Gemeindeanleihen.
angesessenen Personen, sondern auch diejenigen
Forensen, denen das Gemeinderecht durch den
Gemeinderat besonders verliehen ist (GemO.
8§ 12; G. vom 15. Mai 1856 Art. 5). Die-
jenigen Gemeindemitglieder, denen das Ge-
meinderecht, d. h. das Recht zur Teilnahme
an den Wahlen und an den öffentlichen Ge-
schäften der Gemeinde zusteht, werden in der
A-heinprovinz „Meistbeerbte" oder „Meist-
besteuerte" (GemO. 8§ 16), diesenigen Grund-
besitzer aber, die mit Rücksicht auf den Betrag
der von ihnen zu entrichtenden Grund= und
Gebäudesteuer neben den gewählten Verord-
neten sog. geborene Mitglieder des Gemeinde-
rats sind, „meistbegüterte" Grundeigentümer
(GemO. 88 46, 49) genannt. S. Gemeinde-
recht (Landg.). — In den Landgemeinden
der Prov. Hannover (LGO. 8§8 3—8, 65)
stehen den bloßen „Einwohnern" der Ge-
meinde als „Gemeindemitglieder“ die-
jenigen gegenüber, die nach der bestehenden
Stimmordnung in der Gemeinde das Stimm-
recht besitzen. S. Gemeinderecht (Landg.).
Gemeindeanleihen. lI. G., durch welche die
Gemeinde mit einem Schuldenbestande belastet
oder der vorhandene vergrößert wird, können
auf Grund eines Gemeindebeschlusses von
Stadtgemeinden mit Genehmigung des Bez.
(in Berlin des Oberpräsidenten), von Landge-
meinden mit solcher des Kr A. ausgenommen wer-
den (StO. f. d. ö. Pr. § 50 Ziff. 3, für Westfalen
§ 49 Ziff. 3, für die Rheinprovinz § 46 Ziff. 3,
für Schleswig-Holstein § 71 Ziff. 3, für Frank-
furt a. M. 8§ 60 Ziff. 3, für Hessen-Aassau 8 56,
für Hannover § 97 Ziff. 3, § 119 Abs. 2 Ziff. 2;
LGO. f. d. ö. Pr. und Schleswig-Holstein
§ 114, für Hessen = Nassau § 78, für West-
falen § 53 Ziff. 3, für die Rheinprovinz
§ 97. für Hannover § 41 Ziff. 6, § 42 Ziff. 5;
86 § 16 Abs. 3 und § 31). Nach der Rhein.
G0O. (§ 97 Abs. 2) soll die Genehmigung nur
erteilt werden, wenn „für einen sicheren Zinsen-
und Tilgungsfonds gesorgt ist“. hulich
schreibt § 117 Abs. 2 der dortigen StO. „Ab-
tragung der Schulden nach einem regelmäßigen
Plane“ vor. Auch wo solche gesetzlichen Vor-
schriften nicht bestehen, wird von Ausfsichts
wegen eine regelmäßige Tilgung und Bereit-
stellung der Alittel zur Verzinsung und Til-
gung gefordert. Die Grundsätze, welche bei
der Genehmigung von G. zu beobachten sind,
finden sich zusammengestellt in einem Erl.
der Minister des Innern und der Fi-
nanzen vom 1. Juni 1891 (MBl. 84). Hier-
nach sollen G. nur bewilligt werden zur
Dechung außerordentlicher Ausgaben für ge-
meinnützige, nicht bloß der Gegenwart, sondern
auch der ferneren Zuhunft zugute kommende
weche, also nicht für noch nicht bestimmte
wecke, nicht für Unterhaltung bereits be-
stehender Anlagen oder für neue Anlagen, die
in ganz kurzen Zwischenräumen von neuem
erforderlich werden, endlich nicht für Zwecke,
deren Ausführung einer späteren, vorläufig
noch nicht näher zu bestimmenden Zeit über-
lassen bleiben soll. Im einzelnen sind daher
1. die Mittel zu Schulbauten in rasch wachsen-
den Gemeinden regelmäßig durch Ansamm-
lung von Baufonds und nur, bis diese hin-
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länglich leistungsfähig sind, ausnahmsweise
aus Anleihemitteln zu entnehmen; 2. nur für
die Neuherstellung und erste Pflasterung, nicht
auch für die Unterhaltung und Aeupflasterung
von Straßen, Anleihemittel zu verwenden.
Die Tilgung soll in der Begel erfolgen mit
mindestens 1 % des ursprünglichen Schuld-
kapitals und den durch die fortschreitende
Tilgung ersparten Zinsen; es ist jedoch von
Fall zu Fall zu prüfen, ob und inwieweit
über diesen Tilgungssatz von 1 J0 hinauszu-
gehen ist, insbesondere auch ob bei Anleihen
zu gewinnbringenden Anlagen die demnächstigen
Betriebsüberschüsse ganz oder teilweise zu einer
verstärkten Schuldentilgung zu verwenden
seien; dabei sind die Finanzlage der Gemeinde
und die Grundsätze über die Abschreibungen
auf das Anlagehapital in Betracht zu ziehen.
Jedenfalls ist der Tilgungssatz so zu bemessen,
daß der Zweck der Anleihe nicht schon vor
deren völliger Tilgung erschöpft ist, also z. B.
1. bei Anleihen zu Straßenpflasterungen so,
daß die Schuld getilgt ist, wenn nach Ablauf
der Abnutzungsperiode eine Neupflasterung
erforderlich wird, mindestens aber auf 2% ; 2. bei
Anleihen zu Schulbauten so, daß die Tilgung
beendet ist, wenn voraussichtlich infolge Zu-
nahme der Kinder ein neuer Schulbau nötig
wird; 3. bei Anleihen zu Kanalisationen, da
letztere neben dem einmaligen, für ihre
Herstellung aufgewendeten, in der Regel
sehr bedeutenden Kostenbetrage auch noch fort-
dauernd infolge der Kostspieligkeit der Unter-
haltung Anforderungen an die Gemeindekasse
stellen, auf mindestens 13/4% , in allen Fälten
zu 1—3 zuzüglich der durch die Tilgung er-
sparten Zinsen; 4. bei Anleihen zur Tilgung
einer älteren Schuld so, daß die Tilgung der
neuen nicht später beendet wird, als es die
der älteren sein würde, was auch für den
Fall der Konvertierung gilt; 5. Anleihen zur
Aeuherstellung von Straßen sind außer mit
dem regelmäßigen Tilgungssatz außerordentlich
mit dem Aufkommen an Anliegerbeiträgen zu
tilgen. Wird eine Anleihe für mehrere Ver-
wendungszwecke aufgenommen, für deren ein-
zelne, für sich betrachtet, verschiedene Tilgungs-
sätze anzuwenden sind, so ist entweder die
ganze Anleihe nach einem entsprechenden durch-
schnittlichen Tilgungssatze oder jeder Teilbetrag
nach dem nach seinem Verwendungszwecke an-
gemessenen Tilgungssatze zu tilgen. Eine Ver-
wendung von Anleihemitteln zu anderen
Zwecken, als zu denen die Anleihe genehmigt
ist, ist ohne besondere Genehmigung unzulässig.
II. Was die Aufbringung der Zins= und
Tilgungsquoten anlangt, so sind sie, wenn
die Anleihe für Unternehmungen verwendet
ist, die einzelnen Klassen von Gemeindeange-
hörigen oder Teilen des Gemeindebezirks aus-
schließlich oder vorzugsweise zugute Kommen
oder durch sie veranlaßt sind, insoweit nach
dem das 3. beherrschenden Grundsatz von
Leistung und Gegenleistung durch entsprechende
Bemessung der Preise bei gewerblichen Unter-
nehmungen, durch Gebühren, Beiträge, steuer-
liche Mehr= oder Minderbelastung und Be-
lastung der Realsteuern aufzubringen. Geht
die Unternehmung über den engern Kreis der