Gefangenenanstalten (Gefängnisse) u. Gefängnisverwaltung — Gefangenenbeschäftigung. 581
Pfarreien, Rüstereien und Schulstellen, so-
wie um einige Jagd= und Fischereigerechtig-
Reiten.
Gefangenenanstalten (Gefängnisse) und
Gefängnisverwaltung s. Strafanstalten.
Gefangenenarbeitsverdienstanteil. So-
wohl in den vom MId J. ressortierenden Straf-
anstalten und Gefängnissen als in den Ge—
fängnissen der Justizverwaltung fließt der
Ertrag der den Gefangenen zugewiesenen
oder zugelassenen Arbeit zur Staatskasse;
dagegen verbleibt der Ertrag der Selbst-
beschäftigung den Gefangenen (ogl. Ge-
fangenenbeschäftigung). Um jedoch auch
im ersteren Falle den Gefangenen Anlaß, be-
sonderen Fleiß zu beweisen, und Gelegenheit
zur Gewinnung eines Uberverdienstes zu geben,
besonders aber, um ihnen nach der Entlassung
die Rüchkehr zu einem geordneten Leben zu er-
leichtern und die ihnen gewidmete Fürsorge zu
unterstützen, wird ihnen — jedoch ohne daß sie ein
Becht hierauf hätten und nur bei guter Führung—
ein Anteil am Verdienste des Staates über-
haupt und ein höherer Anteil an dem durch
Uberschreitung der normalen Arbeitszeit oder
des normalen Arbeitspensums erzielten Mehr-
verdienste bewilligt. Von dem, was sie auf
diese Weise für sich gewinnen, dürfen sie einen
Teil während der Strafzeit zum Ersatze des
durch ihre Straftat angerichteten Schadens,
zur Unterstützung notleidender Angehöriger,
sowie für sich zu kleinen erlaubten Genüssen
(Zusatznahrungsmitteln), Büchern, Schreib-
materialien u. dgl. verwenden. Der Rest wird,
soweit er nicht zur Beschaffung der Bekleidung
bei der Entlassung verwendet werden kann
und muß (Vf. vom 22. Sept. und 31. Okt.
1904 — MBl. 261), teils den Gefangenen
bei der Entlassung bar ausgezahlt, teils der
Polizeibehörde des künftigen Aufenthalts-
orts oder einem dort bestehenden Fürsorge-
vereine für entlassene Gefangene zur soforti-
gen oder allmählichen Aushändigung über-
wiesen. In das Eigentum der Gefangenen
gehen die Anteile am Arbeitsverdienst aber
erst durch die Aushändigung an sie selbst zu
ihrer freien Verfügung über. Es Rhann daher
eine Beschlagnahme zwar schon ausgewiesener,
aber noch im Gewahrsam der Gefängnisbe-
hörde oder eines Fürsorgevereins befindlicher
Verdienstanteile nicht stattfinden (AOrder vom
28. Dez. 1840 — GS. 1841, 52 — und vom
21. Mai 1860 — Jlll. 254, die neben 3#.
§ 811 fortgelten). Auch nach der Aushändigung
sollen solche Anteile nicht zur Bestreitung von
Gerichtskosten in Anspruch genommen werden.
Dagegen werden sie wegen mutwillig oder bei
Entweichungen verursachter, mit der Unter-
suchungs= oder Strafhaft im Zusammenhange
stehender Beschädigungen in Höhe des an-
gerichteten Schadens der Staatskasse nach
Maßgabe des AE. vom 28. Aug· 1905 und
der gemeinschaftlichen Vf. des FMl., des Md J.
und des JM. vom 27. Jan. 1506 (IUlBl. 64)
überwiesen. Uber die Einzelheiten treffen
die besonderen Reglements für die Gefangenen-
anstalten, der AE. vom 7. Sept. 1892 (IUlll.
1893, 81), die Gefängnisordnung für die Justiz-
verwaltung in Preußen vom 21. Dez. 1898,
sowie die Dienstordnung für die dem MdJ.
unterstellten Strafanstalten und größeren Ge-
fängnisse vom 14. Nov. 1902, an Stelle welcher
letzteren übrigens binnen Rurzem eine ander-
weitige Dienstordnung treten soll, und mehr-
fache Erl. nähere Bestimmung.
Gefangenenbeschäftigung. Eine Beschäfti-
gung der Gefangenen ist notwendig, damit sie
die Strafe als ein Ubel empfinden, durch die
mit ihr verbundene Gewöhnung an eine regel-
mäßige Tätigkeit sowie an Ordnung und Ge-
horsam zugleich gebessert werden, bei längeren
Strafen ihre Gesundheit nicht leidet, die großen
Kosten der Unterhaltung der Gefängnisse ver-
ringert werden und durch einen Anteil am
Arbeitsverdienst (s. Gefangenenarbeits-
verdienstanteil) den Gefangenen das Vort-
kommen nach der Entlassung erleichtert wird.
Es ist dabei mehr auf Beschaffung von Arbeit
überhaupt als auf Erzielung eines möglichst
lohnenden Ertrags Bedacht zu nehmen. Aller-
dings wird seit Jahren von manchen Seiten
die Gefängnisarbeit bekämpft, namentlich so-
weit es sich um die Herstellung von Hand-
werkserzeugnissen handelt. Indessen auch
insoweit dürfte sich den berechtigten Einwen-
dungen dadurch BRechnung tragen lassen, daß
in erster Linie Arbeiten für die eigene Haus-
wirtschaft der Gefangenenanstalten oder für
den Bedarf anderer Zweige der Reichs= und
Staatsverwaltung ausgeführt (vgl. hierzu den
Erl. vom 20. Jan. 1903 — HAMll. 9) und bei
den Fabrikaten und Erzeugnissen des Hand-
werkes die Preise nicht zu niedrig gestellt
werden, also eine Konkurrenz der freien Hand-
werker möglich bleibt. Darüber, wie weit
für die Gefangenen Arbeitszwang oder Arbeits-
freiheit besteht, s. Strafen II. Die Unter-
suchungs= und Zivilhaftsgefangenen (s. Straf-
gefangene) Bönnen zur Arbeit nie gezwungen
werden, wohl aber sich an den Anstaltsarbeiten
beteiligen oder sich Arbeiten zuweisen lassen
oder auch sich selbst beschäftigen.
Es sind zu unterscheiden Arbeiten, die
innerhalb, und solche, die außerhalb der An-
stalt betrieben werden. Zu den ersteren ge-
hört die Beschäftigung der Gefangenen zu-
gunsten der Gefängnisbeamten, deren Zulässig-
keit, um Mißbräuche zu verhindern, der Ein-
schränkung, und die, soweit sie zulässig ist,
noch der besonders strengen Kontrolle bedarf.
Die Beschäftigung der Gefangenen außerhalb
der Anstalt wurde zuerst geregelt durch das
G. vom 11. April 1854 (GS. 143), zu welchem
für die Gefängnisse der Justizverwaltung die
Instr. vom 30. Mai 1854 (JM.Bl. 250) erging,
und welches teilweise noch in Geltung ist.
Uber die Bemessung der Entschädigungen,
welche die Strafanstaltsbeamten bei der Be-
aufsichtigung der im Freien, außerhalb der
Strafanstalten und Gefängnisse beschäftigten
Gefangenen erhalten, trifft die V. vom 13. April
1898 (GS. 65) nähere Bestimmungen. Unter
den Arbeiten außerhalb der Anstalt emp-
fehlen sich besonders die landwirtschaftlichen
Meliorationsarbeiten, d. h. solche landwirt-
schaftliche Arbeiten, durch die größere Flächen
urbar und zur Gewinnung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse geeignet gemacht werden sollen,