Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Ambulanter Gewerbebetrieb. 
oder des Wohnsitzes auf öffentlichen Wegen, 
Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen 
Orten oder ohne vorgängige Bestellung (s. d. von 
Haus zu Haus. Derselbe unterliegt kraft Gesetzes 
mehreren Beschränkungen, auch hann er all- 
gemein durch Anordnung der Behörden erheb- 
lich eingeschränkt werden. Gesindevermietern 
(s. d.) und Stellenvermittlern ist der a. G. 
überhaupt untersagt (Vorschriften vom 10. Aug. 
1901 Ar. 17). 
UI. Gesetzliche Beschränkungen. 1. Das 
gewerbsmäßige Darbieten von Musikauffüh— 
rungen, Schaustellungen, theatralischen Vor- 
stellungen oder sonstigen Lustbarkeiten, ohne 
daß ein höheres Interesse der Kunst oder 
Wissenschaft dabei obwaltet (s. Kunstinteresse, 
höheres), bedarf der vorgängigen Erlaubnis 
der Ortspolizeibehörde (GewO. § 33b). Zu 
den öffentlichen Plätzen im Sinne des § 33b 
a. a. O. gehören Schanklokale und die dazu- 
gehörigen Hofräume rW nicht (OVd. 43, 304; 
45, 339; 46, 343; &G. vom 16. Alärz 1905). 
Gegen die Versagung und Zurückziehung der 
Erlaubnis finden die Rechtsmittel des L. 
§ 127 Anwendung (OV. 45, 339). Strafbe- 
stimmung s. Gew O. 8 148 Abs. 1 Ziff. 5. 
2. Das gewerbsmäßige Ausrufen, Verkaufen, 
Verteilen, Anheften oder Anschlagen von 
Druchschriften — dazu gehören Stimmzettel 
für öffentliche Wahlen, die im Wege der Ver- 
vielfältigung hergestellt sind und nur die Be- 
zeichnung der zu wählenden Person enthalten, 
nicht (G. vom 12. März 1884— REl. 17) —oder 
anderen Schriften oder Bildwerken auf öffent- 
lichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen 
öffentlichen Orten bedarf der Erlaubnis der 
Ortspolizeibehörde (HGewO. 8§ 43). Das Ver- 
teilen von Schriften setzt eine Aehrheit von 
Personen, denen die Schrift Lugänglich ge- 
macht werden soll, voraus (& J. 14, 3660). 
Aur diesenigen, welche das Ausrufen usw. vor- 
nehmen, nicht aber solche Personen, die das 
Usrufen vornehmen lassen, fallen unter die 
Vorschrift (OVe. 23, 274; 35, 429). Den 
über die Erlaubnis auszustellenden, auf den 
Namen lautenden Legitimationsschein hat der 
Gewerbetreibende bei sich zu führen. Die Er- 
laubnis ist zu versagen, wenn der Aachsuchende 
git einer abschreckenden oder ansteckenden 
rankheit behaftet — für das bloße Anheften 
und Anschlagen ist die abschreckende Entstellung 
ein Versagungsgrund — oder in einer ab- 
schrechenden Weise entstellt ist, wenn er unter 
olizeiaufsicht steht, wenn er wegen gewohn- 
feltsmähiger Arbeitsscheu, Bettelei, Land- 
treicherei, Trunksucht u. dgl. berüchtigt ist; sie 
st in der Regel zu versagen, wenn der Nach- 
uchende noch nicht 25 Jahre alt — es sei 
istnn, daß er der Ernährer einer Familie 
it und bereits vier Jahre im a. G. tätig 
E —, blind, taub oder stumm ist oder an 
eistesschwäche leidet, und darf nur versagt 
eierden, wenn der Lachsuchende im Inland 
imen festen Wohnsitz nicht hat oder wegen der 
) GewO. 57b Nrr. 2 bezeichneten strafbaren 
dendlungen zu einer Freiheitsstrafe von min- 
stens einer Woche verurteilt ist und seit 
verbüßung der Strafe fünf Jahre noch nicht 
rflossen sind. Der versagende Bescheid ist 
  
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mit Gründen zu versehen (GewO. 8 63 Abf. 1). 
Gegen die Verfügung, durch die die Erlaub- 
nis versagt wird, findet innerhalb 2 Wochen 
die Klage beim Kr A., in Stadtkreisen und in 
den zu einem Landbkreise gehörigen Städten 
mit mehr als 10000 Einwohnern bei dem B. 
statt. Gegen die Endurteile des BAl. ist nur 
die Revision zugelassen (ZG. §§ 116, 118). Zur 
gewerbsmäßigen Verteilung von Stimmzetteln 
und Druchschriften zu Wahlzwecken bei der 
Wahl zu gesetzlichen Körperschaften ist eine 
polizeiliche Erlaubnis in der Zeit von der 
amtlichen Bekanntmachung des Wahltags bis 
zur Beendigung des Wahlakts nicht erforder- 
lich. Wegen der nicht gewerbsmäßigen Ver- 
teilung von Druchschriften s. d. 
3. Gegenstände, die von dem Ankauf oder 
Feilbieten im Umherziehen aueseschlossen sind 
(s. Hewerbebetrieb im Umherziehen), dürfen 
nicht feilgeboten oder zum Wiederverkauf an- 
ekauft werden, mit Ausnahme von Bier und 
ein in Fässern und Flaschen. Das Feil- 
bieten geistiger Getränke (s. d.) kann im Falle 
des Bedürfnisses von der Ortspolizeibehörde 
vorübergehend gestattet werden. Auch können 
die zuständigen Minister weitere Ausnahmen 
nach Maßgabe des Bedürfnisses zulassen 
(GewO. § 42 a). S. auch Druckschriften- 
verbreitung. Soweit für den Gewerbe- 
betrieb im Umherziehen (s. d. III 6) Ausnahmen 
zugelassen sind, gelten sie auch für den a. G. 
4. An Sonn= und Festtagen unterliegt der 
a. G. den gleichen Beschränkungen, wie der 
Gewerbebetrieb im Umherziehen (s. d. 10. Uber 
den a. G. während der Ladenschlußzeit an 
Werktagen s.Offene BVerkaufsstellen IV 3. 
5. Kinder unter vierzehn Jahren dürfen 
Gegenstände im a. G. nicht feilbieten. In 
Orten, wo ein solches Feilbieten durch Kinder 
herkömmlich ist, darf die Ortspolizeibehörde ein 
solches Feilbieten für bestimmte Heitabschnitte, 
die in einem Kalenderjahre zusammen vier 
Wochen nicht überschreiten dürfen, gestatten 
(GewO. § 42b Abs. 5). 
III. Behördliche Beschränkungen 
(Gew O. § 42b). Durch den Regierungspräsi- 
denten, im LPB. Berlin durch den Polizei- 
präsidenten nach Anhörung des Gemeinde- 
vorstandes oder durch Beschluß des Ge- 
meindevorstandes mit Genehmigung des Re- 
gierungspräsidenten (im LP. Berlin des 
Polizeipräsidenten) kann bestimmt werden, daß 
Personen, die Waren feilbieten, oder die bei 
anderen Personen als bei Kaufleuten oder 
solchen Personen, welche die Waren produzieren, 
oder an anderen als in offenen Verkaufsstellen 
([s. d.) zum Wiederverkauf ankaufen, oder 
Warenbestellungen bei Personen, in deren Ge- 
werbebetriebe Waren der angebotenen Art 
keine Verwendung finden, aufsuchen, oder die 
gewerbliche Leistungen, hinsichtlich deren dies 
nicht Landesgebrauch ist, anbieten (s. d.) wollen, 
der Erlaubnis bedürfen. Das „Feilbieten 
von Waren " setzt das Mitführen der Waren 
voraus (KGJ. 10, 196; 14, 315; RE#St. 22, 
31; 25, 242). Feilhalten ist ein dem Kauf- 
lustigen erkennbares Bereithalten zum Ver- 
kauf (KJ. 23 C 57; 24 Cb50). Hber An- 
träge auf Erteilung der Erlaubnis, über die 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 4
	        
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