oder nur kleine 
Grundstücke von geringem Ertrage gehören, 
in der Regel in der Tarifstufe 1; 2. A-eben- 
wohngebäude ländlicher Besitzungen (Pächter-, 
emnspektor-, Förster-, Tagelöhnerhäuser) in den 
tufen 1—6, es sei denn, sie wären an Per- 
sonen vermietet, die weder in der Wirtschaft 
tätig noch im Dienst des Besitzers derselben 
sind; 3. nur zum Sommeraufenthalt bestimmte 
Land= und Gartenhäuser dagegen ohne Rück- 
sicht auf die zugehörigen Ländereien nach Größe, 
Bauart und Beschaffenheit; 4. andere als 
Wohngebäude wie gleichartige in der für jeden 
Kreis nach Anhörung des Provinziallandtags 
bestimmten Aormalstadt (Gebäudesteuergesetz 
§ 2—8; RA. S 24). 
III. Die Veranlagung der G. erfolgt alle 
15 Jahre; in der Zwischenzeit werden neu ver- 
anlagt nur neu entstandene, in der Substanz 
veränderte, aus der Kategorie der steuerfreien 
in die der steuerpflichtigen oder aus der Kate- 
gorie der gewerblichen in die der Wohngebäude 
oder umgekehrt übergehende Gebäude. Alle 
derartigen die Steuerpflicht berührenden Ver- 
änderungen sind daher vom Eigentümer oder 
Autznießer beim Katasterkontrolleur anzu- 
melden (vgl. Fortschreibung). Die Steuer- 
bflicht neuer und die Steuerhöhung verbesserter 
ebäude tritt jetzt nach § 26 Abs. 4 RW. 
schon mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem 
die Autzbarkeit eingetreten oder die Verbesse- 
rung vollendet ist, ein; nach dem Gebäude-
	        
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