Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeindebezirke. 
hatten. Grundstücke, die noch keinem G. oder 
selbständigen Gutsbezirke angehört haben, 
können nach Vernehmung der Beteiligten und 
nach Anhörung des Kreistages durch Beschluß 
des BezA. mit dem Stadtbezirk vereinigt 
werden. Eine Vereinigung eines ländlichen 
Gutsbezirks mit einer Stadtgemeinde Rann 
nur unter Zustimmung der Vertretungen der 
beteiligten Gemeinden, sowie des beteiligten 
Gutsbesitzers, nach Anhörung des Kreistages 
mit Genehmigung des KZKönigs erfolgen. Die 
Abtretung einzelner Grundstüche von einem 
Stadtbezirk und deren Vereinigung mit einem 
angrenzenden G. oder selbständigen Guts- 
bezirk, sowie die Abtretung einzelner, bisher 
zu einer anderen Gemeinde oder zu einem 
selbständigen Gute gehörenden Grundstückhe 
und deren Vereinigung mit einem angrenzen- 
den Stadtbezirt kann nach Anhörung des 
Kreistages durch Beschluß des Bez A. vorge- 
nommen werden, wenn außer den Bertretungen 
der beteiligten Gemeinden und den beteiligten 
Gutsbesitzern auch die Eigentümer jener 
Grundstücke darin einwilligen. In Ermang- 
lung der Einwilligung aller Beteiligten kann 
eine Veränderung dieser Art in den G. und 
Gutsbezirken nur dann, wenn sie im öffent- 
lichen Interesse notwendig ist, und nur mit 
Genehmigung des Königs nach Vernehmung 
der Beteiligten und nach Anhörung des Kreis- 
tages stattfinden. In allen diesen Fällen ist 
der Beschluß des Kreistages vor Einholung 
der höheren Genehmigung den Beteiligten 
mitzuteilen. Eine jede solche Veränderung ist 
durch das Amtsblatt bekanntzumachen. Ver- 
änderungen, die bei Gelegenheit einer Gem T. 
vorkommen, unterliegen diesen Bestimmungen 
nicht (StO. § 2; 36. 8 8). 
In der Rheinprovinz (StO. vom 15. Mai 
1856 § 2) gehören zu dem Stadtbezirk alle 
innerhalb seiner Grenzen gelegenen Grund- 
stüche. Veränderungen des Bezirks können 
hier nur mit Genehmigung des Königs nach 
Anhörung der Gemeindevertretung vorgenom-= 
men werden und sind durch das Amtsblatt 
bekanntzumachen. — Nach dem Gemeindever- 
fassungsgesetz Hür Frankfurt a. M. vom 
25. März 1867 (§ 7) bedarf es zur Veränderung 
des Stadtbezirks einer Genehmigung des 
Königs nur dann, wenn die Beteiligten nicht 
einverstanden sind. 
In den Städten der Prov. Hannover er- 
strecht sich nach der StO. vom 24. Juni 1858 
62 die städtische Berwaltung auch auf den 
. außerhalb der Stadt, der hier das „äußere 
Stadtgebiet" genannt wird. Die Grenze des 
G. umfaßt in der Regel die Feldmark der 
Stadt. Aus besonderen Gründen kann in- 
dessen nach vorgängiger Verhandlung mit den 
Beteiligten eine andere Grenzbestimmung durch 
den BezA. (ZG. 8§ 8) erfolgen. Steht ein 
bisher nicht zum Stadtbezirk gehöriger Teil 
des äußeren Stadtgebiets im Zusammenhang 
mit der Stadt, so muß er mit ihr vereinigt 
werden. Veränderungen des Stadtbezirks 
können nach Maßgabe des Hann G vom 
5. Sept. 1848 “““ 389) mit Zustimmung 
der Beteiligten, wenn es sich um Enklaven 
oder kleinere Flächen handelt, aber auch ohne 
  
  
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sie durch Beschluß des BezA. erfolgen (StO. 
§ 10; 36. 5#n Die Vereinigung von be- 
nachbarten Gemeinden mit der Stadt hann 
außer dem Falle der Vereinbarung nur durch 
Gesetz nach Anhörung des Provinziallandtags. 
herbeigeführt werden (St O. 8§ 11). 
Bildet die Stadt einen eigenen Kreis, so 
greift für die Zulässigkeit der Veränderungen 
des Stadtbezirks die für Veränderung der 
Kreisgrenzen geltende Vorschrift Platz (s. 
Arei e). Uber die infolge einer Veränderung 
der Grenzen der Stadtbezirke notwendig wer- 
dende Auseinandersetzung zwischen den betei- 
ligten Gemeinden beschließt der Bez A., gegen 
dessen Beschluß die diesen Gemeinden gegen- 
einander zustehende Klage im Verwaltungsstreit- 
verfahren gemäß 36. 88 stattfindet. S. Aus- 
einandersetzungen. bei Beränderungen 
kommunaler und ähnlicher Verbände. 
II. Landgemeinden und Gutsbezirke. 
Der Bezirk einer Landgemeinde (s. d.) umfaßt 
nicht nur das Dorf (s. Dorfschaften), d. h. 
die Wohnstätten der Gemeindeangehörigen 
mit den dazugehörigen Höfen und Gärten, 
sondern auch die Dorfflur oder Feldmark, 
d. h. die nach der geschichtlichen Entwicklung 
zu dem Dorf gehörigen Felder, Wälder und 
Gewässer. Für die Zugehörigkeit ist es 
gegenwärtig ohne Bedeutung, in wessen Eigen- 
tum diese Grundstücke stehen. Die geschicht- 
liche Abgren zung des G. hat ihren Ausgang 
von der Feldgemeinschaft der bäuerlichen Be- 
sitzer genommen, oft auch von dem Gegensatze 
aus, in den der bäuerliche Besitz zu dem der 
Gutsherrns. Gutsherrschaften)getreten war. 
In älteren Zeiten bestanden zwischen der bäuer- 
lichen Feldmark und den herrschaftlichen zu den 
Gutsvorwerken gehörigen Grundstücken heine 
festen Grenzen. hemals bäuerliche Grund- 
stüche (Rustikaläcker) wurden öfters von den 
Gutsherren zu ihrem Vorwerksland einge- 
zogen (das sog. Legen der Bauern), anderer- 
eits auch Gutsländereien (Ritteräcker) mit 
auern neu besetzt. Die Rüchksicht auf die 
staatlichen Verpflichtungen der ländlichen 
Grundbesitzer führte im 18. Jahrh. zu einem 
Verbot der Einziehung von Bauernhöfen zum 
herrschaftlichen Gute (s. Normaljahre) und 
hiermit zu einer festeren Abgrenzung des G. 
Hierzu trug dann weiter im 19. Jahrh. die 
Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen 
Verhältnisse durch die neue Agrargesetzgebung 
bei (s. Gutsherrlich-bäuerliche RKegu#s 
lierungen). Der G. erhielt dadurch feste 
Grenzen gegenüber dem Gutsbezirk (s. d.). 
Eine Anderung dieser Bezirke konnte nur noch 
durch eine Anordnung der zuständigen Staats- 
behörde (der Landespolizeibehörde nach § 6 
Ziff. 2 des Armenpflegegesetzes vom 31. Dez. 
1842) bewirkt werden. Jedoch sollten in den 
alten preuß. Provinzen nach § 6 Ziff. 1 dieses 
G. (GS. 1843, 8) diejenigen vom Gute abver- 
äußerten Grundstücke, die bis dahin ohne 
Widerspruch der Beteiligten tatsächlich mit 
Landgemeinden vereinigt worden waren (I(. 
Aormaljahre), auch fernerhin zum G. ge- 
hören. — Im einzelnen bestehen auch hier in 
den einzelnen Landesteilen rechtliche Verschie- 
denheiten.
	        
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