Gemeindegrundstücke — Gemeindehaushalt.
oder für mehrjährige Perioden. Die Grundsteuer
nach dem gemeinen Wert war im Frühjahr 1904
in 71 Stadt= und 53 Landgemeinden eingeführt,
u. a. in fast allen Vororten von Berlin, in
Stettin, Breslau, Magdeburg, Kiel, Dort-
mund, Gelsenkirchen, Münster, Wiesbaden
und allen größeren Städten der Rheinprovinz.
Es ist durch sie eine sehr bedeutende Ent-
lastung der Gebäude infolge der Besteuerung
des Baugeländes nach dem Werte und unter
den Gebäuden wieder eine starke Entlastung
der Wohngebäude der unbemittelten Klassen
und in geringerem Maße auch des Mittel-
standes unter entsprechender Mehrbelastung der
besseren Wohnhäuser und Villen, der Fabrik-
gebäude und größeren Geschäftshäuser herbei-
geführt (Denkschrift des Md J. und des FMM.
vom 21. Mai 1904 — Mittd St. Heft 47, S. 81).
Gemeindegrundstüche. Ihre Veräußerung
s. Gemeindevermögen.
Gemeindehaushalt. I. Landgemeinden.
a) Im Gebiete der LE. für die sieben öst-
lichen Provinzen vom 3. Juni 1891 (GS.
233) entwirft der Gemeindevorsteher (Gemeinde-
vorstand) über den G., d. h. die Gesamtheit
aller Gemeindeeinnahmen und zausgaben für
das Rechnungsjahr (. d. oder für eine längere,
von der Gemeindeversammlung (Gemeindever-
tretung) festzusetzende Rechnungsperiode, welche
die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen
darf, einen Voranschlag. Dieser Voranschlag
soll alle Einnahmen und Ausgaben kenntlich
machen, welche sich im voraus veranschlagen
lassen, er dient zugleich als Ubersicht über die
wirtschaftliche Lage der Gemeinde, als Bicht-
schnur für die Anweisungsbefugnis des GEe-
meindevorstehers und als Grundlage für die
Rechnungslegung (§8 119 Abs. 1, 88 Abs. 4
Ziff. 4, 120; C 5 Abs. 4 AusfAnw. III vom
29. Dez. 1891 — M.Bl.#1892, 9). Der Ent-
wurf des Voranschlages ist zwei Wochen lang
nach worheriger Bekanntmachung in einem
von der Gemeindeversammlung (Gemeindever-
tretung) zu bestimmenden Raume zur Einsicht
aller Gemeindeangehörigen auszulegen, sodann
rechtzeitig vor Beginn der Rechnungsperiode
durch die Gemeindeversammlung (Gemeinde-
vertretung) festzustellen und dem Vorsitzenden
des Kr A. abschriftlich mitzuteilen. Einer Ge-
nehmigung oder Bestätigung seitens dieses
Vorsitzenden bedarf es nicht, eine Ande-
rung durch Einstellung neuer Positionen
seitens der Aufsichtsbehörde kann nur im
Wege der Zwangsetatisierung (s. d.) er-
folgen (8§ 119 Abs. 2—4; C 5 Abs. 2, 3
AusfAnw. IIh. Aach § 119 Abs. 6 hann durch
Beschluß des Kr A. einzelnen Gemeinden die
Aufstellung eines Voranschlages erlassen wer-
den, wenn deren Verhältnisse dies unbedenk-
lich erscheinen lassen. Von dieser Befugnis
soll nach C5 Abs. 4 AusfAnw. II nur aus-
nahmsweise Gebrauch gemacht werden, da
ein Voranschlag nur bei ganz einfachen Ver-
hältnissen entbehrlich und auch für kleinere
emeinden zwechmäßig erscheint. Der Haus-
halt muß nach dem Voranschlage geführt und
alle Gemeindeeinkünfte müssen zur Gemeinde-
hasse gebracht werden. Ausgaben, welche
in dem Voranschlage nicht, oder nur unter
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dem Vorbehalt besonderer Beschlußfassung über
ihre Verwendung vorgesehen sind, sowie Uber-
schreitungen der eingestellten Ausgabebeträge
bedürfen der vorgängigen Genehmigung der
Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung)
(§5 119 Abs. 5; C5 Abs. 4 AusfAnw. IIII.
b) In Westfalen ist der Haushaltsetat
von dem Gemeindevorsteher in Gemeinschaft
mit dem Amtmann zu entwerfen, zur Einsicht
offenzulegen, durch Beschluß der Gemeinde-
versammlung festzustellen und dem Landrat
einzureichen. Die Auslegungsfrist beträgt
14 Tage, die Etatsperiode darf drei Jahre
nicht überschreiten (WestfLGO. vom 19. März
1856 — GS. 265 — 88 45, 46, 47, 49).
c) ANach § 89 LEO. für die Rheinpro-
vinz vom 23. Juli 1845/15. Mai 1856 (GS.
435) stellt der Börgermeister über alle Aus-
gaben, Dienste und Einnahmen Etats auf, deren
Entwurf 14 Tage lang im Verwaltungslokale
offen zulegen und sodann vom Gemeinderate
festzustellen ist. Ein Duplikat der Etats ist
dem Landrat vor der Ausführung einzureichen;
dieselben können auf Beschluß des Gemeinde-
rats durch den Druck veröffentlicht werden.
Bei Vorlegung des Haushaltsetats hat der
Bürgermeister dem Gemeinderat einen aus-
führlichen Bericht über den gesamten Stand
der Verwaltungsangelegenheiten der Gemeinde
vorzulegen. Der Bürgermeister hat nach § 90
a. a. O. dafür zu sorgen, daß der Haushalt
nach den Etats geführt wird. Außerhalb des
Etats zu leistende außerordentliche Ausgaben
bedürfen der Genehmigung des Gemeinderats
und des KrA. (Z3G. § 31 Abs. 1). Die er-
forderliche Instruktion für die Einrichtung
der Haushaltsetats erteilt nach § 93 a. a. O.
und § 18 LV. der Regierungspräsident.
d) Fürdie Landgemeinden der Prov. Schles-
kg-Holstein gelten nach § 119 SchlpHolst-
L#O. vom 4. Juni 1892 (GS. 154) und C5
AusfAnw. II vom 25. Juli 1892 dieselben
Vorschriften wie für die östlichen Provinzen.
e) Für die Landgemeinden der Prov. Han-
nover sieht die Bek. des hann. Ald J., betr.
die Regelung der Verhältnisse der Landge-
meinden, vom 28. April 1859 (Hann GS. 409)
im § 42 vor, daß bei erheblicheren Aufkünften
oder erheblicheren Ausgaben die Aufstellung
eines Voranschlages angeordnet werden kann,
welcher von der Gemeindeversammlung oder
dem Ausschusse festzustellen ist. Der Voranschlag
muß eine Zeitlang eines jeden Beteiligten
Einsicht geeigneten Orts ausgelegt werden.
!) § 89 LEO. für die Prov. Hessen-
Aassau vom 4. Aug. 1897 (GS. 301) decht sich
inhaltlich mit § 119 LGO. f. d. ö. Pr. vom
3. Juni 1891. An die Stelle des Gemeinde-
vorstehers tritt hier der Bürgermeister. Für
außerordentliche Ausgaben und Uberschrei-
tungen des Voranschlages ist nicht die „vor-
herige“ Genehmigung der Gemeindeversamm-
lung (Gemeindevertretung) gefordert, weil der
Bürgermeister in NAotfällen zu derartigen
Ausgaben auch unter dem Vorbehalt nach-
träglicher Genehmigung berechtigt und ver-
pftichter ist (Begr. in Nr. 20 der Druchs. des
bg, XVIII. Legislaturperiode 4. Session
1896/97). In der AusfAnw. II vom 30. Nov.