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durch die gemäß §§ 15, 16 PStG. vom 6. Febr.
1875 (Rönl. 23) zu erteilenden Auszüge aus
dem Geburtsregister die uneheliche Abstam-
mung bekannt wird, sind die Standesbeamten
ermächtigt worden, für Schul= und Unterrichts-
zwecke einschließlich des Konfirmandenunter-
richts auf ausdrüchlichen Antrag der Be-
teiligten statt der Auszüge bloße G. nach
einem bestimmten Formulare auszustellen (af.
vom 24. Febr. 1905 — Mll. 40, mit näheren
Bestimmungen wegen der Gebührensätze und
der Lieferung der Formulare, sowie wegen
der Ausstellung von G. statt der Register-
auszüge für andere Zweche als Schul= und
Unterrichtszwecke nur mit besonderer Genehmi-=
gung) ür Zwecke der Eheschließung soll die
usstellung eines G. bloß in besonderen
Ausnahmefällen genehmigt werden (Vf. vom
26. Juli 1905 — UMBl. 130).
Geburtsurkunden und -bescheinigungen
s. Auszüge aus Standesregistern.
Gefahr (gemeine; verweigerte Hilfe-
leistung bei gemeiner G.). Eine Rechts-
pflicht, die Tätigkeit der Behörde zu unter-
stützen, besteht für Privatpersonen im allge-
meinen nicht. Die wichtigsten Ausnahme-
vorschriften enthält der § 360 Ziff. 10 St GB.
(sog. Liebesparagraph). Hiernach wird mit
Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft bis
zu 6 Wochen bestraft, wer bei Unglücksfällen
— auch solchen, die nur einzelne Personen
betroffen haben (s. Behandlung Verun-
glückter) — oder bei gemeiner — d. h. die
llgemeinheit bedrohender — G. oder Mot,
von der Polizeibehörde oder deren Stellver-
treter zur Hilfeleistung aufgefordert, der Auf-
forderung Reine Folge leistet, obgleich er ihr
ohne erhebliche eigene Gefahr genügen konnte.
Befugt zum Ersuchen um Hilfeleistung ist die
Polizeibehörde wie der einzelne zuständige
Polizeibeamte des betroffenen oder bedrohten
örtlichen Bezirks, auch gegenüber Personen,
die nicht dort wohnhaft sind. Aur erhebliche,
mit der Hilfeleistung verknüpfte G. berechtigt
zur Ablehnung der polizeilichen Aufforderung,
gegen die aber die gegen polizeiliche Ver-
fügungen gegebenen Bechtsmittel (s. Polizei-
verfügungen) zulässig sind (OV. 30, 431).
Eine erweiterte Zwangsbefugnis zur Hilfe-
leistung bei Waldbränden gewährt § 44 des
Feld- und Forstpolizeigesetzes vom 1. April
1880 (GS. 230); vgl. auch § 21 des Paost-
gesetzes vom 28. Okt. 1871 (Rl. 347) über
die Verpflichtung der Straßenanwohner zur
Weiterbeförderung bei Postunfällen; § 9 der
Strandungsordnung vom 17. Mai 1874./30.Dez.
1901 (Röl. 1874, 73; 1902, 1) über Unge-
gehoosam gegen den Strandvogt bei Seenot;
§ 205, 207 des Berggesetzes vom 24. Juni
1865 (GS. 705) über die Ausführung der
vom Nevierbeamten angeordneten Bettungs-
arbeiten in Bergwerken durch Arbeiter und
Hilfsmittel des Bergwerksbesitzers und der
benachbarten Besitzer (K Bergpolizei); 8 25
des Deichgesetzes vom 28. Jan. 1848 (GS. 54)
über Hilfeleistung zu Schutzarbeiten gegen
Uberschwemmungen. S. auch Feuerlösch-
wesen.
Gefahrenklassen können Krankenkassents.d.),
Geburtsurkunden und -bescheinigungen — Gefällsteuer.
die für verschiedene Gewerbszweige oder Be-
triebsarten errichtet sind, einführen, d. h. sie
können die Beiträge für diese verschieden be-
messen, wenn und soweit die Verschiedenheit
der Gewerbszweige und Betriebsarten eine
erhebliche Verschiedenheit der Erkrankungs-
gefahr bedingt. Solche Festsetzungen bedürfen
der Genehmigung, des Regierungspräsidenten,
in Berlin des Oberpräsidenten (RV. S 22
Abs. 3; AusfAnw. z. &VG. vom 10. Juli 1892
Ziff. 2 — MBl. 301). Bei der Gewerbeunfall-
versicherung, der Unfallversicherung für Land-
und Forstwirtschaft und bei der Bauunfall-
versicherung müssen für die zur Berufsgenossen-
schaft gehörenden Betriebe je nach dem Grade
der mit denselben verbundenen Unfallgefahr
entsprechende G. gebildet und über die Höhe
der in denselben zu entrichtenden Beiträge (Ge-
fahrentarif) Bestimmungen getroffen werden.
Bei den land= und forstwissenschaftlichen Be-
rufsgenossenschaften, die ihre Beiträge durch
Zuschläge zu den Staats= oder Gemeinde-
steuern erheben, fällt die Aufstellung des Ge-
fahrentarifs fort. Die Seeberufsgenossenschaft
kann für die ihr angehörenden Betriebe mit
Ausnahme der Schiffahrtsbetriebe, einen Ge-
fahrentarif aufstellen und einzelne Fahrzeuge
oder Reisen mit besondern Zuschlägen belasten.
Der Gefahrentarif wird durch die Genossen-
schaftsversammlung oder durch einen Ausschuß
oder den Vorstand aufgestellt und bedarf der
Genehmigung des BVWA. Er muß nach zwei
Rechnungsjahren und sodann alle fünf Jahre
revidiert werden. Gegen die Veranlagung
steht dem Unternehmer binnen zwei Wochen
die Beschwerde an das RVA. zu (GUVG.
§ 49; LU . § 52; BU#. § 14; SU#.
§ 50—5600.
Gefälle sind Einkünfte, welche auf Grund
eines guts-, lehns= oder gerichtsherrlichen Ber-
hältnisses von diesem unterworfenen oder
unterworfen gewesenen fremden Grundstüchen
bezogen werden, auf denen sie als Reallast
haften. Alit der Ablösung der BReallasten
(s. den Artikel) sind die meisten G. in Weg-
fall gekommen.
Gefällsteuer ist eine von den Gefällen
(s. d.) in solchen Staaten, welche bei der
Grund= und Gebäudesteuer den Abzug der
Reallasten zulassen, erhobene Realsteuer. Inner-
halb Preußens besteht eine G. in den Hohen-
zollernschen Landen. Ihren Maßstab bildet
der mit 25 kapitalisierte Jahreswert (das
„Steuerkapital"), von dem die Steuer 0,0017%
beträgt. Die Veranlagung erfolgt auf Grund
von Fassionen der Steuerpflichtigen (G. vom
30. Aug. 1834 — Sigm GS. 4, 93 — und G.
vom 25. März 1875 — Pr. 181). Durch
das G. vom 2. Juli 1900 (GS. 252) ist die
G. mit den übrigen Realsteuern der Staats-
kasse gegenüber außer Hebung gesetzt; sie
wird aber wie die Grund-, Gebäude= und
Gewerbesteuer für die Zwecke der Gemeinde-
besteuerung weiter veranlagt (ogl. Aufhe--
bung direkter Staatssteuern). Infolge der
Ablösung der Reallasten ist ihr Veranlagungs-
soll nur noch ein minimales und geht all-
mählich immer mehr zurück; es handelt sich
im wesentlichen nur noch um G. der Kirchen,