Gemeindeverordnete — Gemeindeversammlung in Landgemeinden.
zunächst die Verwaltungsbehörde (der Land-
rat) unter Vorbehalt des ordentlichen Rechts-
weges einstweilen Anordnung über die Rutzung
und Verwaltung zu treffen (LO. 8§ 61).
Waren vor Erlaß der LGO. aus dem Ge-
nossenschaftsvermögen Verwendungen für die
Gemeindelasten erfolgt, so sollte nach Erlaß
der LG. ein ihnen entsprechender Teil die-
ses Vermögens zu gleichem Zwecke ausgeschie-
den oder das Vermögen mit einer entsprechen-
den Rente oder Leistung belastet werden. Auch
hierüber sollten zunächst die Verwaltungs-
behörden entscheiden, jedoch unter Vorbehalt
der richterlichen Entscheidung über die Ver-
pflichtung der Genossenschaft. Bei Verbänden
mehrerer Gemeinden ist das ausgeschiedene
Vermögen oder die Rente oder Leistung nur
für die besonderen Lasten derjenigen Gemein-
den zu verwenden, für welche die Verwen-
dungen bisher geschehen waren (§ 62). — In
den Stadt= und Landgemeinden der Hohen-
zollernschen Lande liegt nach der GemO.
vom 2. Juli 1900 den Gemeindebehörden (ebenso
wie in Hessen-Aassau) die Verpflichtung ob,
für Erhaltung des Grundstockvermögens zu
sorgen (§ 38). Die Vorschriften über die Ver-
waltung und Benutzung des G. sind hier im
wesentlichen die gleichen wie in den Land-
gemeinden der östlichen Provinzen. Doch ist
die Genehmigung der Aussichtsbehörde (des
Amtsausschusses bei den Landgemeinden, des
BezA. bei den Städten) auch zur Anstrengung
eines Rechtsstreits erforderlich (Hem O. 83, S4).
Zur Gültigkeit einer freiwilligen Veräußerung
von Grundstücken oder Realberechtigungen
gehört die Vorlegung eines beglaubigten Aus-
zuges aus dem Besitz= und Steuerheft (Besitz-
standsurkunde), eine ortsübliche Bekannt-
machung, eine Frist von mindestens einer
Woche von der Bekanntmachung bis zum
Verkaufstermine und die Abhaltung der Ver-
kaufsverhandlung durch den Bürgermeister
oder einen Justizbeamten.
Uber die Zulässigkeit der Umwandlung von
Kämmereivermögen in Gemeindegliederver-
mögen und von letzterem in ersteres s. Ge-
meindegliedervermögen.
Gemeindeverordnete s. Gemeindevertre-
tung (Landg.).
Gemeindeversammlung in Landgemein-
den. I. Gemeindeversammlung wird die
Versammlung der stimmberechtigten Gemeinde-
mitglieder (s. GHemeinderecht [Landg.], Ge-
meindestimmrecht und Gemeindewahl-
recht [Landg.]) genannt, die als Organ
der Gemeinde deren Willen zum rechtlichen
Ausdruck zu bringen hat. Wird in einer Ge-
meinde eine gewählte Gemeindevertretung ein-
geführt, was nach den neueren Gemeinde-
verfassungsgesetzen entweder von der freien
Entschließung der G. abhängt oder bei einer
bestimmten Zahl von Gemeindegliedern erfol-
gen muß, so wird die G. hierdurch außer
ätigkeit gesetzt. Die Ausübung des Gemeinde-
rechts beschränkt sich dann auf die Wahl der
Gemeindeverordneten, während alle sonstigen
Aufgaben der G. auf die Gemeindevertretung
übergehen. Aur in der Prov. Hannover
kann in gewissen Fällen (s. u. II) eine Tätig-
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keit der G. neben der Gemeindevertretung
stattfinden. In Westfalen wird auch die ge-
wählte Gemeindevertretung als G., in der
Rheinprovinz dagegen sowohl G. wie auch
Gemeindevertretung als Gemeinderat bezeich-
net. Die Aufgaben, die Zusammensetzung, Ein-
berufung, Beschlußfähigkeit und die Form der
Verhandlungen der G. sind in den einzelnen
Gemeindeverfassungegesetzen verschieden ge-
regelt.
.II. Die Aufgaben der G. bestehen in der
Beschlußfassung über Gemeindeangelegenheiten
und die ihr durch Gesetz oder Auftrag der
Aufsichtsbehörde zugewiesenen sonstigen An-
gelegenheiten, sowie in der Vornahme der ihr
gesetzlich übertragenen Wahlen. Im einzelnen
sind diese Aufgaben in den Gemeindeordnungen
in verschiedener Weise bezeichnet. In den sieben
östlichen Propinzen und in Schleswig-
Holstein (LGO. 8§§ 102, 103), in Westfalen
(LG. 8 32), in der Rheinprovinz (Gem.
§ 61), in Hessen-Aassau (LGO. 8§ 66) und
in Hohenzollern (GemO. 8 72) sind die An-
gelegenheiten, über welche die G. zu beschließen
hat, nicht einzeln und erschöpfend aufgeführt.
Ihrer Beschlußfassung sind hier überwiesen
walle Gemeindeangelegenheiten“, soweit
diese nicht durch Gesetz dem Gemeindevorsteher
(Gemeindevorstande, Bürgermeister) ausschließ-
lich überwiesen sind. Uber andere Angelegen-
heiten darf die G. nur dann beraten, wenn
sie durch Gesetz oder Auftrag der Aussichts-
behörde an sie gewiesen sind. Abgesehen von
der Rheinprovinz, wo die Befugnisse der G.
gegenüber dem Gemeindevorstande (Bürger-
meister) und der Aufsichtsbehörde grundsätzlich
mehr eingeschränkt sind als in den anderen
Provinzen, steht der G. auch ein Kontrollrecht
gegenüber der Gemeindeverwaltung zu. Sie
hat diese zu überwachen und ist namentlich be-
rechtigt, sich von der Ausführung ihrer
Beschlüsse, von dem Eingange und der Ver-
wendung aller Einnahmen der Gemeindekasse,
sowie von der gehörigen Ausführung der Ge-
meindearbeiten Uberzeugung zu verschaffen.
Sie darf jedoch ihre Beschlüsse niemals selbst
zur Ausführung bringen. Das Kontrollrecht
betrifft übrigens die Tätigkeit des Gemeinde-
vorstehers und der Gemeindebeamten nur auf
dem Gebiet der Kommunalen Angelegen-
heiten. Die Geschäfte der allgemeinen Staatsver-
waltung, die der Staat den Gemeindebehörden
übertragen hat (wie z. B. die Polizeiverwal-
tung), gehören nicht zum kommunalen Wir-
kungskreis der Gemeinden. Die Gemeinde-
behörden gelten hier lediglich als Organe des
Staats und haben nur dessen Weisungen zu
befolgen. Die Gemeinden sind dabei nur in-
sofern beteiligt, als sie in ihren Beamten dem
Staate geeignete Träger für die betreffenden
Aufgaben zu stellen und die Kosten für deren
Tätigkeit zu tragen haben. — Uber die gesetz-
lichen Beschränkungen der G. auf dem Gebiete
der Verwaltung des Gemeindevermögens s.
Gemeindevermögen, über das Erfordernis
der Genehmigung der Aussichtsbehörde für
Gemeindebeschlüsse s. Bestätigung von Be-
schlüssen der Kommunalverbände. — In
der Prov. Hannover sind der G. nicht, wie