Gemeines Recht — Gemeinheitsteilungen und Grundstückszusammenlegungen usw. 655
§ 71 Ziff. 5 u. a.). Sie erhalten in Hannover
diese ihre rechtliche Eigenschaft nach § 11 des
Wegegesetzes vom 28. Juli 1851 im allgemeinen
durch Beschluß der Gemeinde. Nach § 14 des
Chausseegesetzes vom 20. Juli 1851 (Hann GS.
119) kann der Regierungspräsident als Chaussee-
baupolizeibehörde bei der Verlegung einzelner
Chausseestrechen (36. 8 57), die von der
Chaussee verlassenen, aber für den allgemeinen
Verkehr nicht entbehrlichen Wegestrecken in G.
umwandeln. S. Gemeinde als Träger
der Wegebaulast, Wegebaulast, Wege
(öffentliche) unter III.
Gemeines Recht. I. Je nachdem ein Rechts-
satz für einen ganzen Staat oder nur für ein-
zelne Teile desselben (z. B. eine Provinz oder
den Eliedstaat eines Bundesstaats) Geltung
hat, unterscheidet man gemeines und parti-
kulares Recht. Während sonst bei Rollisionen
deider das letztere dem ersteren vorgeht, gilt
für die vom Deutschen Reiche erlassenen Ge-
setze, daß sie den von den Bundesstaaten ge-
gebenen Gesetzen, den Landesgesetzen, vor-
gehen: „Reichsrecht bricht Landesrecht.“ Auch
partikulares Gewohnheitsrecht ist nicht im-
stande, das Reichsrecht zu ändern.
II. In einem wesentlich anderen Sinne be-
deutet g. R. das vormals in Deutschland und
bis zum 1. Jan. 1900 wenigstens noch in einem
Teile des Deutschen Reichs, von Preußen in
Schleswig-Holstein, Hannover, Hessen-Nassau,
Frankfurt a. M. und einigen kleineren Be-
zirken, geltend gewesene gemeine Privatrecht.
Dieses setzte sich zusammen aus ursprünglich
einheimischem Rechte und ursprünglich fremdem,
vom 15. Jahrh. ab auf gewohnheitsrechtlichem
Wege durch die sog. Rezeption zur Geltung
gelangten Rechte. Das einheimische Recht
hatte sich meist aus Gewohnheitsrecht gebildet
oder doch fortentwickelt und war seit dem
13. Jahrh. mehrfach in privaten Rechtsbüchern
(Sachsenspiegel, Schwabenspiegel usw.) aufge-
zeichnet worden. Das fremde BRecht bestand
in der Hauptsache aus römischem, daneben
noch aus kanonischem und longobardischem
Rechte. Das römische Recht war das in der
Gesetzgebung des Kaisers Justinian, dem cor-
pus juris civilis (Enstitutionen, Pandekten oder
Digesten, Kodex und Novellen) enthaltene, so-
weit es die Glossatoren bearbeitet hatten (qduod
non agnoscit glossa non agnoscit curia), das
Ranonische das im corpus juris canonici (de-
cretum Gratiani, liber extra decretum, liber
sextus und Klementinen) enthaltene; das rezi-
pierte longobardische Recht betrifft das Lehn-
recht (liber keudorum). Wie das ALR. und
der Code civil (s. d.), ferner die sonst vor-
handenen Privatrechtsgesetze, welche das g. R.
teilweise verdrängt hatten, also namentlich
noch das BEB. für das Königreich Sachsen
von 1863, ist auch das g. R. seit dem 1. Jan.
1900 durch das BGB. mit Ausnahme geringer
Beste beseitigt worden (ogl. Bürgerliches
esetzbuch).
Gemeingebrauch an öffentlichen Wegen
s. Wege, öffentliche unter V, an Wasser-
läufen s. Flüsse, öffentliche III und Pri-
vatflüsse.
Gemeingefährliche Krankheiten s. An-
steckende
fung g. K.
Gemeinheitsteilungen und Grundstücks-
usammenlegungen in den landrechtlichen
rovinzen. Einleitung. Gem T. und Ser-
vitutablösungen kommen nur bei BRechts-
verhältnissen vor, die in der früheren Agrar-
verfassung ihren Grund baben. Es fallen
darunter: 1. im engeren Sinne die Teilung
solcher Grundstücke, welche von mehreren Mit-
eigentümern ungeteilt besessen und gemein-
schaftlich benutzt werden, wobei jedem Teil-
nehmer ein Anteil der aufgehobenen Gemein-
heit zum ausschließlichen Eigentum überwiesen
wird; 2. im weiteren Sinne die Aufhebung
einer gemeinschaftlichen Benutzung von Grund-
stücken, die der Land= oder Forstwirtschaft
dienen, einerlei ob diese Benutzung auf einem
gemeinschaftlichen Eigentum oder auf einem
Dienstbarkeitsrechte (Servituten, Grunddienst-
barkeit) beruht. Auch hier wird den Teil-
nehmern an Stelle ihrer Berechtigungen eine
angemessene Entschädigung aus Teilen des
gemeinschaftlichen oder belasteten Grundstücks
oder aber eine Geldabfindung zur ausschließ-
lichen und freien Verfügung überwiesen. Werden
nur Dienstbarkeitsrechte gegen Entschädigung
in Land oder in Geld aufgehoben, so spricht
man von Servitutablösung (ogl. hierzu
Ablösung der RAReallasten l. Bestehen
diese Dienstbarkeiten in Weideberechtigungen,
denen die vermengt belegenen Grundstücke
einer Feldmark unterworfen sind und wird
mit ihrer Ablösung eine wirtschaftliche Zu-
sammenlegung jener Grundstücke verbunden,
so liegt eine Spezialseparation vor. Wird
nur eine solche Zusammenlegung (Verkopp-
lung) ausgeführt, d. h. werden die zerstückelt
und vermengt liegenden ländlichen Grundstücke
verschiedener Eigentümer unter gleichzeitiger
Beschaffung der erforderlichen Wege und
Gräben innerhalb einer Feldmark dergestalt
gegeneinander ausgetauscht, daß ein jeder
seinen Grundbesitz in möglichst zusammen-
hängender Lage und in einer für die zweck-
mäßige Bewirtschaftung günstigen Gestaltung
der einzelnen Pläne erhält, so liegt ein Zu-
sammenlegungsverfahren vor. Findet
ein solcher Austausch nur innerhalb kleinerer
hierzu bestimmter Bezirke einer ganzen der
Umlegung unterliegenden Gemarkung statt,
so heißt das Konsolidation.
Für die Gesetzgebung über diese Angelegen-
heiten sind drei Gruppen zu unterscheiden:
I. das Geltungsgebiet des ALR., d. h. die
Prov. OÖst= und Westpreußen, Brandenburg,
Pommern (mit Ausnahme von Neuvorpommern
und Bügen), Schlesien, Posen, Sachsen, West-
falen und die Kreise Rees, Essen, Duisburg,
Mülheim und Ruhrort der M#beinprovinz;
II. das Geltungsgebiet des franz. und des
gemeinen Rechts, d. h. die Rheinprovinz mit
Ausnahme der vorgenannten landrechtlichen
Teile, Neuvorpommern und Rügen, die Prov.
Hessen-Aassau, Schleswig-Holstein und die
hohenzoll. Lande; II. die Prov. Hannover.
Im nachstehenden kommt nur der Rechtszu-
stand im Geltungsgebiete des ALR. zur Dar-
stellung.
Krankheiten und Bekämp-