Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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16, 195; 30, 35), ist nicht durch die schriftliche 
Protokollierung bedingt (OVG. 9, 41; PrVBl. 
3, 109). Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß 
die Fassung eines G. sich auch aus konklu- 
denten Handlungen ergeben und somit eine 
stillschweigende Beschlußfassung angenommen 
werden kann. Ist ein G. der Tagesordnung 
(s. d.) entsprechend gefaßt worden, so ist eine Ab- 
änderung in derselben Sitzung unzulässig (OV. 
14, 174). S. auch Alagistratsbeschlüsse, 
Stadtverordnetenversammlung. 
II. In den Landgemeinden sind als G. 
die Beschlüsse der Gemeindeversammlung oder, 
wo eine solche besteht, der Gemeindevertretung 
anzusehen. S. Gemeindeversammlun 
(Landg.), Gemeindevertretung (Landg.). 
Gemeindebezirke. Jede Stadt= und Land- 
gemeinde, sowie jedes der Gemeinde gleich- 
stehende selbständige Gut umfaßt ein bestimmt 
abgegrenztes Landgebiet, in welchem ihre 
Verfassung Geltung hat. Dies ist der G. 
oder der Gutsbezirk. Jedes Grundstüch im 
preuß. Staate, das noch keinem G. oder 
Gutsbezirt angehört (klommunalfreies 
Grundstüch), soll nach Maßgabe der Vorschriften 
der Gemeindeordnungen mit einem solchen 
Bezirk vereinigt oder zu einem solchen gestaltet 
werden. Die Entwicklung der G. und ihre 
Abgrenzung stcht im Zusammenhang mit der 
geschichtlichen Entstehung der Städte, Land- 
gemeinden und Gutsbezirke. Gegenwärtig be- 
darf es zur Entstehung eines neuen G. oder 
zur Aufhebung eines bestehenden in allen Pro- 
vinzen des preuß. Staates einer Anordnung 
des Königs. Die Voraussetzungen und For- 
men, unter denen Veränderungen der G. er- 
folgen können, sind in den einzelnen Rechts- 
gebieten verschieden und für Stadt= und Land- 
gemeinden nicht überall die gleichen. Im ein- 
zelnen ist folgendes hervorzuheben. 
I. Stadtbezirke. In den sieben östlichen 
Provinzen umfaßt der Stadtbezirk nach der 
St O. von 1853 (s. Städteordnungeny) so- 
wohl die eigentliche Stadt als auch die Vor- 
städte und die städtische Feldmark. Aach 
dem AnR. bildete in der Regel nur die 
eigentliche Stadt den Stadtbezirk. Schon die 
St O. von 1808 aber rechnete zum Stadtbezirk 
alle Grundstücke der Stadt und der Vorstädte, 
die rev. StO. von 1831 auch die städtische 
Feldmark (s. d.). Da die Ländereien in dieser 
Feldmark in der Regel Zubehör städtischer 
oder vorstädtischer Grundstücke waren, so hatte 
man sie bereits zur Zeit der Geltung der 
St O. von 1808 als Teile des Stadtbezirks 
angesehen. Der Stadtbezirk bildet jedoch nicht 
stets ein räumlich geschlossenes Gebiet. Es 
können innerhalb der städtischen Feldmark 
sich selbständige Landgemeinden gebildet haben 
und infolge Verleihung gutsherrlicher Rechte 
an dort vorhandene ländliche Besitzungen 
durch den Landesherrn selbständige Gutsbe- 
zirte entstanden sein. Im Innern einiger 
Städte befindet sich noch jetzt ein selbständiger 
Gutsbezirk. Er wird von dem Rest des ehe- 
maligen Herrschaftsgebiets der MUiediatherr- 
schaft der Stadt gebildet, der von alters her 
nicht zur Stadtgemeinde gehört hat und auch 
nicht später mit ihr vereinigt worden ist 
  
Gemeindebezirke. 
wie 26t Dombezirk in Naumburg a. S.; O. 
, 136). 
Von dem Stadtbezirk ist zu unterscheiden 
das Kämmereigebiet einer Stadt, d. h. das 
Gebiet des Grundbesitzes der Stadtgemeinde. 
Die kommunalen Verhältnisse dieses Gebietes 
hängen von der Entstehung dieses Grundbe- 
sitzes ab. Gehört er zu der Flur, über welche 
der Stadt bei ihrer Gründung oder später 
die obrigkeitliche Gewalt übertragen worden 
war, so ist er Bestandteil der städtischen Feld- 
mark und des Stadtbezirks, soweit in ihm 
nicht Landgemeinden oder Gutsbezirke ent- 
standen sind. War dagegen der Stadt eine 
ländliche Besitzung außerhalb der Stadtflur 
unter Verleihung herrschaftlicher Rechte über- 
eignet worden, so bildet sie ein selbständiges 
Kämmereigut, in dessen Bezirk die Stadtge- 
meinde die gutsherrlichen Rechte und Pflichten 
hat (. Gutsherrschaften). Ferner hönnen zu 
dem Grundvermögen einer Stadt herrschaftliche 
Landgüter gehören, die diese Eigenschaft schon 
vor dem Ubergang in das Eigentum der 
Stadt gehabt und auch weiterhin behalten 
haben. Bisweilen setzt sich das Kämmerei- 
gebiet einer Stadt aus Bestandteilen verschie- 
dener Art zusammen und gehört verschiedenen 
Kommunalbezirten an (ogl. O. vom 
11. Juli 1899 — Pr VBl. 21, 146). — Bei 
Mediatstädten (s. d.) kann es zweifelhaft sein, 
ob Ländereien, die vom Gutsherrn nicht an 
die Stadt oder ihre Bürger, sondern an Dritte 
(z. B. die Kirche) verliehen worden waren, 
zum Stadtbezirk oder Gutsbezirk gehören. 
Wangelt es an sonstigen Tatsachen für den 
ANachweis der kommunalen Zugehörigkeit, so 
kann hierfür die wirtschaftliche Zugehörigkeit 
dieser Ländereien zu der Acher= und Hütungs- 
gemeinschaft der Bürger ausschlaggebend sein. 
Für die Vereinigung von Landgemeinden 
und Gutsbezirken oder von Teilen solcher 
Bezirke mit Stadtgemeinden gelten dieselben 
Vorschriften wie für Bezirksveränderungen 
gleicher Art zwischen Landgemeinden und 
Gutsbezirken (s. u. U)). Jedoch tritt an die 
Stelle der dort vorgeschriebenen Beschluß- 
fassung des Kr A. nach Einholung eines Gut- 
achtens des Kreistages hier die Beschlußfassung 
des Bez A. (St O. von 1853 § 2; LGO. vom 
3. Juli 1891 8 2). 
In den Prov. Schleswig-Holstein (St0O. 
vom 14. Mr1 1869 § 2; LEO. vom 4. Juli 
1892 § 2), Hessen-Aassau (StO. vom 4. Aug. 
189782: Gemeindeverfassungsgesetz für Frank- 
furt a. M. vom 25. März 1867 88 3, 4 und 
LehO. vom 4. Aug. 1897 § 2) und in den 
Hohenzollernschen Landen (GemO. vom 
2. Juli 1900 § 2) gelten dieselben Vorschriften 
wie in den östlichen Provinzen. In Schleswig- 
Holstein ist die Bezeichnung der einzelnen Be- 
standteile des Stadtbezirks und der hinsichtlich 
ihrer Zugehörigbeit zu ihm etwa bestehenden 
besonderen Verhältnisse dem Ortsstatute vor- 
behalten (St O. 8 2). 
In der Prov. Westfalen bilden in den 
Städten, in welchen die dortige St O. vom 
19. März 1856 gilt (s. Städteordnungen), 
den Stadtbezirk ebenfalls alle diesenigen 
Grundstüche, die ihm bis dahin angehört
	        
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