Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gemeinheitsteilungen u. Grundstückszusammenlegungen in den landrechtl. Provinzen. 
Beteiligten, eine Entschädigung in Land nur 
dann zu geben und anzunehmen, wenn dieses 
zur Benutzung von Ackher oder Wiese geeignet 
ist und in dieser Eigenschaft nachhaltig einen 
höhern Ertrag als durch die Benutzung zur 
Holzzucht zu gewähren vermag: eine Bestim- 
mung, die wegen der Schwierigkeit, unan- 
fechtbar festzustellen, welches Land vorteil- 
hafter zur Holzzucht und welches vorteilhafter 
als Acker oder Wiese genutzt werden Rann, 
in der Praxis zu vielen Zweifeln und Streitig- 
keiten Veranlassung zu geben pflegt. Für 
Dienstbarkeitsrechte zum Mitgenusse des Holzes 
und zum Streuholen darf jedoch der belastete 
Grunddbesitzer die Entschädigung des Berechtig- 
ten in, auch nur zur Holzzucht geeignetem, be- 
standenen Forstlande, mit Anrechnung der 
darauf befindlichen Holzbestände gewähren, 
wenn letztere zu einer nachhaltigen forstmäßigen 
Benutzung geeignet sind. In allen anderen 
Fällen ist für die auf Forsten haftenden Be- 
rechtigungen eine Entschädigung in Kapital 
oder Rente zu leisten und anzunehmen. Ab- 
gesehen von diesen forstlichen Sonderbestim- 
mungen ist eine Entschädigung in Nente zu 
gewähren, wenn einem Dienstbarkeitsberech- 
tigten nicht eine solche Landentschädigung ge- 
geben werden Rann, die er zu dem abgeschätz- 
ten Werte zu nutzen vermag, sowie ferner 
dann, wenn er durch die Rente in den Stand 
gesetzt wird, sich eine der abzulösenden ent- 
prechende Autzung zu verschaffen (Gem TO. 
77). Mastungsberechtigte, Berechtigte zum 
arzscharren und Fischereiberechtigte können 
überhaupt nur Absindung, in Rente oder 
Kapital verlangen (Gem TO. 8§ 117; Ergän- 
ungsgesetz vom 2. März 1850 Art. 5 u. 6). 
echselseitige Dienstbarkeiten gleicher Art und 
gleichen Wertes werden durch Kompensation 
aufgehoben (Gem TO. 8§§ 82, 83). Die Rente 
muß als feste Geldrente bestimmt werden, die 
durch Barzahlung des 20 fachen Jahresbetrags 
nach 6 monatiger RKündigung ablösbar ist; 
Teilzahlungen braucht dabei der Berechtigte 
jedoch nur zu nehmen, wenn sie mindestens 
300 M. betragen (Ergänzungsgesetz vom 2. März 
1850 Art. 7 u. 8). 
Bei der Bestimmung des Wertes des 
Grund und Bodens werden die Gegen- 
stände der Regel nach in dem zur Zeit der 
Auseinandersetzung bestehenden Zustande an- 
genommen und nach dem Autzen und Ertrage ( 
geschätzt, den sie jedem Besitzer gewähren 
können. Bei der Abschätzung von Berechti- 
gungen muß auf den Umfang des Rechtes an 
sich und auf die landübliche, örtlich anwend- 
bare Art seiner Benutzung Rüchsicht genommen 
werden. Besondere Fahrlässigkeit des einen 
oder ungewöhnlicher Fleiß des andern werden 
also nicht berüchsichtigt. Besondere Vorschriften 
sind für die Ermittlung des Wertes von Be- 
rechtigungen zur Fischerei, zum Harzscharren, 
sowie für die Forstberechtigungen zur Mast 
und Weide, zur Streu= und Holzentnahme ge- 
eben, aus denen hervorzuheben ist, daß bei 
ischereiberechtigungen der jährliche Reinertrag 
durch das Gutachten Sachverständiger festge- 
stellt wird, die dabei den von dem Berechtig- 
ten in den letzten zehn Jahren vor Anbringung 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
  
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der Provokation durchschnittlich aus der Fische- 
rei gezogenen Autzen zu berücksichtigen, also 
nur als Anhaltspunkt zu nehmen haben (Gem- 
TO. 88 87 ff., 116 ff.; Ergänzungsgesetz vom 
2. März 1850 Art. 5 u. 6). Die stattgehabten 
Wertsermittlungen sind nicht nur maßgebend 
zur Feststellung des Wertes der Forderungen, 
die ein jeder Teilnehmer an den Gegenstand 
der Auseinandersetzung erhebt, sondern auch 
für die Abfindungsstücke, die ihm zugeteilt 
werden. Bei dem Werte des Grund und 
Bodens sind jedoch die Entfernung und andere 
Vorteile der Lage eines Grundstückhs, z. B. 
Bauplatzeigenschaft, besonders zu beachten und 
auszugleichen. Bei den auf Forsten haftenden 
ablösbaren Berechtigungen findet außerdem 
die Besonderheit statt, daß dem FVorstbesitzer, 
wenn der ihm gegenüberstehende Berechtigte 
auf Ablösung angetragen hat, die Wahl frei 
steht, ob er diesen nach dem Autzungsertrage 
der Dienstbarkeit oder nach dem Vorteile, der 
ihm aus deren Aufhebung erwächst, entschädi- 
gen will (Ergänzungsgesetz vom 2. Alärz 1850 
Art. 9). Im übrigen ist es Sache der Aus- 
einandersetzungsbehörde, die Abfindung, welche 
jeder Teilnehmer durch die Auseinandersetzung 
erhalten soll, zu bestimmen (Gem TO. 8S 103). 
Das gilt insbesondere auch von der Land- 
abfindung. Sie hat hierbei auf die Herstellung 
möglichst vollkommener Planlagen, insbeson- 
dere auf deren schickliche Verbindung durch 
Wege und Triften hinzuwirken (AG. vom 
7. Juni 1821 — GS. 83 — Art. 9). Jeder 
Teilnehmer kann diese, sowie diesenigen Ent- 
wässerungsgräben, ohne welche der Boden den 
Ertrag, zu welchem er abgeschätzt worden, nicht 
gewähren Rann, verlangen, und alle Beteilig- 
ten sind verpflichtet, den zu diesen neuen An- 
lagen erforderlichen Grund und Boden nach 
Verhältnis ihres Teilnehmungerechts herzu- 
geben, in demselben Verhältnis auch zu ihrer 
Anfertigung und Unterhaltung beizutragen. 
Lehm-, Sand-, Kalk- und Mergelgruben, Ralk- 
und andere Steinbrüche sollen, sofern sie bereits 
als gemeinschaftliche bestanden, als solche bei- 
behalten, andernfalls aber neu angelegt werden. 
Bei der ersten auf einer Dorffeldmark ein- 
tretenden Gem T. soll zu der Schullehrerstelle 
so viel Gartenland ausgewiesen werden, als 
einschließlich des bereits besessenen zur Haus- 
haltung für eine Familie von fünf Personen 
Wann, Frau und drei Kinder) und zur Som- 
merstallfütterung und Durchwinterung von 
zwei Haupt Rindvieh erforderlich ist. Diese 
Dotation gilt als Entschädigung für die der 
Stelle bisher zuständig gewesene Weideberech- 
tigung auf den Grundstücken der Dorfgemeinde, 
die daher dafür in Wegfall kommt (GET9O. 
§§ 95 ff.). Vgl. hierzu Artikel Auseinander- 
setzungsbehörden. 
5. Wirkung der Auseinandersetzung. 
Die Entschädigung, die den Teilnehmern an- 
gewiesen wird, erhalten sie zur ausschließlichen 
Benutzung und freien Verfügung, insoweit nicht 
ihr Besitzrecht und ihre Schuldenverbindlich- 
keiten eine Einschränkung begründen (Gem TO. 
§ 141). Da bei Aufhebung einer gemeinschaft- 
lichen Benutzung auch alle diesenigen Grund- 
gerechtigkeiten beseitigt werden sollen, welche 
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