Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeindekrankenversicherung. 
30, 350). Die G. kann auch über diesen Zeit— 
raum nicht in Anspruch genommen werden, 
wenn während des Fortbestehens der alten 
Krankheit eine neue hinzutritt (OVG. 42, 308). 
Der erste Tag der ärztlichen Behandlung ist 
nicht einzurechnen (O#. 24, 323; 27, 358). 
Fallen der Beginn der Krankheit und der 
Beginn der Unterstützung nicht zusammen, so 
nimmt der Zeitraum erst mit dem Tage seinen 
Anfang, an welchem die erste Unterstützung 
stattgefunden hat (Oe#. 20, 360). Die Kran- 
Renunterstützung ist von dem Tag ab, an 
dem sie zuerst in Anspruch genommen worden 
ist, kortlaufend in Anspruch zu nehmen und zu 
ewähren, und zwar auch dann, wenn die zum 
ezuge des Krankengelds berechtigende Er- 
werbsunfähigkeit nach Aufnahme der Heilbe- 
handlung eintritt (OV#. 39, 348). Die Ge- 
meinden können beschließen, daß Bersicherte, die 
die Krankenunterstützung von der G., die die 
weitere Unterstützung gewähren soll, ununter- 
brochen oder im Laufe eines Zeitraums von 
12 Monaten für 26 Wochen bezogen haben, 
bei Eintritt eines neuen Unterstützungsfalles, 
sofern dieser durch die gleiche nicht gehobene 
Krankheitsursache veranlaßt ist, im Laufe der 
nächsten 12 Monate Krankenunterstützung nur 
für die Gesamtdauer von 26 Wochen zu ge- 
währen ist (K8VG. § 6a Abs. 1 Ziff. 3). Der 
Zeitraum von 12 Monaten ist vom Ablaufe 
der vorangegangenen Krantkheit zu berechnen 
(OVG. vom 5. Mai 1904 — Arbeiterversor= 
gung 21, 553). Die Frage, ob die Krantkheit 
als Fortsetzung einer früheren oder als eine 
neue Erkrankung anzusehen ist, ist lediglich 
danach zu beurteilen, ob das Vorhandensein 
objektiver, nach sachverständigem Gutachten für 
das Bestehen einer Krankheit entscheidender 
Merkmale zu bejahen oder zu verneinen ist 
(OB. 18, 355). Die Unterstützung endet auch 
dann erst nach Ablauf von 26 Wochen nach 
Beginn des Krankengeldbezugs, wenn bei 
Bezug der Krankenunterstützung das Arbeits- 
verhältnis, und damit die Mitgliedschaft auf- 
hört, da durch die Erkrankung bei bestehen- 
der Versicherung der Anspruch für die volle 
gesetzliche oder statutenmäßige Unterstützungs- 
zeit zur Existenz gebracht wird (OV. 13, 385). 
Das gilt selbst dann, wenn der Erkrankte die 
Unterstützung erst nach Beendigung der Mit- 
gliedschaft beansprucht. Der Anspruch eines aus 
der Beschäftigung ausgeschiedenen Erkrank- 
ten auf Krankenunterstützung ist nicht davon 
abhängig, daß die Krankheit noch zur Zeit 
der Kassenmitgliedschaft dem Träger der Ver- 
sicherung angemeldet oder bemerkbar wird; es 
muß aber zu jener Zeit die Krantheit selbst, 
nicht nur der Keim dazu vorhanden gewesen sein 
(OW. 20, 350). Während einer mit Erwerbs- 
unfähigkeit verbundenen Kranhheit bleibt die 
Mitgliedschaft erhalten („Ve. § 54 az f. auch 
Selbstversicherung). Wird die erkrankte 
erson während des Bezugs der Krankenunter- 
tützung Mitglied einer Krankenkasse oder einer 
anderen G., so geht die Unterstützungspflicht auf 
den neuen Träger der Krankenversicherung über 
und dieser ist verpflichtet, dem Erkrankten die 
Unterstützungen nach Vorschrift seines Statuts 
öu gewähren, während die bisherige G. frei 
  
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wird (O. 33, 386; 39, 339). Wegen des 
Verhältnisses der Krankenunterstützung zu den 
Leistungen der Unfall= und Invalidenversi- 
cherung s. Krankenversicherung VII, VIII. 
7. Fürsorge für nicht versicherungs- 
pflichtige Familienangehörige, und zwar 
die Gewährung freier, ärztlicher Behandlung, 
freier Arznei, Brillen Bruchbänder und ähn- 
licher Heilmittel Kkann die G. auf Beschluß der 
Gemeinde übernehmen (8V. § öa AbsK. 1 
Ziff. 5). Hierfür müssen Zusa beiträge erhoben 
werden (§ 9 Abs. 1). ie Berechtigten sind 
auch hier die Ailitglieder selbst und nicht die 
Familienangehörigen (OV. 16, 359). Die 
Fürsorge Rkann einzelnen Arten von Familien= 
angehörigen gewährt werden, dagegen ist un- 
zulässig, ein Mitglied davon auszuschließen, 
weil es seinen Haushalt nicht im Kassenbezirke 
hat (OVS. 14, 343). 
8. Vorschriften für Kranke. Die Ge- 
meinden Rönnen mit Genehmigung der Auf- 
sichtsbehörde Vorschriften über die Krank- 
meldung, über das Verhalten der Kranken und 
über die Krankenaufsicht erlassen und bestimmen, 
daß Versicherte, welche diesen Vorschriften oder 
den Anordnungen des behandelnden Arztes 
zuwiderhandeln, Ordnungsstrafen bis zum 
dreifachen Betrage des täglichen Krankengeldes 
für jeden einzelnen Ubertretungsfall zu erlegen 
haben (KVG. 8 6a Abs. 2). 
III. Beiträge, Vermögensverwaltung 
(&V0. 889, 10). Die Beiträge der Arbeitgeber und 
Versicherten sollen zusammen zunächst nicht mehr 
als 1½/2 % des ortsüblichen Tagelohns (s. d.) 
betragen. Ergibt sich aus den Jahresabschlüssen, 
daß diese zur Dechung der Mindestleistungen 
nicht ausreichen, so Kann mit Genehmigung des 
Regierungspräsidenten eine Erhöhung bis zu 
3% einkreten. Unabhängig hiervon hat die 
Gemeinde oder der weitere Kommunalverband 
Vorschüsse zu gewähren, wenn die Bestände zur 
Dechkung der Ausgaben nicht ausreichen. Die 
Vorschüsse dürfen, solange an Beiträgen mehr 
als 20/% erhoben wird, nicht zurückerstattet wer- 
den. Ergeben sich dauernd AUberschüsse, so hat 
nach Ansammlung eines Reservefonds im Be- 
trage der durchschnittlichen Jahresausgabe der 
letzten 3 Jahre die Gemeinde zu beschließen, ob 
eine Herabsetzung der Beiträge oder eine Er- 
höhung oder Erweiterung der Unterstützungen 
eintreten soll. Die Einnahmen und Ausgaben 
dieser Kasse sind getrennt von den sonstigen 
Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde festzu- 
stellen und zu verrechnen. Die Verwaltung der 
Kasse hat die Gemeinde unentgeltlich zu führen. 
Ein Jahresabschluß der Kasse nebst einer Uber- 
sicht über die Versicherten und die Krantkheits- 
verhältnisse ist alljährlich in je zwei Exempla= 
ren in der vom BR. festgesetzten Porm (BnBek. 
vom 16. Nov. 1892 — 3ZB-M. 671 — und vom 
26. Nov. 1897 — Zhl. 329) dem Regie= 
rungspräsidenten einzureichen, der das eine 
Exemplar bis zum 1. Juli an das Statistische 
Amt weitergibt. Vorschriften über die Form 
und Art der Rechnungsführung erlassen die 
Regierungspräsidenten Ell. vom 3. Jan. 1893). 
S. auch Krankenversicherung VI. 
IV. Aufsicht. Die Aufsicht über die G. führt. 
die Kommunalaufsichtsbehörde der Gemeinde.
	        
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