656 Gemeinheitsteilungen u. Grundstückszusammenlegungen in den landrechtl. Provinzen.
A. Gem T. und Ablösungen. 1. Gegen-
stand des Verfahrens. Nach § 2 Gem T.
vom 7. Juni 1821 (GS. 53) findet die durch
sie geregelte Aufhebung der Gemeinheit statt
bei Weideberechtigungen auf Achern, Wiesen,
Angern, Forsten und sonstigen Weideplätzen,
bei Forstberechtigungen zur Mast, zum Mit-
genusse des Holzes und zum Streuhelen. und
bei Berechtigungen zum Plaggen-, Heide= und
Bültenhieb, einerlei ob diese Gerechtsame auf
einem gemeinschaftlichen Eigentume, einem
Gesamteigentume oder aber auf einem ein-
seitigen oder wechselseitigen Dienstbarkeits-
rechte beruhen. Die bloß vermengte Lage der
Acker, Wiesen und sonstigen Ländereien ohne
gemeinschaftliche Benutzung begründet jedoch
keine Auseinandersetzung nach jener Ordnung.
Nach dem sog. Ergänzungsgesetz vom 2. Mlärz
1850 (GS. 139) Art. 1 sind ferner nachfolgende
Berechtigungen, soweit sie auf einer Dienst-
barkeit beruhen, nach den GErundsätzen der
Gem TO. vom 7. Juni 1821 selbständig ablös-
bar: 1. zur Gräserei und zur Autzung von
Schilf, Binsen oder Rohr auf Ländereien und
Privatgewässern aller Art; 2. zum Pflücken
des Grases und des Unkrauts in den bestell-
ten Feldern (zum Krauten); 3. zum Nachrechen
auf abgeernteten Feldern, sowie zum Stoppel-
harken; 4. zur Autzung fremder Achker gegen
Hergebung des Düngers; 5. zum Fruchtgewinn
von einzelnen Stücken fremder Acher (zu De-
putatbeeten); 6. zum Harzscharren; 7. zur
Fischerei in stehenden oder fließenden Privat-
gewässern; 8. zur Torfnutzung. Andere als
die vorgenannten Berechtigungen unterliegen
der selbständigen Ablösung nicht; kommen je-
doch bei einer Gem T. nicht selbständige ab-
lösbare Grundgerechtigkeiten vor, die dem
Zwecke der Auseinandersetzung hinderlich sind,
so müssen sie gegen angemessene Entschädigung
aufgehoben werden (Gem TO. 8 142). Aach
der Deklaration vom 26. Juli 1847 (G . 327)
§ 1 kann weder das zur Bestreitung der Lasten
und Ausgaben der Stadt= oder Landgemeinden
bestimmte Vermögen (Kämmereivermögen), noch
derjenige Teil des Vermögens einer Stadt-
oder Landgemeinde, dessen Autzungen den
einzelnen Gemeindegliedern oder Einwohnern
vermöge dieser ihrer Eigenschaft zukommen
(das Gemeindegliedervermögen, in Städten
Bürgervermögen genannt), durch eine GemT.
in Privatvermögen der Mitglieder oder Ein-
wohner verwandelt werden. Wegen der Teil-
barkeit gemeinschaftlicher Holzungen s. Ge-
meinschaftliche Holzungen.
2. Antragsberechtigung. Eine Gemk.
findet stets mur auf Antrag statt. Der Regel
nach kann jeder Teilnehmer, der Berechtigte
sowohl wie der Verpflichtete, den Antrag stellen.
Diese „Provokations“ befugnis ist jedoch durch
die V. vom 28. Juli 1838 (GES. 429) dahin
eingeschränkt, daß eine Gem T., wenn sie nicht
anders als mit Umtausch der zur Ortsfeldmark
gehörigen Ackerländereien ausgeführt wer-
den kann, nur dann stattfindet, wenn die Be-
sitzer des vierten Teiles der Ackerländereien,
welche durch den Umtausch betroffen werden,
damit einverstanden sind. Diese Bestimmung
Kommt nur bei der Ablösung von Weiderechten,
bei einer „Spezialseparation“, in Betracht, trifft
nur zu, wenn Ackerländereien, nicht auch wenn
nur andere Ländereien zur Umlegung Kkommen
müssen und bezieht sich endlich nur auf das
Provokationsrecht einzelner Gemeindemit-
glieder; die unbedingte Provokationsbefugnis
eines einseitig zur Dienstbarkeit Berechtigten
ist nicht beschränkt, selbst wenn zur Ab-
lösung ein Ackerumtausch erforderlich sein
sollte. Eines Nachweises, daß durch die
Gem T. die Landeskultur verbessert werde, be-
darf es nicht; daß dieses der Fall sei, wird
gesetzlich vermutet. Die Befugnis, auf Gem T.
anzutragen, kann weder durch Willenserklä-
rungen, noch durch Verträge, noch durch Ver-
jährung erlöschen. Die Durchführung der
Gem T. gehört zur Zuständigkeit der Aus-
einandersetzungsbehörden; über das dabei ein-
zuschlagende Verfahren s. Auseinander-
setzungsverfahren.
3. Feststellung der Teilnahmerechte.
Die Art und der Umfang der jedem Beteiligten
an dem Gegenstande der Gemeinheit zustehen-
den Rechte ist nach etwa vorhandenen rechts-
beständigen Willenserklärungen oder rechts-
Kkräftigen Erkenntnissen, in Ermanglung solcher
nach statutarischen, Provinzial= oder allgemei-
nen Gesetzen zu beurteilen. Fehlt es an sicheren
Grundlagen, so soll bei gemeinschaftlichen
Hütungen entweder der Besitzstand der letzten
zehn Jahre oder, wenn auch dieser unsicher ist,
derjenige Viehstand zugrunde gelegt werden,
welchen der Berechtigte mit dem von den be-
rechtigten Grundstüchen gewonnenen Futter
durchwintern kann. Auch für die anderen ab-
1ösbaren Berechtigungen sind ähnliche Norma-=
tivbestimmungen getroffen.
4. Teilungsgrundsätze. Die Aufhebung
der Gemeinheit wird dadurch bewirkt, daß
den sich auseinandersetzenden Teilnehmern an
Stelle ihrer Berechtigung eine angemessene
Entschädigung zur ausschließlichen und freien
Verfügung überwiesen wird (Gem T. 8 50).
Eine Entschädigung, in deren freiem Gebrauch
der Empfänger gehindert sein würde, braucht
dieser ebensowenig anzunehmen, als eine solche,
welche eine Veränderung der ganzen bisherigen
Art des Wirtschaftsbetriebs seines Hauptguts
nötig machen würde. Im übrigen RBann die
Entschädigung in Land, Rente, Naturalleistun-
gen oder Kapital bestehen. Der Regel nach
muß jeder Teilnehmer durch Land abgefunden
werden und zwar möglichst in einer zusammen-
hängenden wirtschaftlichen Lage, jedenfalls
aber derart, daß der Empfänger die Abfindung
zu dem ihm angerechneten Werte nutzen kann.
Er muß aber für einen Ausfall in der Güte
einen Zusatz in der Fläche annehmen, auch
eine Austauschung von Grundstücken der einen
gegen Grundstücke einer andern RKulturart sich
gefallen lassen.
Besondere Vorschriften wegen der Land-
abfindung gelten bei Forstberechtigungen.
Nach Art. 10 des Ergänzungsgesetzes vom
2. März 1850 ist für die auf Forsten haftenden
Dienstbarkeitsrechte zur Weide, zur Gräserei,
zum Mitgenuß des Holzes, zum Streuholen
und zum Plaggen-, Heide= und Bültenhieb,
vorbehaltlich einer anderweiten Einigung der