Gemeindeversammlung in Landgemeinden.
Hohenzollern) des Hinweises darauf, daß die
Vichtanwesenden sich den gefaßten Beschlüssen
zu unterwerfen haben. Wird die G. zum
zweiten Male zur Beratung über denselben
Gegenstand zusammenberufen, so sind die er-
schienenen Mitglieder ohne Rücksicht auf ihre
Anzahl beschlußfähig. Bei der zweiten Zusam-
menberufung muß hierauf ausdrichlich hin-
gewiesen werden. — In Westfalen (LGO. 834)
kann die G. nur beschließen, wenn mehr als
die Hälfte und wenigstens drei der gehörig
eingeladenen Mitglieder mit Einschluß des
Vorsitzenden zugegen sind. Hinsichtlich der
zweiten Zusammenberufung gilt dasselbe wie
in den östlichen Provinzen. — In der Rhein-
provinz ist der Gemeinderat beschlußfähig,
wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder
gegenwärtig ist. Ist auch bei der zweiten
Zusammenberufung zur Beratung über den-
selben Gegenstand keine Beschlußfähigkeit vor-
handen, so beschließt an Stelle des Gemeinde-
rats der Kr A. Wer nicht mitstimmt oder die
Unterzeichnung des Protokolls verweigert, ist
in der A Abeinprovinz (abweichend von den
anderen Provinzen) als nicht erschienen zu
betrachten. Es kann aber jedes Mitglied des
Gemeinderats verlangen, daß seine abwei-
chende Ansicht in das Protokoll ausgenommen
werde (GemO. § 64 und G. vom 15. Mai 1856
Art. 16).— In Hannover (LGO.-44) kann ein
gültiger Beschluß in der G. nur gefaßt wer-
den, wenn mindestens ein Drittel der vorhan-
denen Stimmen vertreten ist.
VI. Eine Offentlichkeit der G. findet nur
in den sieben östlichen Provinzen und in
Schleswig-Holstein (LEbO. 8§ 109), in
Hessen= Massau (LoO. § 73) und in Hohen-
zollern (GemO. 8 79) statt. Sie ist aber
auch hier eine beschränkte (s. Offentlich-
keit I.
VII. Den Vorsitz in der G. führt in den
östlichen Provinzen und in Schleswig-
Holstein (LGO. 8§ 88 Abs. 2) der Gemeinde-
vorsteher, in Hessen-Aassau (LO. 8 59
Abs. 2) und in Hohenzollern (GemO. 8§ 68
Abs. 2) der Bürgermeister mit vollem Stimm-
recht. Der Vorsitzende leitet die Verhand-
lungen, eröffnet und schließt die Sitzungen
und handhabt die Ordnung in der Versamm-
lung. Er kann Zuhörer, welche Störung ver-
ursachen, aus dem Sitzungszimmer entfernen
lassen. — In Westfalen (LGO. 8 31) führt
der Gemeindevorsteher den Vorsitz mit vollem
Stimmrecht und bei Stimmengleichheit mit
entscheidender Stimme. Doch kann der Amt-
mann stets den Vorsitz übernehmen und ist
hierzu bei den Beratungen über den Haus-
haltsetat und die Rechnungen verpflichtet. Er
entscheidet dann bei Stimmengleichheit, hat
aber sons' kein Stimmrecht. Auch der Land-
rat ist befugt, den Vorsitz, jedoch ohne Stimm-=
recht, zu übernehmen, wenn er es in besonde-
ren Fällen für nötig befindet. Der Amtmann
ist dann ebenfalls zu der G. einzuladen (LG.
8 80). — In der Rheinprovinz (Gem O. 8 63)
führt der Bürgermeister den Vorsitz. Er hat
dort ebenfalls bei Stimmengleichheit zu ent-
scheiden, sonst aber nur dann Stimmrecht,
wenn er zugleich Gemeindevorsteher ist. In
639
geeigneten Fällen kann er den Vorsitz dem
Vorsteher übertragen. Er muß ihn jedoch stets
führen, wenn über den Haushaltsetat, über
die Abnahme der Gemeinderechnung oder über
Angelegenheiten beraten wird, bei welchen
mehrere Gemeinden des Bürgermeistereibezirks
gemeinschaftlich beteiligt sind. Der Vorsteher
hat immer volles Stimmrecht und, wenn er
den Vorsitz führt, bei Stimmengleichheit die
entscheidende Stimme. — In Hannover liegt
dem Gemeindevorsteher die Leitung der G. mit
vollem Stimmrecht ob (MBek. z. Gem O. vom
28. April 1859 § 26). Außer bei Wahlen hat
der Vorsitzende bei Stimmengleichheit die ent-
scheidende Stimme. Haben Unordnungen bei
der Abstimmung stattgefunden oder ergeben
sich Zweifel dabei, so soll die Abstimmung,
nötigenfalls unter Leitung des Landrats, wie-
derholt werden (LGO. 8§8 48, 49).
VIII. Die Beschlüsse in der G. werden
nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmen-
gleichheit entscheidet die Stimme des Vor-
sitzenden. Die Abstimmung darf daher zeine
geheime (durch Stimmzettel) sein, sondern muß
offen erfolgen (OVG vom 5. Mai 1894 —
Pr VBl. 15, 427). Die Stimmenmehrheit wird
lediglich nach der Zahl der abgegebenen Stim-
men (ohne Berüchsichtigung der sich der Stimm-
abgabe enthaltenden Mitglieder) festgestellt
(LO#. f. d. ö. Pr. und für Schleswig-Holstein
§ 107, für Westfalen § 35, für die Rheinprovinz
§ 64, für Hessen-ôAassau § 71, für Hohenzollern
§ 77). In der Rheinprovinz gilt aber auch
derjenige als nicht erschienen, der zwar mit-
gestimmt hat, aber demnächst die Unterschrift
unter das Protokoll verweigert (Gem O. § 64).
Einer Mehrheit von zwei Drittel bedarf es in
Hohenzollern (GemO. 8 40) zum Erlasse eines
Ortsstatuts über gewisse, die Allmande (s. All-
mandgut) betreffende Gegenstände. Ausge-
schlossen von der Teilnahme an den Verhand-
lungen über Rechte und Verpflichtungen der Ge-
meinde ist derjenige, dessen Interesse mit dem
der Gemeinde im Widerspruch steht. Kann
wegen dieser Ausschließung ein gültiger Beschluß
nicht gefaßt werden, so beschließt der Kr A.,
in Hessen-êAassau und in Hohenzollern
jedoch der Gemeinderat und nur, wo ein sol-
cher nicht besteht, der Kr A. oder (in Hohen-
zollern) der Amtsausschuß (LGO. f. d. ö. Pr.
und für Schleswig-Holstein § 108, für West-
falen § 33, für die Rheinprovinz 8§ 65, für
Hessen= Aassau § 72, für Hohenzollern § 78,
für Hannover § 49; 3G. 8 33 Abs. 1 Ziff. 2).
IX. Eine Protokollierung der Beschlüsse
soll in der Art stattfinden, daß diese in ein
besonderes Buch eingetragen und von dem
Vorsitzenden, sowie wenigstens zwei, in West-
falen von einem, in der Rheinprovinz.
von wenigstens drei stimmberechtigten Mit-
gliedern der Versammlung, in Hannover
aber von dem Vorsitzenden allein unterzeichnet
werden. In Westfalen und in der Rhein-
provinz sind hierbei auch die Namen der
dabei anwesend gewesenen Mitglieder ein-
zutragen. In der Rheinprovinz müssen die
usfertigungen solcher Beschlüsse, welche Ur-
kunden beigefügt werden oder als Autori-
sation für den Bürgermeister zu einzelnen