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in den anderen Provinzen, alle Gemeinde-
angelegenheiten zur Beschlußfassung überwie-
sen, die nicht dem Gemeindevorsteher aus-
schließlich übertragen worden sind, sondern es
liegt hier (LGO. §§ 40—42) die Verwaltung
der Gemeindeangelegenheiten grundsätzlich dem
Gemeindevorsteher ob. Dieser hat die Beschluß-
fassung der G. nur in denjenigen Fällen zu
veranlassen, für die es besonders vorgeschrieben
ist. Eine solche Mitwirkung der G. hat statt-
zufinden: bei Veränderungen im Gemeinde-
bezirke, in der Gemeindeverfassung, nament-
lich im Stimmrechte, im Bestande des Ge-
meindevermögens und in dessen Benutzungs-
art, bei Anleihen auf den Kredit der Gemeinde,
bei Gemeindeprozessen und Vergleichen in Ge-
meindeangelegenheiten, bei Einführung neuer
Gemeindeabgaben oder Leistungen, bei Auf-
nahme neuer Gemeindemitglieder, bei Anstel-
lung und Kündigung von Gemeindedienern und
sonstigen Angestellten der Gemeinde, sowie bei
dem Gemeinderechnungswesennach Maßgabe der
bestehenden Anordnungen. Der Bestätigung des
Kr A. bedarf es hier, abgesehen von den das
Gemeindeabgabenwesen betreffenden Beschlüssen
und Ordnungen und sonstigen Beschlüssen, für
die eine Bestätigung in besonderen Gesetzen
vorgesehen ist, in folgenden Fällen: bei Ver-
änderungen im Gemeindebezirk und in der
Gemeindeverfassung, bei freiwilligen Veräuße-
rungen, wodurch der Bestand des Gemeinde-
vermögens verändert wird, bei Anleihen, Uber-
nahme bleibender Lasten, Einführung neuer
Gemeindeabgaben und Leistungen, endlich bei
Anstellung von Gemeinderechnungsführern und
sonstigen Angestellten, außer den Gemeinde-
beamten und Gemeindedienern. Der Geneh-
migung des Regierungspräsidenten (3G. 8 30)
bedürfen Gemeindebeschlüsse über die Veräuße-
rung oder wesentliche Beränderung von Sachen,
welche einen besonderen wissenschaftlichen, histo-
rischen oder Kunstwert haben, insbesondere von
Archiven oder deren Teilen. Ist ein Gemeinde-
rat (Gemeindeausschuß) gebildet worden, so
können einzelne Angelegenheiten, namentlich
die Veränderung der Gemeindeverfassung, die
Aufnahme von Anleihen, die Einführung neuer
oder die Anderung im Verteilungsfuße be-
stehender Gemeindeabgaben oder Leistungen,
der Beschlußfassung der G. vorbehalten wer-
den (LGO. 8 52). — Uber die autonomischen
Befugnisse der G. s. Gemeindestatuten,
über ihr Recht auf Selbstverwaltung (. d.,
über den Begriff der Gemeindeangelegenheiten
s. Gemeinde, über die Verwaltung des Ge-
meindevermögens s. Gemeindevermögen
und Gemeindegliedervermögen, über den
Gemeindehaushalt (. d., über die Vor-
nahme von Wahlen durch die G. s. Gemeinde-
wahlen (Landg.), über die Befugnisse des
Gemeindevorstehers gegenüber den Beschlüssen
der G. s. Beanstandungen, über die der
Aufsichtsbehörden s. Kommunalaufsicht,
Zwangsetatisierung.
III. Die Zusammensetzung der G. hängt
von der verschiedenen Regelung des Stimm-
rechts in den Landgemeinden nach Maßgabe
der Gemeindeverfassungsgesetze ab. Die G.
umfaßt hiernach außer den stimmberechtigten
Gemeindeversammlung in Landgemeinden.
Gemeindegliedern, deren Stimmrecht verschieden
abgestuft sein Kkann, unter bestimmten Vor-
auissetungen auch Forensen, juristische Personen
und Personengesamtheiten, sowie deren Ver-
treter, soweit eine Stellvertretung zulässig ist.
S. Gemeindestimmrecht und Gemeinde-
wahlrecht (Landg.).
IV. Die Einberufung der G. erfolgt über-
all durch den Gemeindevorsteher, in der Rhein-
provinz durch den Bürgermeister oder mit
dessen Genehmigung durch den Gemeindevor-
steher, so oft ihre Geschäfte es erfordern. Die
Zusammenberufung erfolgt unter Angabe der
egenstände der Beratung (der Tagesordnung).
In den sieben östlichen Provinzen, in der
Rheinprovinz, in Schleswig-Holstein,
in Hessen-Aassau und in Hohenzollern
muß die Zusammenberufung erfolgen, wenn
es von einem Viertel der Mitglieder verlangt
wird, in der Rbeinprovinz aber nur auf
den Antrag von mindestens drei Mitgliedern,
wenn ihre Zahl weniger als zwölf be-
trägt. In Westfalen ist der Landrat befugt,
die Einberufung anzuordnen. Zwischen der
Zusammenberufung und dem Verhandlungs-
termine müssen in den sieben östlichen Pro-
vinzen, in Westfalen, Schleswig-Hol-
stein, Hessen-êassau und Hohenzollern
mindestens zwei Tage, in der Rheinprovinz
drei Tage frei bleiben. In Westfalen khön-
nen durch Beschluß der G. auch regelmäßige
Versammlungstage festgesetzt werden. Dasselbe
kann in der Rheinprovinz durch den Bür-
Zermeister nach Anhörung des Gemeinderats
geschehen. Die Art und Weise der Zusammen-
berufung wird in den erstgenannten Provinzen
durch die Ortsverfassung bestimmt, in West-
falen durch Beschluß der G. mit Genehmi-
gung des Kr A. In der Rheinprovinz muß
eine schriftliche Einladung erfolgen. Die Ver-
sammlungen sollen in den sieben östlichen
Provinzen, Schleswig-Holstein, Hessen-
Aassau und Hohenzollern in der Regel nicht,
in Westfalen niemals in Wirtshäusern oder
Schenken abgehalten werden (L. f. d. ö. Pr.
und für Schleswig-Holstein § 104, für West-
falen § 34, für die Rheinprovinz § 62, für
Hessen= Nassau § 68, für Hohenzollern § 74).
Wesentliche Verstöße gegen die vorgeschriebene
Form der Zusammenberufung haben die Rich-
tigkeit der in der G. gefaßten Beschlüsse zur
Folge (OVG. 24, 96). In Hannover Bhönnen
gültige Beschlüsse in der G. nur gefaßt werden,
wenn entweder sämtliche stimmberechtigte Ge-
meindemitglieder wirklich versammelt sind,
oder wenn die G. unter allgemeiner Angabe
des Zwechs in der Gemeinde zeitig Haus bei
Haus angesagt oder in herkömmlicher Weise
bekanntgemacht ist. Auswärtige, welche Stimm-
recht in der Gemeinde haben, müssen behufs
Entgegennahme dieser Bekanntmachungen am
Orte Bevollmächtigte bestellen (LGO. 8 43).
V. Beschlußfähig ist die G. in den sieben.
östlichen Provinzen und in Schleswig-
Holstein (LGO. 3 106), in Hessen-êassau
(LGO. 8 70) und in Hohenzollern (Gemp.
§ 76), wenn mehr als ein Drittel der stimmberech-
tigten Gemeindemitglieder anwesend ist. Bei
der Vorladung bedarf es (mit Ausnahme von