Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeindegliedervermögen. 
Klageanspruchs vorbringt. Wird ein privat- 
rechtlicher Anspruch geltend gemacht und er- 
weist es sich, daß nur ein öffentlichrechtlicher 
besteht, so muß die Klage als unbegründet 
zurüchgewiesen werden (R. vom 28. Dez. 1900 
— Pr VBl. 24, 180). Dagegen beschließt auf 
Einsprüche und Beschwerden über das Recht 
zur Teilnahme an den Autzungen und Erträgen 
des G. und über die besonderen Rechte ein- 
zelner Teile des Gemeindebezirks oder ein- 
zelner Klassen der Gemeindeangehörigen hieran 
der Gemeindevorsteher (Gemeindevorstand, 
Magistrat), gegen dessen Beschluß innerhalb 
zwei Wochen die Alage im Verwaltungsstreit- 
verfahren (bei dem Kr A. in Landgemeinden, 
bei dem Bez A. in Stadtgemeinden) stattfindet. 
Auch die Streitigkeiten zwischen einzelnen Be- 
teiligten über diese Rechte unterliegen der 
Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren 
(ogl. 3. 88 18, 21, 34, 37 sowie die einzelnen 
StO. und GempO.). 
ÜUber die Zulässigkeit der Umwandlung 
von Gemeindevermögen im engeren 
Sinne (Kämmereivermögen) in G. und 
umgekehrt sowie über das Autzungsrecht 
der Gemeindeangehörigen bestehen in den ein- 
zelnen Landesteilen verschiedene Vorschriften, 
deren hauptsächlicher Inhalt folgender ist: 
I. (Stadtgemeinden.) In den sieben 
östlichen Provinzen haben nach der Std. 
vom 30. Mai 1853 (§8 49, 50), in Westfalen 
nach der St O. vom 19. Alärz 1856 (88 48, 49) 
und in der Rheinprovinz nach der St. 
vom 15. Mai 1856 (88 45, 46) die Stadt- 
verordneten über die Benutzung des Ge- 
meindevermögens zu beschließen, wobei aber 
die Dehlaration vom 26. Juli 1847 (GS. 327) 
maßgebend bleibt. Nach dieser Rann weder 
das Gemeindevermögen im engeren Sinne noch 
das G. durch eine Gemeinheitsteilung in Pri- 
vatvermögen der Gemeindeangehörigen ver- 
wandelt werden. Die Stadtverordnetenver- 
sammlung darf aber mit Zustimmung des Mlagi- 
strats und Genehmigung des BezA. nicht nur 
Anderungen in der Art der Benutzung und 
in dem Teilnahmerecht der Gemeindeangehö- 
rigen, sondern auch eine Umwandlung des G. 
(Wald, Weide, Heide, Torfstich usw.) in Käm- 
mereivermögen beschließen (ogl. OVG. 8, 140).— 
In Schleswig-Holstein sind nach der Std. 
vom 14. April 1869 alle Gemeindeangehörigen 
zum Mitgenusse der Erträge des Stadt- 
vermögens berechtigt (§ 5). Die städtischen 
Kollegien können daher nur über die Art und 
das Maß dieser Berechtigung Beschluß fassen 
( 20). — In Hessen-Aassau, wo nach der 
. vom 4. Aug. 1897 Umwandlung von 
Kämmereivermögen in Bürgervermögen und 
umgekehrt durch eine Gemeinheitsteilung nach 
den dort geltenden Gemeinheitsteilungsord- 
nungen ebenfalls unzulässig ist (St O. § 52), 
kann das Bürgervermögen durch übereinstim- 
menden Beschluß der Stadtverordnetenver- 
sammlung und des Magistrats mit Genehmi- 
gung des BezA. in Kämmereivermögen um- 
gewandelt werden, jedoch mit der Einschrän- 
kung, daß nutzungsrechte, welche nicht 
sämtlichen, sondern nur einzelnen Bürgern 
oder Gemeindeangehörigen als solchen zu- 
  
  
  
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stehen, den Berechtigten wider ihren Willen 
nicht entzogen oder geschmälert werden dürfen 
(§ 53). Die Teilnahme an den Gemeinde- 
nutzungen regelt sich, unbeschadet der aus Ver- 
leihungsurkunden oder vertragsmäßigen Fest- 
setzungen sich regelnden Abweichungen, nach 
dem früheren Rechte mit der Maßgabe, daß 
an die Stelle der Gemeindebürger jetzt die 
Gemeindeangehörigen treten. Soweit hiernach 
der Maßstab für die Teilnahme nicht feststeht, 
erfolgt die Verteilung nach dem Verhältnisse, 
in welchem die Gemeindeangehörigen zu den 
Gemeindelasten beitragen (854).— In Frank- 
furt a. M. gelten nach dem Gemeinde- 
verfassungsgesetz vom 25. März 1867 dieselben 
Vorschriften (§§ 59, 60), wie in den Städten 
der östlichen Provinzen. — In der Prov. Han- 
nover enthält die St O. vom 24. Juni 1858 
keine Vorschriften über das Bürgervermögen, 
sondern erkennt nur an, daß Unterschiede hin- 
sichtlich der Teilnahme an den Gemeinde- 
nutzungen bestehen bleiben (§ 20). Es ist 
hiernach dort das Herkommen maßgebend. 
— In den Städten der Hohenzollernschen 
Lande gelten hinsichtlich des G. dieselben Vor- 
schriften wie in den dortigen Landgemeinden 
(s. unten). 
II. (Landgemeinden.) In den Land- 
gemeinden der sieben östlichen Provinzen 
darf nach der LGO. vom 3. Juli 1891 (88 69, 
70), in denen Schleswig-Holsteins nach der 
LöbO. vom 4. Juli 1892 (88 69, 70) und in 
denen Hessen -Aassaus nach der LöO. vom 
4. Aug. 1897 (§8 39, 40) G. durch Beschluß 
der Gemeindeversammlung (Gemeindevertre- 
tung) mit Genehmigung des AKr A. in Gemeinde- 
vermögen (Ortsvermögen) umgewandelt wer- 
den, jedoch ebenfalls mit der Einschränkung, 
daß Autzungerechte, welche nicht sämtlichen, 
sondern nur einzelnen Gemeindegliedern oder 
Gemeindeangehörigen als solchen zustehen, 
durch Gemeindebeschluß nicht entzogen oder 
geschmälert werden dürfen. Die Teilnahme 
an den Gemeindenutzungen regelt sich hier 
nach den aus Verleihungsurkunden, vertrags- 
mäßigen Festsetzungen und hergebrachter Ge- 
wohnheit (s. Gewohnheitsrecht) sich ergeben- 
den Bedingungen und Einschränkungen, in 
Hessen -Aassau wiederum mit der MAlaßgabe, 
daß an Stelle der Gemeindebürger jetzt die Ge- 
meindeangehörigen treten. Soweit hiernach der 
Maßstab für die Teilnahme nicht feststeht, er- 
folgt die Verteilung nach dem Verhältnisse, in 
welchem die Gemeindeangehörigen zu den Ge- 
meindelasten beitragen. In den östlichen Pro- 
vinzen und in Schleswig-Holstein (LG. 869) 
darf auch das dem Zwecke des Gemeindehaus- 
halts gewidmete Vermögen (das Gemeinde- 
vermögen im engeren Sinne) in G. umge- 
wandelt werden, jedoch nur dann, wenn die 
Gemeinde schuldenfrei ist und durch eine solche 
Veränderung weder die Einführung neuer 
Gemeindeabgaben noch auch die Erhöhung be- 
stehender für absehbare Zeit erforderlich wird. 
— In Westfalen beschließt nach der L. 
vom 19. März 1856 ebenfalls die Gemeinde- 
versammlung über die Nutzung des Gemeinde- 
vermögens (§ 51) und ist mit Genehmigung 
des Kr A. auch befugt, Anderungen hierin ein-
	        
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