Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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alle Verrichtungen, die in den Geschäftskreis 
* Amtes nach Maßgabe der getroffenen 
erwaltungsorganisation fallen. Die Dienst— 
behörde kann ihnen auch, ohne daß ihnen 
ein Widerspruchsrecht zusteht, eine andere Be— 
schäftigung, sogar unter entsprechender Ande— 
rung des Amtstitels übertragen, sofern sie 
nur der Art und Bedeutung nach den bis— 
herigen entspricht. Die Lehrer an höheren 
oder niederen Gemeindeschulen sind zwar 
ebenfalls mittelbare Staatsbeamte, aber keine 
G. (OVG. 14, 75). Die Befähigung zur Be- 
kleidung von Gemeindeämtern ist vom reli- 
giösen Bekenntnis unabhängig (G. vom 
3. Juli 1869 — BEl. 292), dagegen von 
dem Besitze der Reichs= oder Staatsangehörig- 
keit abhängig (G. vom 1. Juni 1870 — 
Bo#l. 355). Der Angehörige jedes deutschen 
Bundesstaats ist in Preußen als Inländer zu 
behandeln und demgemäß auch zu öffentlichen 
Amtern zuzulassen (RV. Art. 3). Ein be- 
stimmtes Lebensalter kann für ein Amt durch 
die Dienstbehörde vorgeschrieben werden. G. 
kann nur sein, wer sich im Besitze der bürger- 
lichen Ehrenrechte befindet und nicht zu Zucht- 
hausstrafe verurteilt gewesen ist. ie Ver- 
urteilung zu Zuchthausstrafen hat die dauernde 
Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter, 
die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte 
aber diese Unfähigkeit nur während der im 
Urteil bestimmten Zeit zur Folge. Beide 
Verurteilungen bewirken den dauernden Ver- 
lust der bisher bekleideten öffentlichen Amter 
(StGB. 88§ 31—34). Auch neben einer Ge- 
fängnisstrafe Kkann unter Umständen auf die 
Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter 
auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren 
erkannt werden. Die Aberkennung dieser 
Fähigkeit hat den dauernden Verlust der 
bekleideten Amter und die Unfähigkeit zur 
Ubernahme von solchen während der im Ur- 
teile bestimmten Zeit von Rechts wegen zur 
Folge (Stcb B. § 35). Uber die sonstigen An- 
forderungen hinsichtlich der Befähigung zu 
einem besoldeten G. kann durch Ortsstatut 
oder durch die Anstellungsbehörde Bestim- 
mung getroffen werden. 
III. Besondere Vorschriften bestehen hinsicht- 
lich der Besetzung der Subaltern= und 
Unterbeamtenstellen bei den Gemeinden 
und Gemeindeverbänden, ausschließlich 
des Forstdienstes, durch Militäranwärter 
(. d.). Aach den auf Grund des § 77 des 
Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 
(in der Fassung des G. vom 22. Mai 1893 
— RSl. 171) vom B. hierfür am 28. Juni 
1899 festgestellten Grundsätzen (Bek. vom 
25. Juli 1899 — ZBl. 268) und dem G. vom 
21. Juli 1892 (GS. 214) sind die bezeichneten 
Stellen vorzugsweise mit Militäranwärtern 
zu besetzen. Diese Vorschrift bezieht sich jedoch 
nicht auf Landgemeinden und ländliche Kom- 
munalverbände, die weniger als 2000 Einw. 
haben. Sie hann aber auf diese Gemeinden 
und Verbände bezüglich der Kriegsinvaliden 
durch kgl. Verordnung ausgedehnt werden. 
Ausschließlich mit Militäranwärtern sind zu 
besetzen, sofern die Besoldung der Stellen 
einschließlich der Aebenbezüge mindestens 
  
Gemeindebeamte. 
600 Ml. beträgt: 1. die Stellen im Kanzlei- 
dienst, einschließlich derjenigen der Lohnschreiber, 
soweit deren Inhabern die Besorgung des 
Schreibwerks (Abschreiben, Mundieren, Rolle- 
tionieren usw.) und der damit zusammen- 
hängenden Dienstverrichtungen obliegt; 2. sämt- 
liche Stellen, deren Obliegenheiten im wesent- 
lichen in mechanischen Dienstleistungen bestehen 
und k-eine technischen Kenntnisse erfordern. 
Mindestens zur Hälfte mit Militäranwärtern 
sind zu besetzen die Stellen der Subaltern- 
beamten im Bureaudienste (Journal-, Regi- 
stratur-, Expeditions-, Kalkulatur-, Kassendienst 
u. dgl.), jedoch mit Ausnahme agd derjenigen 
Stellen, für welche eine besondere wissenschaft- 
liche oder technische Vorbildung erfordert wird; 
b) der Stellen der Kassenvorsteher, welche 
eigene Rechnung zu legen haben, sowie der- 
jenigen Kassenbeamten, welche Kassengelder 
einzunehmen, zu verwahren oder auszugeben 
haben, und ferner derjenigen Beamten, welchen 
die selbständige Kontrolle des RKassen= und 
Rechnungewesens obliegt; c) der Stellen der 
Bureauvorsteher bei der Verwaltung von 
Städten mit mehr als 40 000 Einw. In 
welchem Umfange noch andere Subaltern- 
und Unterbeamtenstellen mit Militäranwärtern 
zu besetzen sind, ist unter Berüchsichtigung 
der Anforderungen des Dienstes durch die 
Anstellungsbehörden festzustellen, wobei in 
Zweifelsfällen die für die Reichs= und Staats- 
behörden geltenden Verzeichnisse der den 
Militäranwärtern vorbehaltenen Stellen sinn- 
gemäße Anwendung finden und nötigenfalls 
Ausgleichungen zwischen der Stellenzahl in 
den einzelnen Beamtenklassen erfolgen sollen. 
Die von den Anstellungsbehörden aufgestellten 
Verzeichnisse sind der staatlichen Aussichts- 
behörde zur Genehmigung vorzulegen. Stellen, 
wegen deren eine solche Feststellung noch nicht 
stattgefunden hat, dürfen nur widerruflich 
besetzt werden, insofern nicht Militäranwärter 
angestellt werden oder sich solche in der vor- 
geschriebenen Frist nicht gemeldet haben. UÜber 
die Reihenfolge der Besetzung der Stellen mit 
M-ilitäranwärtern, ihre Ausschreibung, die 
Bewerbung um diese Stellen, über den Begriff 
der Militäranwärter, ihre Anstellungsberechti- 
gung und die Berechtigung von Inhabern 
anderer Zivilversorgungsscheine, von ausge- 
schiedenen Offizieren, ehemaligen Militär- 
anwärtern und unteren Beamten oder sonstigen 
Personen treffen die erwähnten Grundsätze 
vom 28. Juni 1899 sowie die Zirk Bf. vom 
30. Sept. 1892 (M Bl. 285) und vom 28. Juni 
1899 (MnBl. 54) nähere Bestimmung. 
IV. Uber die Vereidigung der G. s. Ver- 
eidigung, über Titelverleihung (. d. 
Für die Gemeindepolizeibeamten des Exe- 
kutivdienstes und die Kommunalforstbeamten 
sind Uniformen (-s. Bewaffnung und 
Uniformierung) vorgeschrieben. Abgesehen 
hiervon ist eine Amtskleidung nur eingeführt 
für den Landesdirektor (Landeshauptmann) 
ls. d.!. Wegen sonstiger Amtsabzeichen von 
Gemeindebeamten (Schulzenstäbe, Armbinden 
ufw.) s. Amtsabzeichen und Amtsketten. 
V. Uber die Besoldung der Beamten f. 
Besoldung der Rommunalbeamten, über
	        
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